Unser Leben mit George
gewacht hatte, vertreiben.
Da ich George gegenüber immer noch ein
schlechtes Gewissen hatte, weil ich ihn für Monster Mogs schändliches Benehmen
auf meinen Polstermöbeln verantwortlich gemacht hatte, wurde er jetzt ziemlich
verwöhnt. Aber schon kurze Zeit nachdem er Alex kennengelernt hatte, war er
nicht mehr nur verwöhnt, er war regelrecht verzogen. Seine Augen blitzten unternehmungslustig,
fast schon wild, als könne er sein Glück nicht fassen. Jedes Mal, wenn wir mit
ihm nach draußen gingen, zog er Joshua oder mich sofort um die Ecke bis zu Alex’
Gartentor und weigerte sich weiterzugehen. Wenn wir klingelten und der Türöffner
summte, rannte er in den Garten, wo er nur kurz stehen blieb, etwa um das Bein
an einem Lavendelstrauch zu heben oder die Umgebung des Grills abzusuchen, dann
trabte er zur Haustür und verlangte bellend Einlass, als sei er dort zu Hause.
Ließ man ihn ein, so rannte er sofort in die Küche zu Rons Futternapf und
putzte ihn aus, egal was darin war, während Ron, der sanfte Riese, mit etwas
ratlosem Gesicht daneben stand.
Wenn ich versuchte, mit George an Alex’
Haus vorbeizugehen, oder, was noch schlimmer war, gleich die andere Richtung
zur Heide einschlug, stemmte er sich mir entgegen und weigerte sich
mitzukommen, sosehr ich auch an der Leine zog. Ein Spaziergang als solcher
wurde nicht mehr akzeptiert, wenn er nicht Alex und seine Leckerbissen mit
einbezog. »Jetzt komm schon, George!«, rief ich, wobei ich mir die
missbilligenden Blicke der Passanten einhandelte. Aber George bewegte sich
nicht — es sei denn, er entdeckte den Mercedes. Dann rannte er sofort hin,
drehte sich um und sah mich mit der Arroganz eines verwöhnten Stars an, der
darauf wartet, dass sein Chauffeur ihm die Tür aufhält. Wenn er so den Kopf auf
die Seite legte, konnte man ihn fast hören: »Gehen wir etwa schon wieder zu dem Italiener in Belsize Park? Können wir nicht mal zum Griechen nach Primrose
Hill fahren? Ich habe heute Appetit auf Lamm-Kebabs!«
Um uns seine Wünsche deutlich zu
machen, entwickelte George ein ganz neues Vokabular. Wenn er etwas wollte,
schnaufte er nachdrücklich, nach Leckerbissen kläffte er schrill. Er ließ ein
hohes Jaulen hören, wenn Alex und ich uns unterhielten und er unsere
Aufmerksamkeit wollte, und er grunzte laut und rhythmisch, um uns mitzuteilen,
er sei da, auch wenn er gerade schlief. Die vielen guten Sachen, die er
zusätzlich zu fressen bekam, hatten seine Taille ruiniert, die von Tag zu Tag
molliger und runder wurde. Und während sein Bauch unter dem Pelzmantel
anschwoll, bekam er auch einen eindeutig rosigen Schimmer. Erst nach Wochen
dämmerte es mir, warum er so anders aussah: mein hübscher Hund verwandelte sich
langsam in ein Schweinchen!
Oder doch nicht? »Schau mal, Mama! Ein
Schaf!«, sagte ein vorlautes kleines Mädchen eines Morgens auf der Straße und
zeigte auf George. Was meint sie bloß, dachte ich, von Blindheit geschlagen wie
eine Mutter, die ihr Kind für das schönste der Welt hält. Ich wollte gerade
antworten: »Wie kannst du so etwas sagen!«, als mein Blick auf dieses Tier
fiel, das da schwerfällig hinter mir herwatschelte. O Gott, George sah
tatsächlich aus wie ein Schaf — ein zotteliges, langhaariges Hochlandschaf!
Irgendwann im Laufe der Jahre, seit er von Mrs Colman zu uns gekommen war,
hatte sich sein Fell verändert. Aus den seidig-glänzenden Locken, wie Models
sie in Shampooreklamen herumschwenken, war eine dicke, krause, stumpfe Mähne
geworden.
»Was ist bloß mit ihm passiert?«,
fragte ich den Tierarzt, dem ich später an diesem Nachmittag meine Kreuzung aus
Hund und Schaf vorstellte. Ich hatte ihn auf den Untersuchungstisch gehoben,
und meine Arme schmerzten von seinem Gewicht. »Er sieht ja aus wie ein
Wollknäuel!«
»Ja, nun, das passiert manchmal bei
Cavalieren, wenn man sie kastriert«, sagte Paul weise, jetzt, nachdem es
geschehen war. »Die Beschaffenheit ihres Fells verändert sich, und dagegen kann
man nichts machen.« Er vergrub seine Hand in dem Lockengewirr und betastete
Georges Körper. »Er hat auch ziemlich zugenommen, nicht wahr? Ich finde seine
Rippen überhaupt nicht mehr.« Er drückte auf einen Schalter an der Wand, der
die Waage einschaltete, die unter dem Tisch eingebaut war. Der digitale Anzeiger
an der Wand lief schneller als der Zähler in einem Londoner Taxi und kam erst
bei dem erschreckenden Gewicht von 10,45 Kilo zum Stillstand. »Hmm.« Der
Tierarzt ging an seinen PC und verglich es
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