Unser Leben mit George
Der arme Kerl hat große
Schmerzen gehabt und ist von dem Erlebnis vermutlich immer noch traumatisiert.
Sehen Sie, er erträgt es einfach nicht, von mir getrennt zu sein. Nicht mal
eine Minute.«
Janine Grey nickte kaum merklich. » Er kann es nicht ertragen? Nicht einmal eine Minute. Tatsächlich?«
»Ja, so ist es. Ich kann kaum ohne ihn
ausgehen. Er macht ein solches Theater, dass ich ihn mitnehmen muss. Aber
manchmal ist es einfach nicht möglich. Und dabei bin ich doch fast immer bei
ihm! Und wenn ich ihn nicht ansehe, versucht er, meine Aufmerksamkeit zu
erregen. Nachts ist es am schlimmsten.«
»Nachts?«, wiederholte Janine.
»Ja. George bellt ununterbrochen. Und
er muss um drei oder vier Uhr früh zum Pinkeln nach draußen. Dann weckt er alle
auf. Einschließlich Zach.«
»Und das ist — Zach, meine ich — der
Vater Ihres Sohnes?«
»Nein. Mein Mann starb vor einigen
Jahren. Zach ist mein Freund. Besser gesagt, mein Partner. Er ist
siebenundfünfzig. Aber leider haben wir wegen George sehr viel Ärger
miteinander.«
» Ärger? Wegen George ?«
Janine sah mich ungläubig an.
»Na ja. Er will immer bei uns im
Schlafzimmer sein.«
»Im Schlafzimmer?«
»Eigentlich wäre er am liebsten auf dem
Bett. Ich selbst hätte auch nichts dagegen. Aber mein Partner — Zach — er kann
es gar nicht ertragen.«
»Kann er das nicht? Wirklich?«
»Er ist kein Hundefreund. Ein
Familienmensch ist er übrigens auch nicht.«
»Ach, kein Familienmensch?
Wirklich?«
Jawohl, verdammt noch mal, wirklich.
Und inzwischen wurde ich etwas ungeduldig, um nicht zu sagen, es wurde mir
immer rätselhafter, in welche Richtung dieses Gespräch ging. Janine Grey
kostete mich die stolze Summe von 140 Pfund für eine zweistündige Konsultation.
Das war ein verdammtes Vermögen — mehr als das Doppelte von dem, was Udi seinen
Psychotherapie-Klienten pro Stunde in Rechnung stellte, und dabei handelte es
sich um Menschen. Wollte sie etwa einhundertzwanzig Minuten lang alles
wiederholen, was ich sagte, gefolgt von ›Wirklich?‹.
»Es ist die absolute Wahrheit«, fuhr
ich etwas unwirsch fort. »Er mag jetzt ruhig sein, aber schließlich schläft er
jetzt. Aber glauben Sie mir, Zach ist wirklich schwierig und anspruchsvoll.
Manchmal habe ich das Gefühl, ich halte es nicht länger aus.«
Janine hob ihre perfekt geformten
Augenbrauen. »Zach ist schwierig?«, wiederholte sie. »Mit ihm halten Sie es nicht länger aus?«
»Ja, er ist...«
» Zach ist so schwierig?«
Ich sah die Tierpsychologin an, als sei
sie verrückt geworden. »Wie bitte? Warum sagen Sie das?«
» Ich habe es nicht gesagt, Judith. Sie sagten es. Sie sagten: ›Zach ist wirklich schwierig und anspruchsvoll. Manchmal
habe ich das Gefühl, ich halte es nicht länger aus.‹«
»Habe ich das wirklich gesagt? Ach, das
war natürlich nur ein Versprecher. Selbstverständlich habe ich George gemeint.
Er treibt Zach zum Wahnsinn. Und mich auch.«
Janine drehte sich nach dem friedlichen
Hund um, der in der Ecke lag. Ich sah ihn ebenfalls an. George hatte ein Auge
offen. Und sowie er sah, dass ich ihn ansah, kläffte er.
»Sehen Sie, jetzt fängt er wieder an.
Ich hab’s ja gesagt! Ruhe, George!« Immer noch kläffend stand er auf, kam zu
mir gehumpelt und kratzte an meinem Knie, um aufgehoben zu werden. Ich schob
ihn weg. »Geh weg, Liebling!«
»Sehen Sie ihn nicht an, Judith«, sagte
Janine mit ihrer ruhigen Stimme.
»Wie bitte?«
»Unterbrechen Sie den Blickkontakt.
Jetzt. Sofort. Ja, richtig. Gut gemacht. Sehen Sie, wenn Sie George ansehen,
sobald er bellt, dann bestärken Sie ihn noch in seinem Wunsch nach
Aufmerksamkeit. Und wenn Sie weiter mit ihm sprechen, wenn er etwas tut, was er
nicht soll, dann ist das ebenfalls kontraproduktiv. Sie belohnen damit sein
anspruchsvolles Benehmen, und somit versucht er es immer wieder. Sehen Sie,
jetzt hat er aufgehört zu bellen.«
George hatte es auch aufgegeben, auf
meinen Schoß zu kommen. Er hinkte zum Sofa, und mit einiger Schwierigkeit
sprang er hinauf. Ich erinnerte mich dunkel an etwas.
»Gutes Verhalten belohnen«, murmelte
ich. »Schlechtes Benehmen ignorieren.« Im Laufe der Jahre war das zu einem von
Joshuas liebsten Leitsätzen geworden, besonders wenn es ihn selbst betraf.
Janine lächelte. »Wie ich sehe, waren
Sie doch in der Hundeschule!«
»Ich habe einen Trainer gehabt. Ein
Mal. Es ist schon lange her.«
»Und wie sind Sie mit der Erziehung
zurechtgekommen?«
»Ich, äh... na ja, ich hab’s
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