Unser Leben mit George
kennengelernt hatten. Wir sprangen auf, genau wie
alle anderen, die hier im Gras gesessen hatten, und verstauten die Reste des
Picknicks und unsere verstreuten Zeitungen in den Taschen. Ich sah den Hügel
hinab zum See, konnte George aber nicht sehen. Ich konnte ihn nirgendwo sehen.
»Wo ist George?«, sagte ich und suchte
die Umgebung ab. »Zach, ich sehe ihn nicht!«
»Er wird schon irgendwo sein! Hier,
hilf mir doch mal, das Zeug zusammenzupacken, ja? Schnell! Ich bin schon ganz
durchgeweicht!«
»Aber wo ist George?« Alles rannte zum
Haus hinauf, um ins Trockene zu kommen, und am Fuße des Hügels war es jetzt
praktisch menschenleer. Keine Spur von George. Ich sammelte die durchweichten
Zeitungen auf, die überallhin flogen, und rief immer wieder seinen Namen, aber
meine Stimme war in dem Regen kaum zu hören. Als der Boden immer weiter
aufweichte, nahm Zach die Taschen und rannte den Hügel hinauf bis zum Kiesweg.
»Komm schon, Judith!«, rief er. »Er
wird schon wieder auftauchen!«
»Ich muss ihn suchen!«
Ich verwünschte mich, dass ich George
nicht im Auge behalten hatte. Warum war ich auch so dumm gewesen, ihn überhaupt
von der Leine zu lassen? Plötzlich fiel mir wieder ein, mit welchem Eifer er
den Weg nach Kenwood beschnüffelt hatte. »Ich wette, er ist in den Wald
gelaufen. Dort finden wir ihn bestimmt!«
Auf dem Kiesweg hatte Zach unter einem
efeubewachsenen Torbogen Schutz gefunden. »Wirf«, rief er. »Nein. Der
findet schon nach Hause!«
»Nein, das wird er nicht, Zach.« Ich
lief den Hügel hinauf zu ihm. Außer uns war jetzt niemand mehr hier. »Er ist
nicht wie andere Hunde! Vielleicht wird er von einem Fuchs gefressen! Er wird...
er wird auf eine Straße geraten und überfahren werden! Bestimmt! Wie der
Tierarzt immer sagt — solche Sachen passieren George immer wieder!«
Verzweifelt schüttelte Zach den Kopf.
Seine Kleider klebten am Körper, genau wie meine. »Ich gehe jetzt ins Haus, ehe
ich ersaufe«, sagte er. »Und ich schlage vor, du tust es ebenfalls. Wenn es
aufgehört hat zu regnen, helfe ich dir, George zu suchen.«
»Ich gehe ihn jetzt suchen.«
»Wie du willst.«
»Du könntest mitkommen und mir helfen!«
»Ich sagte es dir bereits, ich komme
mit, wenn es aufhört zu regnen.«
»Aber bis dahin könnte es zu spät
sein!«
Wir funkelten einander an, ärgerlich
und bitter. Plötzlich schien sehr viel mehr auf dem Spiel zu stehen als Georges
Schicksal. Ich ergriff Zachs Hand. »Komm mit!«
Er zog seine Hand weg und hob die
Taschen auf. »George kann zur Abwechslung mal für sich selbst sorgen. Er ist
nur ein Hund, Judith! Obwohl man manchmal daran zweifeln könnte, so wie du ihn
behandelst!«
»Für dich mag er nur ein Hund sein.
Aber für mich gehört er zur Familie.«
»Und ich?«
Der Regen prasselte auf meinen Kopf und
meine Schultern. Er prasselte auf den Kiesweg um uns herum, wie ein
Trommelwirbel.
»Du willst es ja nicht«, sagte ich. »Du
hast es nie gewollt, nicht wahr?« Zach antwortete nicht. »Also, ich muss jetzt
gehen. George ist mir wichtig!«
»Und ich bin dir vermutlich nicht wichtig?«
Ich schüttelte den Kopf. Was hatte es
noch für einen Sinn zu antworten? »Bis später.«
»Vielleicht.«
Ich drehte mich um und rannte den
glitschigen Abhang hinunter auf den Wald zu. Auf halbem Wege blieb ich stehen
und sah mich um in der Hoffnung, Zach würde mir folgen. Er stand noch immer
unter dem Torbogen, und sein nasses weißes Hemd klebte ihm am Körper. Ich
winkte ihm, er solle nachkommen. Aber er blieb, wo er war.
Plötzlich musste ich an diese perfekten
Jeans denken, mit denen ich unsere Beziehung einmal verglichen hatte. Im Laufe
der letzten Monate war der Reißverschluss geplatzt, und die beiden Hälften des
Taillenbundes wurden nur noch von einer großen Sicherheitsnadel
zusammengehalten. Ich bekam darin kaum noch Luft. Und jetzt, als ich hier im
Regen stand, spürte ich, wie auch die Sicherheitsnadel nachgab und wie die
Nähte von den Hüften bis zu meinen Knöcheln aufplatzten. Die Jeans rutschten
auf meine Füße herunter. Sollte ich sie aufheben und wieder flicken, wie ich es
immer tat?
Nein, diesmal nicht. Sie waren nicht
mehr zu reparieren. Ich stieg über sie hinweg und ließ sie liegen. Dann rannte
ich auf den Wald zu, um George zu suchen. Als ich mich umsah, war Zach
verschwunden.
Mein Sohn brauchte eine Woche, bis er
merkte, dass mein Partner, mit dem ich dreieinhalb Jahre zusammen gewesen war,
nicht mehr kam.
»Wo ist
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