Unser Sommer in Georgia
...« Sie wandte ihr Gesicht ab.
»Mich«, sagte Brayden mit brechender Stimme.
Riley sprang auf und schlang die Arme um ihren Sohn. »Um Himmels willen, nein! Nein! Du bist kein Fehler. Du bist ein Geschenk. Ich habe den Fehler gemacht, dass ich dir nicht gesagt habe, wer dein Vater ist ... Wer er war.«
»Und warum hast du's mir nicht gesagt?«
Die Antworten, die sie aus lauter Angst all die Jahre lang nicht ausgesprochen hatte, drängten jetzt aus ihr heraus. »Ich habe mich gefürchtet. Ich wollte nicht, dass er dich ... mitnimmt oder dass er meint, er müsste hierbleiben, obwohl er eigentlich wegwollte. Aber er hätte dich sehr liebgehabt.«
»Aber wir können ihn doch ...«
»Er ist tot, Brayden. Er ist im letzten Monat bei einem Flugzeugabsturz im Irak ums Leben gekommen.«
»Genauso wie der andere Mann, dessen Eltern wir letzte Woche auf dem Steg getroffen haben, als sie seine Asche verstreut haben.«
Riley schloss die Augen. »Das war die Asche deines Vaters, Brayden. Aus dem Grund wollte ich, dass du dabei bist.«
Brayden wandte den Blick ab. Dann stand er auf. »Okay.«
»Seine Eltern, Mr und Mrs Rutledge, sind deine Großeltern, Brayden. Sie kommen heute Abend zum Essen. Deinen Vater hast du nicht gekannt, aber deine Großeltern kannst du kennenlernen. Sie gehören zu deiner Familie, und sie haben sich sehr gefreut, als ich ihnen von dir erzählt habe. Sie möchten dich sehr gern kennenlernen.«
Sein ausdrucksloser Blick versetzte Riley in Panik. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, aber Brayden hob abwehrend die Hand. »Lass mich in Ruhe!« Er lief in sein Zimmer.
Riley blieb in der Küche stehen und machte sich bewusst, was sie alles verloren hatte: den Buchladen, ihr Zuhause und das Vertrauen ihres Sohnes. Die Hoffnung, dass alles gut werden würde, schien in das graue Reich unerfüllbarer Wünsche zu verschwinden.
Eine Stunde später tauchte Brayden wieder auf. Den Rest des Tages verbrachte er auf dem Pearson's Pier, wo er ganz allein angelte. Riley sagte sich, sie wolle nur sichergehen, dass er nicht weglief, aber als sie sich am Nachmittag dabei ertappte, wie sie zum siebten Mal am Steg vorbeifuhr, beschloss sie, wieder nach Hause zu fahren und dort zu bleiben. Sie betäubte ihre Angst mit Geschäftigkeit, wie sie es immer gemacht hatte. Sie legte die Zutaten für das Abendessen bereit, lud Adalee, Maisy und ihre Mutter dazu ein, legte eine CD von James Taylor auf und fing an, einen Lowcountry-Eintopf zu kochen.
Adalee kam als Erste ins Café. Sie umarmte Riley lange. »Alles klar?«
»Ich weiß nicht. Aber ich bin sicher, dass ich das Richtige getan habe. Vorher war mir das nicht so klar ...«
»Natürlich war das richtig.«
Maisy erschien mit einem Arm voller Blumen, einer Flasche Wein und einem lauten Hallo. »Die Party kann steigen.« Sie verzog das Gesicht. »Mama sagt, sie kann nicht kommen ... Sie ist einfach nicht kräftig genug, um noch einen zweiten Abend auszugehen.« Maisy ahmte die Worte ihrer Mutter nach. »Aber wenn du mich fragst, ich glaube, sie braucht einfach noch ein klein wenig Zeit, um die Neuigkeiten zu verdauen.«
Riley nahm Maisy die Blumen ab und füllte eine hohe Vase mit Wasser. »Danke schön. Ich glaube, ohne euch könnte ich dieses Dinner gar nicht überstehen.« Sie schnitt die Stängel mit einer Schere kürzer. »Vielleicht müssen wir auch ohne Brayden essen. Er ist noch nicht vom Angeln zurück. Ich kann ihn ja nicht einfangen und herschleifen.«
»Vermutlich muss er die Neuigkeiten auch erst verkraften«, meinte Adalee.
»Er hat kein Wort dazu gesagt. Es ist nicht seine Schuld, sondern meine.«
Adalee schenkte ein Glas Wein ein. »Hier, für dich. Ich bin gleich wieder da. Ich hole den Jungen.« Sie stürmte aus dem Haus.
Maisy nahm die Teller, die Riley von oben mitgebracht hatte, und stellte sie auf den Tisch. »Das wird schon, Riley! Ganz bestimmt.«
Riley drehte sich zu ihrer Schwester um. »Ja, ich werde wieder in unserem Elternhaus wohnen, mit Mama und einem Sohn, der mich hasst. Klingt verlockend.«
»Du hast zu viele traurige Romane gelesen«, erwiderte Maisy.
Es klopfte an der Eingangstür.
»Jetzt muss ich den Rutledges erklären, warum ihr Enkel, den sie heute Abend kennenlernen wollen, nicht da ist. Was habe ich mir bloß dabei gedacht?«
Maisy legte Riley die Hände auf die Schultern. »So, jetzt bitte lächeln, und dann machst du ihnen die Tür auf.«
Als Riley zur Tür ging, hatte sie das Gefühl, dass ihr bisheriges
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