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Unser Sommer in Georgia

Unser Sommer in Georgia

Titel: Unser Sommer in Georgia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Henry
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die Kehle zuschnürten.
    Das Geplauder während der Autofahrt war so seicht wie die Ebbetümpel am Strand. Maisy fühlte sich wie eine Fremde, während sie über Banalitäten wie Zufriedenheit im Job, das Wetter und fehlende Mahlzeiten im Flugzeug redeten. Als sie an dem Schild mit der Aufschrift Willkommen in Palmetto Beach vorbeifuhren, stieß sie einen lauten Seufzer aus.
    »Freust du dich, dass du wieder hier bist?«, fragte Riley sanft.
    »Nein«, gab Maisy zurück.
    »Na, das freut mich, dass wir eine fröhliche Maisy bei uns haben werden. Kannst du denn nicht einfach so tun, als ob?«
    »Nein.«
    Riley hielt vor einer roten Ampel. »Aber mal ernsthaft, Maisy. Es gibt doch Schlimmeres im Leben, als in seine Heimatstadt am Meer zu reisen, um die Familie zu besuchen.«
    Maisy ließ das Wagenfenster herunter. »Ich weiß. Bloß kommt es mir im Moment nicht so vor. Ich bin müde. Und ich vermisse Peter.« Sie schaute durch das geöffnete Fenster.
    Die Ampel wurde grün, und Riley fuhr die Palmetto Street hinunter und bog dann rechts in die kiesbestreute Auffahrt des Driftwood Cottage ab. »Ich muss Brayden noch schnell abholen, bevor wir weiter zu Mama fahren. Okay?«
    »Ich bleibe im Auto«, erklärte Maisy.
    »Kommt nicht in die Tüte. Steig aus!«
    Beklommenheit und gespannte Erwartung mischten sich mit Maisys Müdigkeit. Sie hatte eine schlaflose Nacht verbracht, weil sie sich diese Momente vorgestellt hatte: wie sie die Buchhandlung betrat, wo die Leute aus der Stadt sie sehen und wiedererkennen würden, wo man über sie reden würde ...
    Maisy gab sich einen Ruck. Als sie aufschaute, fiel ihr Blick auf ein weißes Spruchband, das über der vorderen Veranda hing. »WILLKOMMEN ZU HAUSE, MAISY«, stand darauf, und der Rand war mit Zeichnungen von Seesternen, Sanddollars und einem Delfin verziert.
    »Brayden?« Maisy deutete auf den Willkommensgruß.
    »Natürlich«, antwortete Riley.
    Maisy stieg aus. Als sie sich streckte, spürte sie, wie steif sie vom stundenlangen Sitzen im Flugzeug geworden war. Die Seeluft ihrer Heimatstadt füllte ihre Lunge und berührte ihr Herz. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie wandte den Blick nach links: Driftwood Beach - der Streifen Sand hinter dem Haus. Ein Teil ihres Lebens hatte sich auf diesem grauweißen Strand abgespielt. Wie hatte sie sich nur einbilden können, sie hätte ihn für immer verlassen?
    Sie drehte sich um, stieg hinter Riley die Vordertreppe hinauf und betrat das Cottage.
    Eine Gruppe von Frauen im vorderen Teil des Ladens nahm ihre Aufmerksamkeit gefangen. »Der Driftwood-Lesezirkel trifft sich gerade«, erklärte Riley. »Die Mitglieder lesen Bücher, die wir im Laden vorschlagen. Im Moment ist es Straße der Pfirsichblüten von Anne Rivers Siddons. Offenbar ist Mrs Lithgow hier.«
    »Was?« Maisy nahm das, was sie im Buchladen sah und hörte, nur wie durch eine Watteschicht wahr: eine aufgebrachte Frau, den Duft von Kaffee, sanfte Musik, leises Gelächter.
    »Ich habe im Verandah House darum gebeten, dass sie Mrs Lithgow an den Lesezirkel-Tagen zu Hause behalten«, bemerkte Riley über die Schulter zu Maisy. »Die alte Dame glaubt nämlich, sie hätte die Bücher, die ich für den Lesekreis aussuche, alle selbst geschrieben. Weil das Verandah House aber bloß eine Seniorenresidenz ist und kein Pflegeheim, übernehmen die Betreuerinnen nicht die Verantwortung dafür, wenn Mrs Lithgow die beiden Blocks bis hierher spaziert.«
    Maisy verdrängte alle Wahrnehmungen bis auf eine ältere, zittrige Stimme. »Meine Absicht war es, die Hintergründe der Erlösung zu enthüllen, den Südstaatenroman unserer Generation zu schreiben. Ich hatte nicht vor, mein Werk von Frauen analysieren zu lassen, die nicht mal in Atlanta gewesen sind. Dass der Süden Lucy umgebracht hat, wie ich gleich im ersten Satz des Romans schreibe, habe ich sowohl wörtlich als auch metaphorisch gemeint. Das muss sich ja nicht ausschließen, oder?«
    Riley stellte sich hinter die ältere Frau. Mrs Lithgow schwenkte so heftig die Arme, dass ihre goldenen Armreife klimperten. »Vielen Dank für Ihre Informationen, Mrs Lithgow!« Riley legte der Dame die Hand auf die Schulter. »Wollen wir uns nicht setzen und hören, was die anderen zu dem Thema zu sagen haben?«
    Mrs Lithgow fuhr auf ihren flachen Schuhen herum und schob sich die Haare aus dem Gesicht. Ihre Augen wurden feucht vor Ärger und Verwirrung. Wütend starrte sie Riley an. »Hören Sie mal, Fräulein! Wenn ich diese Romane schreibe,

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