Unser Sommer in Georgia
sah sich im Laden um. »Wo ist Dad denn hingegangen?«
»Er ist in der Sachbuchabteilung.« Riley deutete auf Sheppard Logan, der sich in einem großen Clubsessel niedergelassen hatte und ein Buch durchblätterte.
Mack lächelte traurig. Er hob nur die Mundwinkel, und sein Gesicht blieb ernst. »Das war früher ... unser Wohnzimmer. Da hat er tagelang gesessen und gelesen. Genau an der Stelle.« Dann lachte Mack. »Aber normalerweise hatte er ein kaltes Bier neben sich und Sand unter den Fußsohlen.«
»Das waren gute Zeiten«, sagte Riley.
Mack nickte. »Ja.«
Maisy rüttelte Adalee leicht an der Schulter. Die Jüngere riss die Augen auf, sprang aus dem Sessel, rutschte aus und plumpste auf den Hintern. Sie schaute zu Riley, Maisy und Mack hinauf. »Oh, bin ich eingeschlafen?«
»Ganz kurz, ja.« Riley streckte die Hand aus, um ihr vom Boden aufzuhelfen.
Adalee rieb sich die Augen. »Ach, ich wollte doch dein Gesicht sehen, deine Überraschung ... Ist das nicht schön geworden?«
Riley nahm Adalee in die Arme. »Es ist wie ein Wunder. Ich finde es so schön, dass ich es gar nicht ausdrücken kann.«
»Mensch, du siehst aber auch toll aus.« Adalee zupfte an Rileys Haar. »Ernsthaft, du siehst aus wie ... Wie heißt die Schauspielerin noch, deren Mutter auch berühmt ist?«
»Kate Hudson«, sagte Mack, ohne zu zögern.
Lachend warf Riley den Kopf zurück. »Okay, Kate Hudson ist ungefähr eins fünfzig groß, sie wiegt achtzig Pfund und ist einfach zauberhaft. Die meint Adalee wohl kaum.«
»Doch, genau die meine ich.« Adalee schaute Maisy an. »Ist doch wahr, oder?«
Maisy stimmte ihrer Schwester zu, drehte sich dann aber schnell um.
Eine Frau, die sie bereits kannte, trat gerade an die Kasse. Es war Mrs Winter, die die Bücher immer zurückbrachte und vorgab, sie nicht gelesen zu haben. Sie ging gebückt, und ihr Blick wanderte unruhig hin und her. Die alte Frau legte einen Roman auf die Ladentheke und sprach mit Ethel, die gerade dabei war, die Theke neu zu dekorieren. »Ich muss dieses Buch umtauschen.« Sie legte ein weiteres Buch auf die Theke. »Gegen dieses hier.« Mrs Winter klopfte auf das Buch, das sie zurückgeben wollte: Die Bienenhüterin. »Ich hatte es gekauft, bevor mir klar wurde, dass ich lieber den Film abwarten will.«
»Ach so!« Mit einem Lächeln begab Adalee sich zur Theke. »Ist die Stelle nicht toll, wo sie sich die ganze Nacht lang im Fluss verstecken?«
Ein Lächeln erschien auf Mrs Winters Gesicht. »Oh ja! Können Sie sich vorstellen, dass eine Zwölfjährige so was tut?«
Adalee legte die Hand auf den Roman. »Mrs Winter, Sie können Bücher, die Sie schon gelesen haben, nicht mehr zurückgeben. Sie können sie der öffentlichen Bibliothek spenden, und dort können Sie auch Bücher ausleihen, aber sie hier zurückzugeben ist nicht möglich.« Ihre klaren Worte straften ihre zuckersüße Stimme Lügen.
Mrs Winters Gesicht verlor die Farbe. Ihr Blick wanderte unsicher von Maisy zu Riley, dann zu Mack und wieder zu Adalee. »Ich habe dieses Buch hier nicht gelesen. Ich habe festgestellt, dass ich es schon hatte, deswegen muss ich dieses Exemplar hier zurückbringen. Wollen Sie etwa behaupten, dass ich lüge?«
»Nein, nein«, sagte Adalee, »ich hatte bloß angenommen, wenn Ihnen ein Buch so gut gefallen hat wie dieses, wüssten Sie, ob Sie es haben oder nicht, und würden es nicht doppelt kaufen.«
»Natürlich«, sagte die alte Frau. Sie klemmte sich das Buch unter den Arm und rauschte so schnell wieder aus dem Laden, dass die Schwestern nur staunen konnten.
Als die Eingangstür sich schloss, brachen alle fünf in schallendes Gelächter aus, hielten sich an der Ladentheke fest und klopften Adalee auf den Rücken.
»Super«, sagte Riley. »Vielleicht kriege ich gleich einen Anruf von ihrem Sohn, aber wenn sie erst uns belügt und anschließend ihren Sohn, dann ist das ihr Problem.«
Adalee lächelte. Mit den Fingern formte sie einen Kreis über ihrem Kopf. »Habe ich mir meinen Heiligenschein zurückverdient?«
»Den hattest du nie verloren. Und jetzt ins Bett mit dir!« Riley deutete auf die Treppe zur Wohnung. »Ab mit euch beiden!«
Maisy blieb noch einen Moment stumm und reglos stehen. Wie gern hätte sie sich genauso herzlich gefreut wie ihre Schwestern. Wie gern wäre sie aus ihrer Einsamkeit ausgebrochen, die selbst ihre schönsten Momente trübte. Aber selbst wenn sie manchmal dachte, es sei ihr gelungen, holte die Einsamkeit sie doch immer wieder
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