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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Neuschöpfungen der Papiere, die ich geplündert hatte. Sie machten den stolzen Eindruck von Wiederauferstandenen, als hätten sie sich nach einer schweren Schlappe tapfer wieder aufgerafft. Hätte eine zerfetzte Fahne über ihnen geflattert, wäre ich nicht überrascht gewesen.
    Sie stand mit hängenden Armen da. Die Hände steckten in Fäustlingen wie an dem Tag, als wir uns zum erstenmal begegnet waren. Sie trug einen zerknitterten Leinenkittel, der auf eine Gewohnheit deutete: auf die bewußte Abkehr von allem Fleischlichen; und von mir. Ihre schwarzen Haare hatte Emma zu einem Pferdeschwanz gebunden. Was auf mich die unwahrscheinliche Wirkung hatte, daß ich sie heftiger begehrte als je zuvor.
    »Das mit dem Schmuck tut mir leid«, fing sie leicht unsicher an.
    Das tat mir weh, denn nach allem, was sie meinetwegen durchgemacht hatte – die Angst, die Angriffe, die Verluste –, wollte ich nicht, daß sie dachte, ich könnte mir jetzt noch um etwas so Banales wie Schmuck irgendwelche Sorgen machen.
    »Mit Larry ist also alles in Ordnung?« fragte ich.
    Sie drehte heftig den Kopf zu mir herum und riß erwartungsvoll die Augen auf. »In Ordnung? Wie meinst du das? Was hast du gehört?«
    »Entschuldige. Das war nur so allgemein gefragt. Nach Priddy.«
    Erst jetzt hatte sie mich verstanden. »Ja, sicher. Du hast versucht ihn umzubringen, stimmt’s? Er hat gesagt, er hoffe, alle seine Tode wären so angenehm. Ich hasse es, wenn er so redet. Auch im Scherz. Ich finde, das darf er nicht. Und wenn ich ihm das sage, tut er’s natürlich erst recht, nur weil man ihn gebeten hat, es nicht zu tun.« Sie schüttelte den Kopf. »Er ist unverbesserlich.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Unterwegs.«
    »Wo unterwegs?« – Schweigen. – »Moskau? Zurück nach Grosny?« -Wieder Schweigen. »Ich nehme an, das hängt von Tschetschejew ab.«
    »Ich glaube nicht, daß irgend jemand Larry wie eine Handelsware herumschiebt. Nicht einmal TT.«
    »Kann sein. Wie erreichst du ihn denn? Schriftlich? – telefonisch? – oder wie?«
    »Gar nicht. Und du auch nicht.«
    »Warum?«
    »Weil er es gesagt hat.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Wenn du kommst und nach ihm fragst, soll ich dir nichts sagen, selbst wenn ich was wüßte. Er hat gesagt, es habe nicht damit zu tun, daß er dir nicht traut. Er mache sich nur Sorgen, daß dir die Firma wichtiger sein könnte. Er ruft nicht an. Er sagt, das sei zu riskant. Für ihn und auch für mich. Ich bekomme Nachrichten. ›Es geht ihm gut …‹ ›Er läßt grüßen …‹ ›Alles beim alten …‹ ›Bald …‹ Ach, und natürlich ›Sehne mich nach deinen schönen Augen‹. Das ist sozusagen der Standardsatz.«
    »Natürlich.« Dann dachte ich, es sei vielleicht besser, es ihr zu sagen, falls sie es noch nicht wußte. »Aitken May ist tot. Seine beiden Helfer wurden mit ihm umgebracht.«
    Sie wandte das Gesicht heftig von mir ab, als ob ich sie geschlagen hätte. Dann drehte sie mir auch noch den Rücken zu.
    »Der Wald hat sie umgebracht«, sagte ich. »Deine Warnung ist leider zu spät gekommen. Es tut mir leid.«
    »Dann wird TT einen Ersatzmann finden müssen«, sagte sie schließlich. »Larry kennt bestimmt jemanden. Er kennt immer jemanden.«
    Sie wandte mir noch immer den Rücken zu, und ich mußte daran denken, daß ihr das Reden so stets leichter gefallen war. Sie blickte aus dem Fenster, das Gegenlicht zeigte mir die Konturen ihres Körpers durch den Kittel, und mein Verlangen wurde so heftig, daß ich kaum zu sprechen wagte, was wohl mit der sexuellen Chemie zwischen uns zu tun hatte: Wir hatten uns, wie es zum Wesen unserer Mesalliance paßte, als Fremde geliebt, und dadurch war die erotische Spannung zwischen uns immer außerordentlich groß geblieben. Und ich fragte mich, ob ihr Verlangen ähnlich stark war wie meins, ob es noch dem entsprach, was es in den guten Zeiten doch anscheinend gewesen war, ob sie nicht irgendwie erwartete, daß ich sie hier und jetzt nehmen würde – sie einfach an mich zog und mit ihr auf den Boden sank –, während unten Dee saß und horchte, ob ich mich fair benahm. Und ich erinnerte mich an den Kuß, mit dem sie mich im Connaught aus meinem hundertjährigen Schlaf geweckt hatte, und wie ihre instinktive Kreativität in der Liebe mich in Regionen geführt hatte, von deren Existenz ich mir bis dahin nichts hatte träumen lassen.
    »Und wie läuft es so auf Honeybrook?« fragte sie, als erinnerte sie sich nur noch vage an das Haus.
    »Ganz gut. Das heißt

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