Unser Spiel
großartig. Und der Wein sieht immer besser aus –«
Und da sie mir in gewisser Weise wie eine tapfere Patientin im Krankenhaus vorkam – zuviel Aufregung konnte schädlich sein –, erfand ich etwas über die Toller-Mädchen: Sie seien vergnügter denn je und ließen schön grüßen; und Mrs. Benbow lasse höflich ausrichten, sie möge sie nicht vergessen; und Ted Lanxons Husten höre sich schon viel besser an, freilich sei seine Frau noch immer überzeugt davon, daß er Krebs habe, da könne der Arzt noch so sehr beteuern, es sei nur eine leichte Bronchitis. Sie nahm das alles, wie von mir beabsichtigt, als nette Neuigkeiten auf, nickte zum Fenster und machte künstliche Bemerkungen wie »Na prima« und »Das ist aber wirklich nett«.
Dann fragte sie mich munter nach meinen Plänen und ob ich vorhabe, in diesem Winter auf Reisen zu gehen. Also erfand ich ein paar Pläne für den Winter. Ich konnte mich nicht erinnern, daß ich oder sie jemals so unbeschwert Konversation gemacht hatten, was ich darauf zurückführte, daß wir beide jenes Gefühl der Erleichterung genossen, das Menschen überkommt, wenn sie feststellen, daß sie nach den schrecklichen Dingen, die sie sich angetan haben, beide noch stabil und gesund und unbeschädigt und vor allen Dingen nicht mehr aneinander gebunden sind. Was unter anderen Umständen vielleicht Grund genug gewesen wäre, miteinander ins Bett zu gehen.
»Was werdet ihr beide eigentlich machen, wenn er zurückkommt?« fragte ich. »Einen Hausstand gründen oder so was? Mit Kindern habe ich mir dich nie so richtig vorstellen können.«
»Weil du mich für ein Kind gehalten hast«, antwortete sie. Von Konversation hatten wir uns allmählich zu ernsthafter Diskussion gesteigert, was zu einer gewissen Verkrampfung führte.
»Vielleicht kommt er auch gar nicht zurück«, fügte sie hinzu, und in ihrer Stimme schwang etwas wie Besitzerstolz mit. »Vielleicht folge ich ihm dorthin. Das ist Gottes letzter guter Acker, sagt er. Wir werden nicht nur kämpfen müssen. Wir können auch reiten und wandern und wunderbare Menschen und neue Musik und alles mögliche andere kennenlernen. Das Problem ist nur, daß wir jetzt den Jahrestag der großen Unterdrückung haben. Die Lage ist entsetzlich gespannt. Ich würde ihm nur im Weg sein. Zumal wenn man bedenkt, wie die da unten mit Frauen umgehen. Das heißt, sie würden nicht wissen, was sie mir mit anfangen sollten. Mir macht es nichts aus, daß dort alles furchtbar primitiv und ursprünglich ist, aber Larry würde es meinetwegen etwas ausmachen. Und das würde ihn ablenken, und das kann er nun wirklich überhaupt nicht brauchen. Zur Zeit jedenfalls nicht.«
»Versteht sich.«
»Er ist ja praktisch so eine Art General für sie. Insbesondere an der logistischen Front – das Material einschleusen und die Gelder dafür auftreiben, die Leute daran ausbilden und so weiter.«
»Versteht sich.«
Offenbar hatte sie in meiner Stimme etwas gehört, das sie zu kennen glaubte und nicht billigte. »Was soll das heißen? Warum sagst du dauernd Versteht sich? Tu nicht so überheblich, Tim.«
Aber ich tat nicht überheblich, jedenfalls nicht mit Absicht. Ich erinnerte mich an andere Gespräche mit Freundinnen von Larry. »Er kommt bald wieder zurück, na, Sie kennen ihn ja … Larry ruft an, bestimmt, oder schreibt …« Manchmal auch: »Ich fürchte, er sieht für Ihre Beziehung keine Zukunft mehr.« Ich überlegte emotionslos, daß, obwohl Larrys Liebe zu Emma zweifellos eine große Leidenschaft gewesen war, solange sie währte – und anscheinend währte sie noch immer –, ich sie aber dennoch mehr und mit größerem Risiko geliebt hatte. Der Grund dafür war, daß ihm die Frauen von allein zuliefen, daß er nur die Hand auszustrecken brauchte, und schon ließen sie sich einfangen. Wohingegen Emma für mich die eine, die einzige gewesen war, auch wenn ich das Larry nie so recht hatte deutlich machen können, am allerwenigsten in Priddy. Daß er ihr gesagt hatte: Warte geduldig auf mich, war mir als Fazit meiner Überlegungen zu wenig, ich suchte nach einem deutlicheren Zeichen für seine Liebe. Und da ich nichts dergleichen erkennen konnte, wollte ich ihr wenigstens Mut machen, zu ihm zu fahren, bevor seine Leidenschaft sich auf eine andere richtete.
»Ich muß gerade daran denken – das weißt du natürlich selbst –, daß in England eine Menge Leute hinter euch beiden her sind – und nicht nur in England. Das heißt, die sind ganz schön
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