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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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ich anderes sagen können.
    Merriman lächelte spitzbübisch. »Sie haben ihn doch nicht um die Ecke gebracht, Tim?«
    »Wieso hätte ich das tun sollen?«
    Zum erstenmal an diesem Tag hätte ich um ein Haar verloren, was Marjorie Pew meine Kaltblütigkeit genannt hatte.
    »Warum hätten Sie es nicht tun sollen?« gab Merriman schelmisch zurück. »So ist es unter Gaunern doch üblich, wenn sie die Beute nicht aufteilen wollen?« Ein freudloses Kichern. »Und ist es mit Emma nicht einfach wunderbar? Noch immer rasend verliebt?«
    »Ja, aber zur Zeit ist sie nicht da.«
    »Wie entsetzlich! Wo ist sie denn?«
    »In den Midlands, wo einige ihrer Sachen aufgeführt werden.«
    »Und warum begleiten Sie sie nicht?«
    »Sie zieht es vor, so etwas allein zu machen.«
    »Natürlich. Sie ist ja unabhängig. Und sie ist Ihnen nicht zu jung?«
    »Wenn sie’s ist, wird sie’s mir zweifellos mitteilen.«
    »Gratuliere, Tim. Tapfer. Nie die Kavallerie aus der Schlacht nehmen, sag ich immer. Die Emmas dieser Welt verlangen unsere ständige Aufmerksamkeit. Sehen Sie sich nur ihre Akte an.«
    »Nein, vielen Dank.«
    Aber bei Merriman hat man keine Chance. »Nein, vielen Dank? Sie haben nicht mal reingesehen?«
    »Nein, und ich habe auch nicht die Absicht.«
    »Aber mein Lieber, das müssen Sie! So prall, so bunt, quel courage ! Wenn Sie die Namen ändern, können Sie auf Ihre alten Tage einen wahren Knüller daraus machen. Bei weitem lukrativer als Onkel Bobbys Rattenpisse. Tim?«
    »Was ist?«
    Seine Hand schloß sich um meinen Bizeps. »Sie waren so lange mit dem lieben Larry zusammen. Winchester, Oxford, die Firma – das war damals sehr fruchtbar. Sehr nützlich. Aber heute, mein Lieber, Finger weg.«
    »Wovon reden Sie eigentlich?«
    »Vom Image, mein Lieber. Von der noblen Vergangenheit, der alten Ära. Dynamit in den Händen irgendwelcher Schreiberlinge und Schmierfinken. Die werden schneller von Agentenringen an Universitäten lostönen und von der Liebe, die ihren Namen nicht auszusprechen wagt, als Sie Kim Philby sagen können. Da war doch nichts, oder?«
    »Was war nicht?« fragte ich zurück und versuchte die Erinnerung an Emma abzuwehren, wie sie nackt an meinem Schlafzimmerfenster stand und mir die gleiche Frage stellte.
    »Na, Sie wissen schon. Sie und Larry. Irgend so was. Also?«
    »Falls Sie damit meinen, ob wir homosexuell und Verräter waren: weder das eine noch das andere. Larry war eine Rarität unter den Eliteschülern: Er war hundertprozentig heterosexuell.«
    Er quetschte noch einmal lange meinen Arm. »Sie Ärmster. So eine Enttäuschung für einen gesunden jungen Mann. Na ja, so geht’s nun mal. Wir werden bestraft für Verbrechen, die wir nie begangen haben, aber dafür kommen wir anderswo mit schwerem Diebstahl durch. Es ist so wichtig, daß wir alle furchtbar aufpassen. Skandal ist das schlimmste. Lügen Sie, soviel Sie wollen, aber ersparen Sie mir den Skandal. Die Firma hat es heutzutage sehr schwer, noch ein ruhiges Plätzchen zu finden. Jede Menge Fliegen um den Honigtopf. Bin immer hier, mein Lieber. Jederzeit.«
    Munslow stand im Vorzimmer. Als er mich herauskommen sah, schloß er sich mir an. Er ließ unbehaglich die Hände baumeln. Mein Ausweis war nicht darin zu sehen.

5
    Ich hatte zwei Stunden totzuschlagen, ehe der letzte Zug nach Castle Cary ging, und wahrscheinlich bin ich spazierengegangen. Irgendwo muß ich mir, obwohl ich diese Blätter nicht ausstehen kann, eine Abendzeitung gekauft haben. Sie steckte am nächsten Morgen, zu einem schmutzigen Packen primitiven Zeitungspapiers gefaltet, in der Tasche meines Regenmantels; das Kreuzworträtsel war vollständig gelöst, in steilen Großbuchstaben, wie sie gar nicht typisch für mich sind. Und ich muß unterwegs ein paar Scotch getrunken haben, denn an die Fahrt habe ich kaum noch eine Erinnerung, abgesehen von dem Spiegelbild, das in dem schwarzen Fenster neben mir mitfuhr und das manchmal Larrys Gesicht war, manchmal mein eigenes und manchmal Emmas; sie hatte die Haare hochgesteckt, um den Hals das Perlenkollier aus dem achtzehnten Jahrhundert, das ich ihr an dem Tag geschenkt hatte, als sie ihren Klavierhocker nach Honeybrook brachte. Ich hatte so viel im Kopf, daß ich nichts drin hatte. Larry hat siebenunddreißig Millionen gestohlen; TT ist sein Komplize; ich bin angeblich auch einer. Er ist mit der Beute geflohen; Emma ist ihm nachgereist – Larry, dem ich das alles beigebracht hatte: stehlen, Schreibtische durchwühlen, Schlösser

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