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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Er verzog einen Mundwinkel zu einem widerlichen Grinsen. »Pechschwarzes Haar, oben auf dem Kopf zusammengesteckt, man muß es nur noch runterlassen. Absolut tödliche Schwäche von mir. Bin verrückt nach schwarzen Haaren. Finde ich ungeheuer weiblich. Wunderbar.«
    Ich hörte nichts, sah nichts, fühlte nichts. Ich funktionierte, sammelte und verzeichnete. Sonst tat ich nichts in dieser Welt, während Jamie alt und traurig aussah, mir zunickte und seinen Portwein schlürfte.
    »Hast du seitdem noch was von ihm gehört?«
    »Keinen Mucks. Weder von ihm noch von ihr. Nehme an, sie haben’s kapiert. Nicht das erstemal, daß wir einem Betrüger die Tür gewiesen haben. Und seiner Gangsterbraut.«
    Nach der Schiffsuhr hatte ich noch fünf Minuten.
    »Hast du ihn an jemanden weiterempfohlen? Ihm irgendeinen Tip gegeben, an wen er sich wenden könnte?«
    Eine scheußliche Grimasse, ein letzter Angriff. »Wir bei Pringle Brothers sind mit derartigen Geschäften nicht sonderlich vertraut. Es gab hier in der Nähe mal einen kleinen Laden, BCCI, der so was gemacht hat, früher. Anzunehmen, daß die Dreck am Stecken haben.«
    Ich hatte eine vorletzte Frage. Und begleitete sie mit meinem ewigen Sabberlächeln, kameradschaftlichen Gefühlen und einem genießerischen Schluck Portwein.
    »Und nachdem er gegangen war – beziehungsweise die beiden –, Jamie, bist du nicht auf die Idee gekommen, bei wem auch immer ich damals gearbeitet habe anzurufen und auf Larry hinzuweisen – Larry und sein Mädchen? – jetzt, wo ich nicht mehr an diesem Schreibtisch sitze?«
    Jamie Pringle durchbohrte mich mit einem empört strafenden Blick.
    »Larry verpfeifen? Was denkst du dir eigentlich? Ich bin Bankier. Wenn er seine liebe Mutter erdrosselt und in eine Wanne voll Säure getunkt hätte, ja dann könnte ich mir gerade noch vorstellen, daß ich jemand benachrichtigen würde. Aber wenn ein alter Kommilitone hier vorbeikommt und ein Bankgeschäft mit mir bespricht, das, zugegeben, für meinen Geschmack zum Himmel stinkt, dann fühle ich mich zu absoluter und totaler Verschwiegenheit verpflichtet . Wenn du das weitergeben willst, ist das deine Sache. Bedien dich.«
    Ich war am Ziel. Blieb nur noch das letzte schreckliche Hindernis. Vielleicht hatte das Selbstquälerische in mir entschieden, daß ich mich diesmal, nachdem ich mich übertrieben auf die Frage nach der Polizei und Pew-Merriman konzentriert hatte, bis ganz zum Schluß damit zurückhalten sollte. Vielleicht riet mir auch nur der Agent im Einsatz, zunächst einmal alles andere einzusammeln und mich erst dann auf die Kronjuwelen zu stürzen.
    »Also wann, Jamie?«
    »Wie bitte, alter Freund?«
    Er war halb eingeschlafen.
    »Wann? Wann sind sie bei dir aufgetaucht? Larry und sein Mädchen? Sie hatten doch vermutlich einen Termin, sonst hättest du sie doch nicht zum Essen eingeladen«, meinte ich und hoffte ihn damit zu ermuntern, in seinem Terminkalender nachzusehen oder über das Haustelefon bei Pandora anzufragen.
    »Waldhuhn«, verkündete er laut, und ich dachte zuerst, er rede von Emma.
    »Habe ihnen Waldhuhn vorgesetzt«, fuhr er fort. »Das heißt, die Peters hat es getan. Kommilitone. Alte Zeiten. Hatte ihn seit fünfundzwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Habe den roten Teppich ausgerollt. Pflichtgefühl. Letzte Septemberwoche, letztes Waldhuhn der Saison, was dieses Haus betrifft. Die verfluchten Araber knallen alles ab. Schlimmer als die Itaker. Mitte September ist kaum noch ein Vogel übrig. Da hilft nur Selbstdisziplin. Die Familie hält sich zurück, egal, was die Ausländer machen. Kanaken darf man nicht mehr sagen. Nicht PC.«
    Mein Mund war wie betäubt. Wie von einer Zahnarztspritze. Mein Oberkiefer war tiefgefroren, und die Zunge war mir in den Rachen gerutscht.
    »Also Ende September«, brachte ich heraus, als redete ich zu einem Greis oder Tauben. »Richtig? Richtig, Jamie? Die beiden haben dich in der letzten Septemberwoche besucht? Ganz schön großzügig von dir, sie mit Waldhuhn zu bewirten. Hoffentlich haben sie es dir gebührend gedankt. Wenn man bedenkt, daß du sie ebensogut hättest hinauswerfen können. Also, ich wäre jedenfalls dankbar gewesen. Und du auch. Ende September. Ja?«
    Ich faselte weiter, weiß aber nicht, ob Jamie mir geantwortet hat: allenfalls mit einem Achselzucken, mit Grimassen und Hinterbänklergeräuschen à la »Oho« und »Sehr richtig«. Daß die Uhr schlug, weiß ich noch. Ich erinnere mich, daß Pandora ihr Mondgesicht zur Tür

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