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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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    »Merken Sie was?« fragte Luck.
    Allerdings. Auf Seite dreizehn von Larrys Sparbuch ging es um den Juli 1994. Bis zum Einundzwanzigsten dieses Monats hatte Larry über hundertvierzigtausend Pfund auf dem Konto gehabt. Am Zweiundzwanzigsten hatte er hundertachtunddreißgtausend Pfund abgehoben, ihm blieb noch ein Haben von £ 2176.
    »Was sagen Sie dazu?«
    »Nichts. Wahrscheinlich hat er ein Haus gekauft.«
    »Falsch.«
    »Dann hat er’s investiert. Was geht mich das an?«
    »Am zweiundzwanzigsten Juli hat Dr. Pettifer, nachdem er zwei Tage zuvor den Direktor telefonisch von seiner Absicht in Kenntnis gesetzt hatte, den gesamten Betrag von einhundertachtunddreißigtausend Pfund in bar bei seiner Bank abgehoben, in braunen Umschlägen mit Zwanzig-Pfund-Noten. Fünfziger wollte er nicht. Da er keine Tasche mitgebracht hatte, mußte der Mann am Schalter bei den Angestellten herumfragen und sich von einem der Mädchen eine Plastiktüte geben lassen, in der die Umschläge verstaut werden konnten. Am nächsten Tag gab Pettifer seiner Vermieterin tausend Pfund in bar und beglich vier ausstehende Rechnungen, unter anderem seine Weinrechnung. Was er mit dem restlichen Bargeld angefangen hat – insgesamt exakt einhundertdreißigtausend Pfund –, ist bis heute unbekannt .«
    Warum? dachte ich benommen. Was für eine Logik steckt dahinter, daß jemand, der die russische Botschaft um siebenunddreißig Millionen betrügt, sein eigenes Konto komplett um hundertdreißigtausend plündert? Für wen? Wozu?
    »Es sei denn, natürlich, er hat es Ihnen gegeben, Mr. Cranmer«, meinte Bryant vom Kopfende des Tischs.
    »Oder es hat von Anfang an Ihnen gehört«, behauptete Luck.
    »Natürlich illegal«, sagte Bryant. »Aber es geht hier ja auch nicht um legale Geschäfte, oder? Sondern um Betrug. Sie haben das Geld mit irgendwelchen Tricks abgezweigt. Pettifer hat es aufbewahrt. Er war ihr Strohmann. Ihr Komplize. Richtig?«
    Da ich ihn keiner Antwort würdigte, fuhr er in seinem Ton gequälter Allwissenheit fort.
    »Sie haben eine Schwäche für Geld, stimmt’s, Mr. Cranmer, Sir? Elstern nenne ich solche Typen. Sie haben eine ganze Menge, wollen aber immer noch mehr. Ist es nicht so? Sie hocken, ich rede von früher, tagein tagaus im Finanzministerium. Sie sehen riesige Geldbeträge in alle möglichen Richtungen wandern, und manche nicht gerade für gute Zwecke, möchte ich behaupten. Und da sagen Sie sich: › Na, Timothy, wäre ein bißchen davon bei mir nicht besser aufgehoben als bei denen?‹ Sie zweigen ein wenig ab. Keiner merkt etwas davon. Also zweigen Sie noch ein wenig ab. Ein wenig mehr. Immer noch merkt keiner was. Und als guter Geschäftsmann expandieren Sie. Stillstand können wir uns nicht leisten, heutzutage schon gar nicht. Niemand kann sich das leisten. Das liegt nicht in der menschlichen Natur. Jedenfalls nicht mehr seit Mrs. Thatcher. Und eines Tages ergibt sich die Gelegenheit, sagen wir, in einen gewissen ausländischen Markt einzudringen. Einen Markt, dessen Sprache Sie beherrschen und auf dem Sie sich auskennen. Rußland zum Beispiel. Also ziehen Sie die große Nummer ab. Sie und der Doktor und ein gewisser ausländischer Ehrenmann aus seinem Bekanntenkreis, der sich Professor nennt. Allesamt Experten auf ihrem Gebiet. Aber Mr. Cranmer-Sir ist der Drahtzieher. Der starke Mann. Er hat Format. Nerven. Eine hohe Stellung. Na, wird’s allmählich wärmer, Sir? Uns können Sie’s doch verraten. Wir sind ja nur kleine Leute, stimmt’s, Oliver?«
    Wenn einem ungeheuerliche Dinge vorgeworfen werden, klingt nichts so flau wie die Wahrheit. Ich hatte mein Leben der Aufgabe gewidmet, mein Land vor Plünderern zu schützen. Jetzt wurde ich selbst als Plünderer bezeichnet. Ich hatte niemals auch nur einen einzigen Penny unterschlagen, der mir anvertraut war. Jetzt beschuldigte man mich, ich hätte riesige Beträge auf die Kanalinseln geleitet und über meinen ehemaligen Agenten an mich selbst ausgezahlt. Doch als ich mich meine Unschuld beteuern hörte, klang das wie bei jedem anderen Schuldigen. Meine Stimme versagte und wurde viel zu laut, meine Gewandtheit ließ mich im Stich, ich kam mir selbst ebenso wenig überzeugend vor wie meinen Anklägern. Na ja , so geht’s nun mal , hörte ich Merriman sagen: Wir werden bestraft für Verbrechen , die wir nie begangen haben , aber dafür kommen wir anderswo mit schwerem Diebstahl durch .
    »Wir denken bloß laut, Mr. Cranmer, Sir«, erklärte Bryant mit plumper

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