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Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Titel: Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabor Steingart
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deutsch « diese fröhlichste aller deutschen Invasionen festgehalten. Unvergessen das Selbstgespräch Gerhard Polts als Deutschtümler: » Siena kenn ich, da hatt mir mal meine Benzinpumpe schlappgemacht; zwei Tage Aufenthalt, trostlos, in dem ganzen Nest war nirgendwo eine Benzinpumpe aufzutreiben. «
    Real existierender Sozialismus und Planwirtschaft – Motivatoren wider Willen
    Zur gleichen Zeit an anderem Ort: gesellschaftliche Tristesse, politische Gängelung, ökonomischer Niedergang. Das waren die Erkennungszeichen der sozialistischen Alternative seit Beginn der 70er Jahre. Überall dort, wo die reinste Staatswirtschaft herrschte – in der DDR , der Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten von Rumänien bis Bulgarien –, war nun ein Substanzverzehr zu beklagen, der zwei Dekaden später mit dem Zusammenbruch dieser Systeme endete.
    Die Planwirtschaft ist ein Spiel, bei dem der Staat versucht, das Endergebnis vorherzubestimmen. Diese Kopfgeburt von Bürokraten hat sich im Alltag der Völker als nicht lebensfähig erwiesen. Am Ende ihrer Lebenszeit erwirtschaftete die Sowjetunion ein Bruttosozialprodukt nicht größer als das von Kanada, obwohl das sowjetische Imperium zehn Mal mehr Menschen umfasste. Die Sowjetunion hatte alles verloren, schließlich auch die Unterstützung ihrer Führungselite. Als der Spuk vorbei war, sagte der Ex- KGB -Mann und heutige Präsident des Landes Wladimir Putin: » Jeder Russe, der den Zerfall der Sowjetunion nicht bedauert, hat kein Herz. Aber jeder, der sie wiederbeleben will, hat keinen Verstand. «
    Dabei war die Sowjetunion in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts durchaus verheißungsvoll gestartet. Sie hatte – auch wenn Lenin es hassen würde, das über seinen Staat zu lesen – mit den Erzkapitalisten eine große Gemeinsamkeit. Man konzentrierte sich unter Hintanstellung aller sozialen Belange auf die Bildung von Kapital. Denn Kapital ist nichts anderes als aufgestauter Konsum. Nur der den Arbeitern vorenthaltene Lohn, so stand es bei Marx schon geschrieben, schafft die Kapitalbasis, auf der sich später dann Imperien aufbauen lassen. Auf die heute so populäre Idee, dass Konsum und Kredit an die Stelle von Anstrengung und Arbeit treten würden, wären die Gründer der Sowjetunion nie gekommen.
    Die Führung der Kommunistischen Partei hielt sich also an das, was geschrieben stand. Nur dass der Staat jetzt die neue Kapitalistenklasse war, die den Werktätigen das Geld für den Konsum entzog und so das Startkapital für eine nachholende Industrialisierung zusammenklaubte. Die Bauernvölker transformierte man mit roher Gewalt in eine Industriegesellschaft. Traktorenfabriken, Stahlwerke, Maschinenbauer und Rüstungskonglomerate wurden in die Steppe gestampft.
    Die Industrieproduktion verachtfachte sich zwischen den Jahren 1913 und 1938, derweil sie in den USA und in Deutschland – freilich von deutlich höherer Ausgangsbasis – im gleichen Zeitraum nur um rund 50 Prozent wuchs. Das Ergebnis der erzwungenen Industrialisierung beeindruckte und erschreckte den Westen: Das Industriepotential Russlands überflügelte zu Beginn des Zweiten Weltkriegs das der Briten. Im Kriegsjahr 1941, so der ehemalige britische Botschafter in den USA und heutige BBC -Wirtschaftsexperte Peter Jay, produzierte die russische Wirtschaft mehr Panzer, mehr Munition und mehr Flugzeuge als die deutsche Schwerindustrie an Rhein und Ruhr.
    Nach dem Zweiten Weltkrieg, ausgestattet nun auch mit dem industriellen Wissen und dem Kapital zusätzlicher Völker, ging es zunächst weiter voran. Das auf der Basis von Kaufkraftparitäten errechnete Bruttosozialprodukt der Sowjetunion, so eine Ausarbeitung des britischen Ökonomen Angus Maddison, war 1950 dreimal so hoch wie das der Japaner, doppelt so hoch wie das der Chinesen und erreichte immerhin ein Drittel des westeuropäischen Wohlstands.
    Doch dem schwungvollen Start folgte der Niedergang auf dem Fuße. Die Kapitalbildung kam schnell zum Erliegen. Man hatte den Zweiten Weltkrieg gewonnen, aber die wirtschaftliche Dynamik verloren. Die Sowjetunion und die ihr unterstellten Protektorate gingen schneller als alle bisher bekannten Wirtschaftsordnungen von der Kapitalbildung zum Kapitalverzehr über. Die Fabriken verfielen, die Innovationskraft schrumpfte, die Lebensbedingungen der Bevölkerung verschlechterten sich, sodass das Wort » Mangelwirtschaft « sich im allgemeinen Sprachgebrauch festsetzte. Die Arbeitsmoral in den zerfallenden

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