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Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Titel: Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabor Steingart
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finsteren Ausgang dieses Abenteuers vielleicht ahnen, aber nicht kennen konnte, verfolgte seinerzeit in großer Offenheit das Ziel, eine Kreditschwemme auszulösen: Es gelte, » die nationalen Banken zu ermutigen, ihre Kreditfinanzierungsaktivitäten am Immobilienmarkt zu erhöhen « und » den Sekundärmarkt auszuweiten « , heißt es in seinem 100-Punkte-Programm. Verbunden war sein Programm mit massiver Kritik an den angeblich konservativen, heute würde man sagen seriösen, Verleihpraktiken der Bankhäuser: Einige Institute benutzten » übertrieben konservative Finanzierungsmethoden « , warfen das Weiße Haus und das Bauministerium ihnen vor.
    Wenn die Republikaner den Demokraten in dieser Frage eines übel nahmen, dann ihre Hyperaktivität, die beim Wähler gut ankam. Clinton wurde 1997 fulminant wiedergewählt. Gegenkandidat Bob Dole von den Republikanern schrumpfte zur Fußnote der Geschichte. Und der Immobilienmarkt erwachte zu neuem Leben.
    Eine Opposition gab es in der Frage des staatlich geförderten Immobilienerwerbs zu keinem Zeitpunkt. Amerika glich in dieser Frage einem Ein-Parteien-Staat, der mit geradezu stalinistischer Härte das eine Credo postulierte: Wohnungseigentum ist gut; je mehr, desto besser.
    Der am 20. Januar 2001 vereidigte neue Präsident George W. Bush beendete die Clinton-Programme nicht, sondern baute sie aus. » Wir wollen, dass jeder in Amerika sein eigenes Haus besitzt « , sagte er im ersten Jahr nach Amtsantritt. Der Prozentsatz von Menschen, denen das Haus, in dem sie wohnen, gehört, stieg von 64 Prozent im letzten Clinton-Jahr auf über 68 Prozent im zweiten Bush-Jahr. Zu wenig, befand der Präsident und eröffnete 2004 beim republikanischen Parteitag im New Yorker Madison Square Garden seine Wiederwahl-Kampagne mit folgendem Versprechen an die Möchtegern-Hauseigentümer:
    » Dank unserer Politik befindet sich das Hauseigentum in Amerika auf einem Allzeithoch. Nun setze ich ein neues Ziel: Wir wollen sieben Millionen mehr bezahlbare Häuser in den nächsten zehn Jahren schaffen. Wieder sollen mehr amerikanische Familien beim Öffnen ihrer Hautür sagen können: Willkommen in unserem Zuhause. «
    Die Regierung öffnete dafür die letzten Schleusen der Kreditvergabe. Mit dem American Dream Downpayment Act wurde Erstkäufern aus sozial schwachen Schichten ein bisher unvorstellbares Maß an Hilfestellung seitens des Staates garantiert. Die Bush-Regierung forderte die Kreditgeber in diesem Gesetz auf, die Dokumentationspflichten für Subprime-Kunden, das sind Kreditnehmer mit wenig oder keinen Sicherheiten, auf ein Minimum zu reduzieren. Regierung und Finanzwelt hofften auf ein für beide einträgliches Geschäft: Die Regierung wollte ihre Wähler mit anstrengungsfreiem Wohlstand beglücken, der US -Steuerzahler sollte verschont bleiben, derweil man die Gelder chinesischer, deutscher und anderer Sparer anzapfte.
    Dass sich dieses Programm zur Schaffung von Hauseigentum unter dem Banner von » Freiheit durch Deregulierung « verkaufen ließ, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn es war die bestregulierte Deregulierung der Wirtschaftsgeschichte. Die Märkte wurden von Regierung und Fed planmäßig entfesselt, zu dem einen Zweck, den Willen der Politik zu exekutieren.
    Der Finanzwelt waren die Motive der Politiker gleichgültig. An der Wall Street interessiert man sich nicht für Armut. Hier ging es um eine Expansion der Geschäftstätigkeit, ohne dass die Risiken gleich mit expandierten. Denn die Geldhäuser wurden von Immobilienfinanzierern, die das Risiko bis dahin in ihren Büchern getragen hatten, zu Kreditvermittlern und Wertpapier-Designern. Das Risiko war mit den neu entwickelten » Mortgage-backed Securities « , den durch Immobilienbesitz gedeckten Wertpapieren, in den Büchern der Banken nur noch ein Durchlaufposten, der wenige Tage nach Kreditauslieferung schon wieder verschwand.
    Durch den Verkauf des Wertpapiers, in dem nun Tausende von Immobilienfinanzierungen paketiert waren, ließ sich eine risikofreie Marge verdienen und – das war der Clou bei der Sache – in Folge dessen die aufwendige Kreditprüfung früherer Jahre auf ein Minimum reduzieren. Denn ein Risiko, das in Windeseile weitergereicht werden konnte, brauchte man nicht durch lästige Prüfungen der Kreditnehmer erst noch taxieren. Die Kreditgeber waren nur noch Kreditvermittler. Die traditionelle Rolle des Kreditprüfers erfüllte nun niemand mehr. Sie ging jetzt formal zwar auf die

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