Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unsere Oma

Unsere Oma

Titel: Unsere Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
Vom Netzwerk:
»Ich muß mal!«
    Oma erhob sich seufzend. »Wo ist die Toilette?« fragte sie die vorübergehende Kellnerin.
    Das Fräulein blickte zwischen Oma und Peter hin und her. »Für Damen rechts, für Herren links.«
    Oma steuerte nach rechts, aber Peter zog sie nach links. »Für Herren ist da!«
    »Du bist so klein, du kannst noch >für Damen<.«
    »Ich will aber >für Herren    Oma versuchte, ihn nach rechts zu ziehen, doch er gab nicht nach. Die Damen an den Tischen guckten dem Ringkampf gespannt zu.
    »Dann mußt du eben allein gehen«, sagte Oma schließlich und kehrte an ihren Tisch zurück. Mit hoch erhobenem Kopf verschwand Peter hinter der Tür »für Herren«.
    Oma aß ihren Kuchen auf und schaukelte den Kinderwagen, weil das Baby anfing zu schreien. Nach einer Weile erschien im Türspalt >für Herren< Peters Kopf.
    »Oma«, flüsterte er so laut, daß alle sich nach ihm umdrehten, »Oma, knöpf mir die Hosen an!«
    Oma zuckte mit den Schultern. »Ich kann nicht fort. Wenn ich den Wagen nicht schaukele, schreit das Baby. Komm her!«
    So mußte Peter, krampfhaft seine Hosen hochhaltend, an den kichernden Damen vorbei, das Café durchqueren.
    Auf dem Heimweg sagte Oma: »Du siehst, wie wichtig es ist, daß man lernt, sich allein an- und auszuziehen.«
    Sie übten es den ganzen Nachmittag lang, und am Abend konnte Peter es wirklich allein.
    »Nun aber schnell in die Küche!« rief Oma. »Bald kommen unsere Leutchen nach Haus, und sie haben sich für heute abend Eierkuchen bestellt.«
    Peter sah Oma beim Backen zu. Sie goß den flüssigen Teig in die Pfanne, ließ ihn ein wenig fest werden und warf dann mit einem Schwung den Kuchen in die Luft, wo er sich einmal umdrehte und mit der anderen Seite wieder auf der Pfanne landete. Immer höher warf Oma die Kuchen.
    »Kann ich auch mal?«
    Als Peter es versuchte, fiel der Kuchen auf die Erde.
    »Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen«, sagte Oma.
    Der zweite Kuchen fiel auf den Stuhl neben dem Herd.
    »Schon besser«, sagte Oma.
    Der dritte, bei dem sie Peters Hand führte, kam wieder in die Pfanne zurück.
    Beim Abendbrot machte sich die ganze Familie begeistert über die Eierkuchen her. Als Peter ins Bett ging und Ingeborg ihn ausziehen wollte, sagte er: »Nicht nötig, das kann ich selber! Ich kann auch Spinat essen und Eierkuchen backen. Ich bin heute sehr erwachsen geworden.«

Omas Geburtstag

    Es war noch früh am Morgen. Jan sprang mit einem Satz über den niedrigen Zaun, der den Garten von der Straße abgrenzte. Schade, daß es nicht noch mehr Zäune gab! Er war so vergnügt und übermütig, daß er nur immer hätte springen und hüpfen mögen.
    Sonntag war heute, ein Mai-Sonntag und dazu noch Omas Geburtstag.
    Er hatte ein wunderschönes Geburtstagsgeschenk für Oma. Weil sie ja beide eines Tages zusammen nach Amerika auswandern wollten, hatte er ihr eine Indianerhaube gebastelt. Monatelang hatte er in der ganzen Umgebung Federn gesammelt. Auf der Hühnerfarm war er Stammgast gewesen, wo seine Freundin Karoline ihm sammeln half. Er hatte die Federn an einen Lederstreifen genäht und ihn mühsam mit bunten Perlen bestickt. Die Haube war schön, nur fehlte vorn noch eine besonders große und bunte Feder. Tagelang war er um den stattlichsten Hahn der Hühnerfarm herumgeschlichen, dem eine passende Feder aus dem Schwanz hing. Bis jetzt hatte sie immer noch an seinem buschigen Hinterteil gehaftet, doch nun würde er sie gewiß verloren haben.
    Auf der Farm schlief noch alles. Jan nahm leise den Schlüssel zum Hühnerstall von einem Haken an einem Geräteschuppen. Wie ein Indianer schlich er dann in den Stall. Die Hühner saßen noch aufgeplustert wie Federknäuel auf ihren Stangen und schliefen. Ein paar blickten ihn blinzelnd an. Als sie sahen, daß er keine Futterschüssel trug, steckten sie den Kopf wieder in die Federn.
    Der große Hahn, der ein Frühaufsteher war, stolzierte mit majestätischem Schritt durch den Mittelgang und betrachtete sein schlummerndes Volk. Die Feder hing immer noch aus dem Schwanz und schleifte traurig über die Erde. Jan brauchte sie aber unbedingt noch heute. Ob er ein wenig nachhelfen sollte? Er versuchte, den Vogel zu greifen. Doch weil er zu hastig war, bekam der Hahn Angst und sauste mit langen Schritten und flatternden Flügeln durch den Raum. Die Hühner wachten auf. Als sie ihren Herrn und Meister in so großer Not sahen, erhoben sie ein lautes Geschrei. Endlich hatte Jan das wild um sich schlagende Tier gepackt und

Weitere Kostenlose Bücher