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Unsere Oma

Unsere Oma

Titel: Unsere Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
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immer brennend eine Schaukel gewünscht hatten. Aber ihre ängstliche Mutter hatte nie erlaubt, daß sie eine bekamen. Unter den vielen Briefen, die sie erhalten hatte, fand Oma auch einen Brief von ihrem Bruder. Jetzt war Ludi kein Kind mehr wie damals, sondern ein alter Mann. Er schrieb:

    »Liebe Angelika! Ich wünsche Dir alles Gute zum Geburtstag, vor allem, daß Du nicht zu viel Ärger mit Deiner großen Enkelschar hast. Sicher wird sich das nicht vermeiden lassen, denn Kinder machen immer Ärger. Damit Du Dich von ihnen ein wenig erholen kannst, mache ich Dir einen Vorschlag. Komm und besuch mich. Im nächsten Monat geht meine Haushälterin für vier Wochen auf Urlaub. Möchtest Du mir nicht während der Zeit den Haushalt führen? Bei mir wirst Du ein ruhiges und angenehmes Leben haben, und wir können einmal wieder von alten Tagen plaudern.
    Dein Dich herzlich liebender Bruder Ludwig«

    »Alter Brummbär«, murmelte Oma.
    Draußen vor dem Fenster balgten sich Jan und Brigitte darum, wer nun schaukeln dürfe. Oma seufzte. Wie oft hatte sie sich als kleines Mädchen mit ihrem Bruder gebalgt. Ludi war ein wilder Junge gewesen, der nicht sehr zart mit seiner Schwester umging. Aber als sie einmal sehr krank war, hatte er ihr sein zahmes Eichhörnchen geschenkt. Oft hatten sie sich gezankt und doch immer wieder vertragen, genau wie Jan und Brigitte, die jetzt friedlich zusammen schaukelten. Brigitte hockte auf dem Brett, Jan stand mit gespreizten Beinen über ihr. Es müßte nett sein, den alten Brummbären einmal wiederzusehen.
    Da wurde die Tür aufgerissen und Peter stürmte herein. »Oma, komm zum Mittagessen! Es gibt einen ganz großen Braten und Schokoladenpudding mit Schlagsahne und Wein zum Trinken. Alle wollen >Prost< sagen und mit dir anstoßen und ich auch!«

Reise in die Ferien

    Der Zug hielt auf einer kleinen Station. Niemand stieg aus. Ein paar Reisende lehnten sich aus den Fenstern.
    »Hier werden wir nicht lange halten«, meinte ein Herr mit einer Baskenmütze.
    Der Stationsvorsteher mit der roten Mütze rief: »Einsteigen, Türen schließen!« Schon wollte er seine Abfahrtskelle hochheben, da kam ein kleines Mädchen atemlos auf ihn zugelaufen. Einer ihrer blonden Zöpfe hatte sich aufgelöst, und die Haarsträhnen hingen ihr ins Gesicht.
    »Halt, halt!« rief sie. »Meine Oma läßt Sie bitten, noch zu warten, sie kommt gleich.«
    Der Stationsvorsteher lief rot an. »Was soll das heißen? Ich kann doch nicht wegen irgendeiner Oma den ganzen Zug aufhalten. Wer bist du überhaupt?«

    »Brigitte Pieselang.«
    »Ach so, es handelt sich um Großmutter Pieselang! Dann ist es natürlich etwas anderes. Warum hast du das nicht gleich gesagt?« Der Stationsvorsteher schob seine Kelle unter den Arm und fing an, auf dem Bahnsteig hin und her zu gehen.
    »Warum fahren wir nicht weiter?« rief der Herr mit der Baskenmütze.
    »Geduld, Geduld«, sagte der Stationsvorsteher ernst.
    Inzwischen hatten sich noch mehr Reisende an den Fenstern versammelt. Sie beobachteten, wie ein Junge mit einem prall gefüllten Rucksack den Schauplatz betrat.
    »Wo ist Oma?« fragte Brigitte.
    »Sie ist nochmal zurückgelaufen, weil sie Paulchen vergessen hatte«, sagte Jan.
    Endlich kam Oma mit ihrem lila Strohhut auf den Bahnsteig. In der rechten Hand trug sie den Käfig mit dem Wellensittich, in der linken den Regenschirm. Eine Traube von Menschen hing an ihr wie die Bienen an ihrer Königin. Peter klammerte sich an ihre Rockfalten.

    Als er den Stationsvorsteher sah, ließ er sie los und lief zu ihm.
    »Ich habe auch eine rote Mütze!« rief er stolz.
    Der Stationsvorsteher beachtete ihn nicht, sondern ging auf Oma zu und nahm ihr den Wellensittich ab.
    »Wie schön, gnädige Frau, daß Sie auch einmal wieder mit unserer Eisenbahn eine Reise machen.«
    Oma nickte freundlich. »Guten Tag, Herr Schmidt. Wie geht es Ihrer Frau und den Kindern?«
    Der Stationsvorsteher verbeugte sich tief. »Danke, der Frau geht es gut und Hans, Matthias und Gretel auch. Nur der kleine Willi hat schon so lange den Husten.«
    »Ich habe auch eine rote Mütze!« rief Peter.
    Oma schob ihn beiseite. »Der Willi hat den Husten? Warten Sie, ich weiß da ein gutes Rezept. Ihre Frau soll Zwiebelsaft kochen, zusammen mit Kandiszucker. Das gibt einen heilsamen Hustensirup. Der Willi wird ihn nicht mögen, aber der Saft wird ihm helfen.«
    »Ich habe auch eine rote Mütze, und sie ist ganz neu!« schrie Peter jetzt so laut, daß alle

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