Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unsichtbar

Unsichtbar

Titel: Unsichtbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
Vom Netzwerk:
euch einen Streich gespielt, als sie euch zwang, in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts zu leben, und dann auch noch als Bürger einer fortgeschrittenen Industrienation, wohingegen ihr, hättet ihr das Licht der Welt irgendwo am Amazonas oder in der Südsee erblickt, längst keine Jungfrauen mehr wärt. Und dann hattet ihr euren Plan ausgeheckt - unmittelbar nach diesem Gespräch - und freilich gewartet, bis eure Eltern weg waren, bevor ihr ihn in die Tat umsetztet.
    Ihr wolltet es einmal machen, nur einmal. Es sollte ein Experiment sein, kein neues Leben, und egal, welch großes Vergnügen es euch bereiten sollte, würdet ihr nach dieser einen Nacht damit aufhören müssen, denn wenn ihr weitermachen würdet, könnte die Sache außer Kontrolle geraten, könntet ihr zwei euch vielleicht nicht mehr bremsen, und dann stündet ihr vor dem Problem, blutige Laken erklären zu müssen, ganz zu schweigen von der grotesken Eventualität, jener undenkbaren Eventualität, die ihr beide nicht einmal laut auszusprechen wagtet. Alles und jedes, habt ihr beschlossen, aber keine Penetration, die ganze Skala von Möglichkeiten und Stellungen, so viel, wie ihr beide wolltet, so lange, wie ihr beide wolltet, aber zu Geschlechtsverkehr durfte es in dieser Sexnacht nicht kommen. Da ihr beide noch nie mit irgendjemandem Sex gehabt hattet, war diese Aussicht schon erregend genug, und ihr verbrachtet die Tage vor der Abreise eurer Eltern in einem wilden Strudel von Erwartungen - in panischer Angst, schockiert von der Kühnheit eures Plans, ekstatisch.
    Es war die erste Chance deines Lebens, Gwyn zu sagen, wie sehr du sie liebtest, ihr zu sagen, wie schön du sie fandest, deine Zunge in ihren Mund zu schieben und sie so zu küssen, wie du es dir seit Monaten erträumt hattest. Du hast gezittert, als du deine Kleider auszogst, gezittert von Kopf bis Fuß, als du ins Bett krochst und sie ihre Arme um dich schlang. Es war dunkel im Zimmer, aber du sahst das Glitzern in den Augen deiner Schwester, undeutlich die Konturen ihres Gesichts, den Umriss ihres Körpers, und als du unter die Decke kamst und die Nacktheit dieses Körpers spürtest, die Haut deiner fünfzehn Jahre alten Schwester an deiner Haut, überlief dich ein Schaudern, und der Ansturm der Gefühle, die dich durchwogten, verschlug dir beinahe den Atem. Einige Augenblicke lang lagt ihr euch in den Armen, die Beine umeinandergeschlungen, Wange an Wange, zu eingeschüchtert, etwas anderes zu tun, als euch aneinander festzuhalten und zu hoffen, dass ihr nicht vor schierem Entsetzen zerspringen würdet. Schließlich begann Gwyn dir über den Rücken zu streichen, und dann drehte sie dir das Gesicht zu und küsste dich, küsste dich heftig, mit einer Aggressivität, die du nicht erwartet hattest, und als ihre Zunge dir in den Mund schoss, erkanntest du, dass es auf der ganzen Welt nichts Besseres gab, als so geküsst zu werden, wie sie dich küsste, dass dies ohne jeden Zweifel die einzige wirklich wichtige Rechtfertigung dafür war, überhaupt am Leben zu sein. Sehr lange habt ihr euch so geküsst, unter Schnurren und Tasten mit euren Zungen gerungen, bis euch der Speichel von den Lippen lief. Und dann hast du endlich den Mut aufgebracht und deine Handflächen auf ihre Brüste gelegt, ihre kleinen, noch nicht vollentwickelten Brüste, und zum ersten Mal in deinem Leben hast du dir gesagt: Ich fasse die nackten Brüste eines Mädchens an. Nachdem du sie eine Zeitlang gestreichelt hattest, begannst du die mit den Fingern berührten Stellen zu küssen, fuhrst mit der Zunge um die Brustwarzen, und als du daran saugtest, spürtest du zu deiner Überraschung, wie sie fester und größer wurden, sich aufrichteten wie dein Penis, der schon fest und groß war seit der Sekunde, da du dich zu deiner nackten Schwester legtest. Das war zu viel für dich, diese Einführung in die Wunder der weiblichen Anatomie ließ deine Dämme brechen, und ohne dass Gwyn irgendetwas dazu tat, hattest du die erste Ejakulation dieser Nacht und entludst dich in wilden, krampfhaften Stößen auf ihren Bauch. Deine Verlegenheit währte zum Glück nicht lange, denn noch während die Säfte aus dir hervorschossen, begann Gwyn zu lachen, und um deine Leistung gebührend zu würdigen, rieb sie sich fröhlich mit der Hand über den Bauch.
    Es ging stundenlang weiter. Ihr beide wart so jung und unerfahren, so aufgeladen und unermüdlich, so versessen in eurer Gier, und da ihr euch versprochen hattet, dass es bei diesem

Weitere Kostenlose Bücher