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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Reliefs verziert waren, öffnete sich ein neuer Pfad, bog dann scharf nach Osten ab. Zerborstene Steinstufen führten auf eine hohe Plattform, auf der sich die Reste des eigentlichen Tempels erhoben.
    In das Innere führten drei quadratische Tore, durch geschmückte Steinpfeiler voneinander getrennt. Der Tempelraum selbst war in sich zusammengebrochen. Soweit die Mauern noch standen, waren sie mit dunkelbraunen Mosaikreliefs auf hellbraunem Grunde geschmückt. In der Mitte der Anlage ein altarartiges Gebilde, von allen Seiten behauen, die glatten Flächen über und über mit Hieroglyphen bedeckt.
    Die tausendjährige Schrift - was mochte sie bedeuten? Da klang hinter Arvelin die monotone Stimme des alten Indianers. Er erzählte von dem großen Schöpfer.
    Arvelin schüttelte ungläubig den Kopf. »Du verstehst diese Zeichen zu deuten?«
    »Cihuaca heiße ich«, fiel der Indio ihm ins Wort, richtete sich stolz auf. »Cihuacas Ahnen waren einst, als die Caraiben noch ein glückliches, mächtiges Volk waren, Könige in diesem Lande.«
    Arvelin reichte dem Indio die Hand, sprach ein paar Worte, die der Alte ersichtlich mit großer Befriedigung aufnahm.
    Der wandte sich jetzt, führte Arvelin um den Tempelbau herum, zeigte ihm unterirdische Gänge, wunderliche Bilder, riesige Monolithen, die umgestürzt im Grase lagen. Jetzt waren sie zu der Stelle zurückgekommen, von der sie die Wanderung begannen. Arvelin drückte dem Indio die Rechte zum Abschied.
    »Wo willst du hin?« fragte der.
    »Nach San Fernando.«
    Der Häuptling deutete auf die Sonne, die sich dem Zenit näherte. »Nicht jetzt reiten, alter Mann! Die Sonne sendet glühende Pfeile. Bleibe hier im schattigen Wald, bis Abendkühle kommt! In Cihuacas Hütte magst du rasten.«
    Gern ergriff Arvelin die Gelegenheit, einen Blick in das Leben dieser Indianer zu tun. Vor einem etwas größeren Bau in der Dorfmitte hielt der Alte an. Bei ihrem Nahen hatte sich eine weibliche Gestalt von einer Bank erhoben, wollte ins Haus treten, blieb auf einen Wink Cihuacas sitzen.
    »Eine weiße junge Dame?« murmelte Arvelin vor sich hin.
    Pferdegetrappel hinter ihm riß ihn aus seinen Gedanken. Ein indianischer Jüngling jagte an ihnen vorbei, brachte sein Pferd vor der Hütte zum Stehen und überreichte der jungen Weißen ein Körbchen. Er redete in seiner Sprache mit ihr.
    Arvelin beschleunigte die Schritte. Wer war diese Weiße?
    Nur wenige Schritte trennten ihn noch von der Fremden, da sah er sie während des Gesprächs mit dem jungen Indio plötzlich erbleichen. Hastige, überstürzte Worte kamen aus ihrem Munde.
    Arvelin zuckte unwillkürlich zusammen: Winterloo? Ganz deutlich vernahm er den Namen.
    Alle Rücksicht vergessend, eilte er auf die Sprechenden zu.
    Cihuaca sprach ein paar indianische Worte zu dem Jüngling. Der begann stotternd seinen Bericht zu wiederholen.
    Als der Name »Winterloo« fiel, unterbrach Arvelin mit heiserer Stimme den heftig Gestikulierenden. »Sprichst du wahr? Hauptmann Winterloo, der Sohn der Witwe in La Cima, soll als Spion erschossen werden?«
    Der Indio nickte. »Heute noch, ehe die Sonne untergeht!«
    Arvelin trat ganz nahe an die Weiße heran. »Sie kennen Hauptmann Winterloo, meine Dame? Ich heiße Doktor Arvelin, kam aus Europa hierher zu dem Zweck, Oswald Winterloo zu suchen. Was ich da eben hörte - ist es wahr?«
    Bei dem Namen Arvelin war ein Freudenschein über das Gesicht des Mädchens geglitten. »Ich bin Edna Wildrake. Mein Bruder und Mr. Droste erzählten mir viel von Ihnen. Doch Winterloo, was wollen Sie von ihm? Ist er etwa verwandt mit Ihrem Freund, dem Freiherrn Winterloo in Deutschland?«
    Arvelin nickte hastig. »Er ist sein Erbe. Ich bin hier, um ihn zu holen.«
    Edna streckte ihm bittend beide Hände entgegen. »Die Deutschen sind gut Freund mit Venezuela. Eilen Sie nach San Fernando! Versuchen Sie alles - vielleicht gelingt es Ihnen - doch nein, Winterloo ist ja Brasilianer! Der Haß gegen die Brasilianer ist so groß. Er ist verloren, wenn nicht ein Wunder geschieht!«
    »Ein Wunder, Fräulein Wildrake, nur könnte ihn retten? Vielleicht, daß Gott mir beisteht!«
    Bei den letzten Worten hatte sich Arvelin schon gewandt, sprang ohne Gruß aufs Pferd, jagte dem Ausgang des Dorfes zu.
    *
    Schon seit zwei Tagen lag die »Susanna« im Hafen der Pirateninsel. Droste hatte angeordnet, daß ständig einer der drei Offiziere am Empfänger blieb, da ja Wildrake stündlich erwartet wurde.
    Droste saß mit Alvarez und Barradas

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