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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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die Binde von den Augen riß, ihn an der Hand nahm und mit ihm forteilte. Jetzt, nach dem Verlassen des Tores, mäßigte er die Schritte. Es war dieselbe Stimme, die im Gefängnishof zu ihm geklungen, die jetzt weitersprach.
    »Halten Sie sich hinter mir und haben Sie Vertrauen! Dann sind Sie gerettet!«
    Gerettet? Winterloo faßte sich an die Stirn.
    Das verworrene Geschrei am Außentor ließ ihn vorsichtig den Kopf wenden. Da standen ja Haufen von Soldaten ... und die erkannten ihn nicht?
    Und als habe sein Mentor diese Gedanken erraten, kam die Stimme warnend zurück. »Nicht stehenbleiben! Sonst sind Sie verloren.«
    Sie gingen weiter. Da - trotz allem, was schon geschehen, hielt Winterloo den Atem an: Um die Ecke der Mauer, auf die sie zuschritten, kam ein Schwarm Soldaten, die Gewehre schußbereit. Jetzt war alles verloren ... Doch nein: Sie liefen unter dem Kommando eines Offiziers einem Wäldchen zu, als wollten sie den Entwichenen dort suchen.
    Der Alte hatte haltgemacht, drückte sich enger an die Mauer. Auch Winterloo folgte seinem Beispiel. Nun waren die Soldaten fort, der Weg frei!
    Der Alte setzte sich aufs neue in Marsch. »Es ist gelungen, Herr Hauptmann! Bleiben Sie neben mir, und lassen Sie mich Ihren Arm nehmen! Doch hüten Sie sich zu sprechen, wenn Menschen in der Nähe sind.«
    Sie umwanderten die Stadt, kamen an einen Rancho, vor dem ein paar Pferde angebunden standen. Der Alte schien zu fühlen, wie schwer es Winterloo wurde, mit ihm Schritt zu halten. Die Aufregungen der letzten Tage, die unerklärlichen, rätselhaften Vorgänge der letzten Stunde hatten seine Kräfte erschöpft.
    »Raffen Sie sich zusammen! Steigen Sie auf dieses Pferd - ich nehme das andere!«
    Mit Mühe schwang sich Winterloo in den Sattel. Eine halbe Stunde später umfingen sie die dunklen Schatten des Waldes. Jetzt erst glaubte der Hauptmann sich in Sicherheit. Ein wohliges Gefühl durchrieselte ihn, stärkte seine Lebensgeister. Nicht länger konnte er seine Wißbegier zähmen.
    »Wer sind Sie, Señor?«
    Der Alte nickte ihm freundlich zu. »Ich bin Doktor Arvelin. Ich komme im Auftrage eines Mannes, der Ihnen wohlwill und mit dessen Schicksal das Ihre eng verbunden ist. Hier ist nicht der Ort, Ihnen das auseinanderzusetzen. Wir reiten jetzt zu einem Indianerdorf, wo Freunde sind. Auch Freunde von Ihnen, Herr Hauptmann!« Er sah den Verwunderten mit bedeutungsvollem Lächeln an. »Ich geleite Sie dorthin - verlasse Sie dann für einige Zeit, um mein Flugzeug hierherzuholen.«
    Die Nacht war herabgesunken, als sie das Indianerdorf erreichten.
    »Hier sind Sie in Sicherheit, Winterloo! Um keine Zeit zu verlieren, trenne ich mich schon jetzt von Ihnen. Reiten Sie bis zur Mitte des Dorfes und fragen Sie dort nach dem Hause des Häuptlings Cihuaca - oder auch fragen Sie nach Edna Wildrake!«
    *
    Im Konferenzsaal des Außenministeriums in Brasilia saß der Außenminister Torno mit Major Compra vom Kriegsministerium und William Hogan, dem großen Ölmagnaten, zusammen.
    »Ich stimme Ihrer Ansicht im Prinzip vollkommen zu.«
    Der Außenminister wandte sich an Hogan. »Venezuela und die übrigen unabhängigen Staaten Südamerikas bleiben kulturell immer weiter im Rückstand. Die ungeheuren Bodenschätze dort werden nur zum Bruchteil und unter größten Schwierigkeiten von ausländischen Unternehmern ausgenutzt. Als neue Mitglieder der Vereinigten Staaten von Brasilien würden diese Länder erst das werden, was sie nach ihren Naturschätzen sein müßten!«
    »Ich verstehe nicht, Señor Torno, wie Sie das aussprechen und trotzdem sich weigern können, diese günstige Gelegenheit zu benutzen, ein für allemal reinen Tisch zu machen.«
    Der Außenminister wiegte den Kopf. »So muß ich’s noch einmal wiederholen. Die Stimmung im übrigen Südamerika ist uns gegenüber mehr als feindselig. Überstürzen wir unser Programm, so riskieren wir wirtschaftliche Nackenschläge, die auf Jahrzehnte hinaus alle Vorteile, die Sie sich von einem radikalen Vorgehen versprechen, hinfällig machen. Außerdem ist da noch ein Punkt, die öffentliche Meinung der Welt.«
    Mit einem leichten Lächeln quittierte der Außenminister die wegwerfenden Gesten der beiden Starrköpfe. »Sie wissen, Señor Hogan, daß sich unsere Stellung als Weltgläubiger in den letzten Jahren immer mehr zugunsten der USA und Europas verschlechtert hat. Mehr als je reagieren die Weltbörsen auf die Volksstimmungen - eine Entwicklung, die niemand voraussah. Übertriebene

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