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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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des Bootes. Der war mit Waffen gespickt. An Bug und Heck je ein Fünfzehn-Zentimeter- Geschütz. Überall verteilt schwere und leichte Maschinengewehre.
    Wildrake schrak zusammen. Aus der Zentrale war ein Anruf von Droste gekommen: »Erwarte Befehl des Kapitäns.«
    Einen Augenblick mußte sich Wildrake besinnen. Dann klang seine scharfe Kommandostimme nach unten: »Fliegen!«
    Ein Beben ging durch den Leib des Bootes. Langsam setzte es sich in Fahrt, wurde schneller, schneller - hob vom Wasser ab, schraubte sich höher und höher. Jetzt das Meer frei unter ihm!
    »Ich sehe es nicht mehr!« rief Pablo, der Indianerjunge. »Es ist in den Wolken verschwunden, Dona Maria.«
    Da verlor sie den Rest ihrer Fassung. Schlang die Arme um den Jungen, drückte ihn an sich. »O Pablo! Wie bin ich glücklich!«
    »Nun, Herr Kapitän Wildrake, wie gefällt Ihnen die Jungfernfahrt unseres Schiffes? Haben Sie nun Vertrauen?«
    »Droste! Du! Verzeih mir, daß ich nur eine Minute zweifelte - an deiner Schöpfung! Freund, Bruder! Wie soll ich dich nennen? Dir aller Ruhm und Preis, wenn der Tag kommt, da Venezuelas Flagge wieder über dem geraubten Boden weht!«
    Wildrakes Rechte hob sich in die Höhe. »Bei Santa Maria, unserer Schutzheiligen, schwöre ich, daß ich nicht rasten will, bis >Venezuela libre<, der Name unseres Schiffes, über ganz Venezuela leuchtet!«
    Eine Zeitlang stand er so. Droste ergriff seine Hand. »Noch fehlt die zweite Probe, Wildrake. Das war nur das halbe Werk.«
    Der Freund, aus seinen Gedanken gerissen, wehrte ab. »Jetzt habe ich keine Zweifel mehr! Doch - natürlich, machen wir auch die andere Probe!«
    Droste ging zurück zur Zentrale. Das Schiff, das bisher unbeweglich in der Luft gestanden, senkte sich im Gleitflug. Schon lag die im Sonnenschein glitzernde Wasserfläche wieder hell vor ihren Augen.
    Wildrake kommandierte: »Klar zum Tauchen!«
    Alvarez und Calleja hasteten zu den Luken. Gleichzeitig glitten die Geschütze und Gewehre in den Schiffsleib.
    »Deck klar!« Kaum hundert Meter noch trennten das Fahrzeug von der Meeresoberfläche, da wichen die breit ausladenden Flügel zurück, preßten sich auf den Bootsrücken.
    Und nun schoß der Bug ins Wasser. Klatschend schlugen die Wellen über dem Heck zusammen. Ein neues Kommando Wildrakes. Das Tiefensteuer wirkte. Das Boot glitt sechzig Meter unter der Meeresoberfläche weiter.
    Doch nur eine kleine Weile, dann neue Befehle. Das Boot schoß zur Oberfläche, sprang wie ein Hecht aus der Flut. Die Flügel breiteten sich. Ein paarmal noch klatschte das Boot auf die Wasserfläche zurück. Dann, in immer größer werdenden Sprüngen, hob es sich in die Luft, stieg auf, senkte sich wieder, glitt in verzögerter Fahrt auf die Mangrovenbucht zu, hielt in langsamem Auslauf neben der »Susanna«.
    Sie gingen an Land. Da stand Maria, umarmte Droste, der als erster von Bord schritt!
    »Dank! Tausend Dank, Droste! Wie würde die Welt zu Ihnen aufschauen, wenn sie das gesehen! Und Sie geben alles hin - Ruhm, Ehre und Lohn, um uns zu helfen!«
    »Gott geb’s, daß der Tag nicht fern, wo Wahrheit wird, was der Name unseres Schiffes kündet!« sagte Droste.
    »Venezuela libre!« rief Maria mit heller Stimme, und die anderen fielen jubelnd ein.
    *
    Oswald Winterloo saß in seinem Büro in Rio de Janeiro. Die Nachrichten von Wildrakes Brief und Tat hatten ihn wie ein Donnerschlag getroffen. Es war klar, daß der Tollkühne sich damit außerhalb des Gesetzes stellte.
    Wildrakes Feind war Brasilien. Es erklärte ihn in Acht und Bann. Er, Winterloo, war brasilianischer Bürger. So durfte es für ihn keine andere Auffassung geben als die seiner Regierung.
    Edna? Immer tiefer die Schlucht, die ihn von ihr trennte. Mußte er nicht nach Pflicht und Ehre jedes wärmere Gefühl für sie unterdrücken?
    Ein Bote trat ein, brachte seine Privatpost. Obenauf ein amtliches Schreiben. Er öffnete es und las.
    Was war das? Wäre das möglich? Über ein Jahr war vergangen, daß Victoria und ihre Eltern den Tod gefunden. Und jetzt?
    Da fiel sein Blick auf ein Briefblatt, das als Anlage beigefügt war. Sein Herz stockte.
    Der Inhalt dieser Zeilen - deutlich erinnerte er sich daran. War’s doch der letzte Brief gewesen, den er an Victoria Tejo geschrieben hatte! Das Blatt, eine amtliche Kopie, brachte wortgetreu den Text.
    Er sprang auf, ging im Zimmer auf und ab. Solch merkwürdige Verkettung von Umständen! Und die Erklärung erst jetzt! Mit Mühe gelang es ihm, sich zu sammeln.

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