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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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nicht mehr lange durch. Es hört sich jetzt vielleicht grausam an, aber ich denke gerade in letzter Zeit immer öfter daran, dass es besser wäre, wenn sie … « Butcher stockte, blickte zu Boden und presste die Lippen zusammen. Carina setzte sich zu ihm auf das Sofa und legte mitfühlend einen Arm um seine breite Schulter.
    » Ich kann dich verstehen. Wie gesagt, wenn du Hilfe brauchst, ich bin da. «
    » Wechseln wir lieber das Thema, das nimmt mich alles zu sehr mit. Die letzten Jahre waren wirklich nicht einfach. Und jetzt hast du hier auch noch einen Bullen, der kurz davor ist zu heulen. Kommt auch nicht gerade gut an. «
    » Quatsch! «, sagte sie und strich ihm sanft über den Rücken. »Du bist eben ein sensibler Mensch, das hab ich gleich vom ersten Moment an gespürt. Allein, wie du mit Jule umgegangen bist. Als wenn du selber Kinder hättest. Sie schwärmt total von dir und fragt mich andauernd, wann du wiederkommst. Und was hast du ihr erzählt, wo du wohnst? In Taka-Tuka-Stadt? «, sagte sie lachend. » Sie hat mich gefragt, Mama, wo ist das, und ich musste mir eine wirklich abenteuerliche Geschichte einfallen lassen. Hast wohl früher zu viel Pippi Langstrumpf gelesen, was? «
    » Nein, das nicht, aber es macht mir halt Spaß, mit Kindern rumzualbern. Ich hätte gerne welche. Leider hat es nicht sollen sein. «
    » Du bist doch noch jung «, erwiderte sie. » Und ich wollte eigentlich auch mehr als eins haben. Mindestens zwei, am liebsten drei. Mal schauen, was die Zukunft bringt. «
    » Hm, mal schauen «, sagte er und fuhr sich übers Gesicht. » Es wäre schon schön, nicht mehr allein zu sein, sondern stattdessen im Haus das Gequake von den Gören zu hören. Reimt sich sogar. «
    » Das wird schon noch «, entgegnete sie und schenkte Tee nach, stellte die Kanne wieder auf das Stövchen, ließ sich zurückfallen, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Butcher betrachtete sie und verspürte, je länger er hier und vor allem in ihrer unmittelbaren Nähe war, das unstillbare Verlangen, mit ihr zu schlafen. Sie war die Frau, von der er schon in seiner Jugend geträumt hatte, nur leider war er ihr zu spät begegnet. Und er wusste, dass auch sie mit ihm schlafen wollte. Sie sandte Signale aus, die er empfing und nur zu gut verstand. Wie etwa durch ihre Kleidung mit dieser dünnen schwarzen Bluse und der hautengen Jeans, ihrem unaufdringlichen Parfum (nicht so ein süßliches, ekelhaftes Zeug, wie die Kaiser es benutzt hatte), das den Duft der Kerzen überdeckte, sobald sie ihm nahe kam. Oder wie sie ihn immer wieder be rührte, als wollte sie damit sagen, komm, ich will dich, ich will alles von dir. Oder wenn sie ihn ansah mit diesem unwiderstehlichen Blick, wenn er in ihre Augen eintauchte wie in einen Ozean und meinte, auf den Grund ihrer Seele sehen zu können. Aber am meisten war es der warme, sanfte Klang ihrer Stimme, der ihn so faszinierte. Noch nie hatte er eine solche Stimme gehört. Sie schmeichelte seinen Ohren und ließ gleichzeitig alles in ihm vibrieren. Carina war die Frau, nach der er sich immer gesehnt hatte und die er doch nie bekommen würde. Das Leben hatte etwas anderes mit ihm vorgehabt, etwas Schlimmes, Furchtbares, es hatte ihn zu einem Monster werden lassen, ohne dass er es wollte. Aber da war diese Wut, diese gewaltige, unbändige Wut, die er schon als Kind in sich hatte und die sich mit jedem Jahr steigerte. Und was er auch tat, er vermochte sie nicht zu unterdrücken oder zu besiegen. Er wusste, was schief gelaufen war, und er hätte jetzt, in diesem Augenblick, alles dafür gegeben, die Zeit um zwanzig Jahre zurückdrehen zu können. Mindestens zwanzig Jahre.
    » Woran denkst du? «, fragte Carina, ohne die Augen zu öffnen, und suchte seine Hand.
    » An dich. Du bist schön. « Er sagte ihr etwas, das er noch keiner Frau zuvor gesagt hatte, nicht einmal Monika. Er hatte es nie geschafft, dies über die Lippen zu bringen. Ein Mann hatte sich zu beherrschen. Er erinnerte sich, wie sein Vater, als er noch klein war, einmal diese Worte zu seiner Mutter gesagt hatte – du bist schön – und sie daraufhin geantwortet hatte, er solle nicht so einen Unsinn reden, das sei Kindergeschwätz und albern. Und nun sprach Butcher diese Worte, und ein Lächeln huschte über Carinas Gesicht .
    » Meinst du das ernst? «, fragte sie .
    » Würd ich es sonst sagen? «
    » Weißt du eigentlich, dass mir das noch nie jemand gesagt hat? Meine Eltern schon, aber das ist nicht das

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