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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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ich kann nicht mehr klar denken, der Tag war mir einfach zu viel. Wir Bullen sind eben auch nur Menschen. Was jetzt, Pizza oder belegte Brote? «
    » Pizza oder belegte Brote «, antwortete Henning grinsend. »Ich überlass dir die Entscheidung.«
    »Sag mal, seid ihr Männer eigentlich alle so? Ich meine, müsst ihr die Entscheidungen immer uns armen Frauen überlassen? «
    » Scheint so. Wir jagen, und wir sammeln, und ihr seid für alle s a ndere zuständig. Kinder kriegen und erziehen, das Haus in Ordnung halten, Wäsche waschen … «
    Santos boxte ihn leicht in die Seite und schüttelte den Kopf .
    » Typisch Mann. Ich hab ’ s doch immer gewusst, du unterscheidest dich kein bisschen von den andern «, erwiderte sie mit sanftem Spott.
    » Hab ich das je behauptet? «, fragte er mit einem noch breiteren Grinsen.
    » Nee, aber ich hatte es gedacht. So werden Illusionen zerstört. «
    Henning hörte sehr wohl den Unterton in ihrer Stimme und zuckte zusammen. Er hatte es schon am Samstag gemerkt und auch am Sonntag, doch er hatte diesen Gedanken einfach verdrängt, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass eine Frau wie Lisa auch nur das geringste Interesse an ihm zeigen könnte. Ihm, einem Loser und Versager, einem, der sein Leben in den Sand gesetzt hatte, der für mehrere Jahre in einem riesigen See aus Selbstmitleid beinahe ertrunken wäre. Aber jetzt war da dieser Unterton, den er sehr wohl zu deuten wusste. Und er kapierte ebenso schlagartig, warum sie sich bei Harms so sehr für ihn stark gemacht hatte, warum sie so oft in sein Büro kam, als er sich noch hinter Akten verkroch und mit dem Rest der Truppe nichts zu tun haben wollte, und sich für ein paar Minuten zu ihm setzte und sich mit ihm unterhielt. Und ihm fiel auf, dass sie dieses Interesse schon ansatzweise gezeigt hatte, als er noch verheiratet gewesen war, auch wenn sie sich damals sehr dezent zurückgehalten hatte, denn Lisa gehörte nicht zu den Frauen, die einfach wie ein Dieb in der Nacht in eine Ehe einbrachen und sich holten, was ihnen ihrer Meinung nach zustand. Selbst jetzt hielt sie noch Distanz, auch wenn der Abstand zwischen ihnen immer geringer wurde .
    Natürlich gefiel sie ihm, sie war hübsch, hatte Temperamen t u nd war intelligent. Und sie hatte ihm auch schon gefallen, als sie gerade von der Polizeischule zu ihm in die Abteilung gekommen war. Und er mochte ihre Stimme und wenn ihre Augen wütend funkelten. Er warf, während sie an einer Ampel standen, einen verstohlenen Blick zur Seite, sah kurz auf ihre Hände und die Beine, die von einer Jeans bedeckt waren. Er fragte sich, ob er schon für eine neue Beziehung bereit wäre, ob Lisa es überhaupt mit ihm aushalten würde. Sie hatte noch nie eine längere Beziehung gehabt, das hatte sie ihm am Freitag erzählt, als sie bei ihrer Schwester gewesen waren. Sie war jetzt fast fünfunddreißig, doch sie machte nicht den Eindruck, als würde sie in Torschlusspanik geraten, wie so viele Frauen, die in diesem Alter noch keinen Mann abbekommen hatten. Sie nahm das Leben locker und leicht, keine Spur von Bitterkeit oder Selbstmitleid. Sie hat mir eine Menge voraus, dachte er, als die Ampel auf Grün umsprang.
    » Um deine Illusionen nicht ganz zu zerstören, wir holen uns mal wieder Pizza. Bald haben wir sie so über, dass wir die nächsten zehn Jahre keine mehr anrühren. Und ich lade dich ein. «
    » Kommt gar nicht in Frage, du hast das jetzt schon zweimal gemacht und … «
    » Keine Widerrede. Du spendierst den Wein, ich die Pizza. Das nennt man gerechte Aufteilung. «
    » Es ist dein Geld. «
    » Genau. Außerdem hab ich mir vorgenommen, mit der Qualmerei aufzuhören, da spar ich wieder eine Menge. «
    Er hielt vor der Pizzeria, gab die Bestellung auf und wartete zehn Minuten im Wagen. Sie ist eine tolle Frau, dachte er noch einmal, wirklich eine tolle Frau.
    Sie unterhielten sich bis nach Mitternacht. Schließlich sagte Lisa, dass es an der Zeit sei, zu Bett zu gehen. Henning hatt e z wei Gläser Wein getrunken und fühlte eine bleierne Schwere in den Beinen. Er stand auf und wollte sich verabschieden, als sie wie beiläufig sagte: » Du kannst ruhig hier schlafen. «
    » Ich weiß nicht, ich … « Er druckste herum wie ein pubertierender Jüngling, der zum ersten Mal in seinem Leben vor der Frau seiner Träume stand und nicht wusste, wie er sich verhalten und vor allem, was er sagen sollte.
    » Wovor hast du Angst? «, fragte sie und sah ihn mit einem Blick an, dem er nicht

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