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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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auf den Rücksitz. Wie heißt du? «
    » Sabine. Und du? «
    » Nenn mich Butcher. «
    » Du fährst nach Flensburg? «
    » Hm. Muss aber vorher noch einen kleinen Abstecher machen, jemandem was vorbeibringen. «
    » Das kenn ich schon. Der, der mich vorhin mitgenomme n h at, musste auch über Eckernförde fahren «, sagte sie lachend. » Und jetzt hat er seine Tasche dort vergessen und musste umkehren, sonst hätte er mich bis nach Schleswig mitgenommen. «
    » Wo kommst du her? «, fragte er, den Blick stur und konzentriert geradeaus auf die nasse Straße gerichtet .
    » Aus der Nähe von Hannover. «
    » Hm. « Er bog bei Haddeby links ab, wo sich in etwa vierhundert Meter Entfernung ein großer Parkplatz befand, der in den Sommermonaten meist stark frequentiert war. Jetzt jedoch war kein Fahrzeug dort zu sehen .
    » Wo sind wir hier? «, fragte Sabine misstrauisch .
    » Wikingermuseum «, antwortete er nur, drehte eine Runde auf dem riesigen Parkplatz, der ringsum von blattlosen Bäumen, die wie Skelette wirkten, und leichten Hängen umgeben war, was jetzt zu dieser Jahreszeit und bei diesem Wetter die ganze Szenerie noch düsterer erscheinen ließ, als sie ohnehin schon war.
    Sabines Herzschlag beschleunigte sich. Sie fühlte sich unwohl, vor allem auch, weil Butcher mit einem Mal nichts mehr sagte und seine Miene einen dumpfen Ausdruck bekam. Sie wagte kaum zu atmen, stieß aber hervor, wobei ihre Stimme leicht schrill klang und das Lachen gekünstelt wirkte: » Wikingermuseum. Ist bestimmt toll dort, oder? Du warst doch bestimmt schon oft dort, oder? Oder?! «
    » Hm. «
    » Ist das jetzt offen? Ich hab mich schon immer für Geschichte interessiert, in der Schule ist das neben Deutsch mein Lieblingsfach. «
    Er reagierte nicht, er schien gar nicht wahrzunehmen, was Sabine sagte.
    » Interessierst du dich auch so für Geschichte? «, fuhr sie unbeirrt fort, in der Hoffnung, das, wovor sie sich am meiste n f ürchtete, würde nicht eintreten, während ihr Herz bis zum Hals klopfte. » He, sag schon, du auch? Ich meine Geschichte. « Und als er wieder nicht antwortete, sagte sie kehlig: »Warum halten wir hier?«
    Es war fünf vor acht, und kein Mensch weit und breit zu sehen. Kein Mensch, kein Haus, nicht einmal ein Tier. Dafür regnete es unaufhörlich in Strömen, der Wind heulte und drückte gegen das Auto.
    » Was willst du hier? «, fragte Sabine ängstlich, nachdem Butcher den Motor und das Licht an der dunkelsten Stelle des Parkplatzes ausgeschaltet hatte, wo das Fahrzeug mit der Umgebung praktisch verschmolz .
    » Ausziehen! « Er klang gefährlich ruhig.
    » Lass mich raus «, sagte Sabine mit heiserer Stimme. Ihre eben noch vorhandene unterschwellige Angst wandelte sich in Panik vor dem Mann mit den dunklen Augen, die nichts Freundliches mehr hatten, obwohl er sie kaum ansah, nur leicht von der Seite, während seine Finger das Lenkrad umklammerten.
    » Ausziehen! «, herrschte er sie diesmal schärfer an, ohne dabei zu laut zu werden.
    » Lass mich gehen, bitte «, flehte Sabine, deren Herz immer schneller raste.
    Er lockerte den Griff um das Lenkrad und wollte etwas aus dem Seitenfach ziehen, doch sie war schneller, stieß blitzschnell die Tür auf und ließ sich hinausfallen. Und dann rannte sie. Sie rannte und schrie, doch jeder Laut wurde von dem ihr entgegenschlagenden Wind verschluckt. Mit einem Mal spürte sie, wie etwas fast ihren Rücken zu zertrümmern schien. Sie verlor das Gleichgewicht und fiel mit dem Gesicht voran zu Boden. Als sie sich umdrehte, sah sie nur noch etwas Schwarzes auf sich zukommen, immer und immer wieder, bis sie die Besinnung verlor.
    Butcher schaute emotionslos auf sie hinab, auf den blutverschmierten Kopf, dessen Gesicht kaum noch zu erkennen war, die verdreckten Haare und das unnatürlich weit aufgerissene linke Auge, und sagte leise: » Dumm gelaufen. Wird wohl nichts mit Flensburg. «
    Er begab sich zurück zum Wagen, fuhr bis zu der Stelle, wo Sabine lag, hielt an, vergewisserte sich, dass er auch allein war, durchsuchte ihre Kleidung und ihr Gepäck, fand die neunhundert Mark und steckte sie zusammen mit einer weißen Tennissocke, die er ihr ausgezogen hatte, ein. Er fasste Sabine bei den Fußgelenken und schleifte sie zu einem nur wenige Meter entfernten Gebüsch, wobei ihr Kopf ein paarmal hin und her pendelte, wenn sie über Unebenheiten im Boden gezogen wurde. Die Reisetasche und den Rucksack warf er neben sie. Er nahm ein Messer und stach in beide Augen.

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