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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Zigarettenautomaten, an den Vater, der sich verspätet, den Bruder, der in einem Stau hängen bleibt, an die Mutter, die länger als erwartet beim Arzt ist. Ich brauche diese Antworten. All diese Zufälle können doch kein Zufall sein, oder? «
    » Mir kommt das ja auch unheimlich vor, aber ich kann mit Antworten leider nicht dienen «, sagte Santos. » Und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir jemals welche erhalten. «
    Sie nahmen denselben Weg zurück, den sie gekommen waren, obwohl sie auch durch Lübeck hätten fahren können, doch an der Stadtgrenze zu Lübeck befand sich ein Nadelöhr, das jeder umfuhr, der sich in der Gegend auskannte und nicht unbedingt in die Innenstadt musste.
    Santos schaute aus dem Seitenfenster, wo die Landschaft an ihr vorbeiflog. Eine lange Zeit wechselten sie kein Wort, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Erst kurz vor Kiel sagte Henning: » Ruf mal Volker an und sag ihm, dass wir uns in einer Stunde im Präsidium treffen. Vorher gehen wir noch was essen. Und diesmal lade ich dich ein. «
    » Kommt gar nicht in Frage. «
    » Das werden wir ja sehen «, sagte er grinsend, während Santos Harms anrief.

 
    SONNTAG, 17.30 UHR
     
    D er Regen hatte aufgehört – wie lange, das wusste wohl keiner –, die Wolkendecke war an vielen Stellen aufgerissen, die Sonne bahnte sich einen Weg zur Erde, und sollte der Wetterbericht ausnahmsweise einmal Recht behalten, so würden die nächsten Tage schöner und auch wärmer werden. Henning und Santos waren in einem italienischen Restaurant gewesen und hatten noch einmal den Besuch bei den Schöffers Revue passieren lassen. » Ist schon merkwürdig «, sagte Santos mitten im Gespräch, » diese Leute haben alles, was man zum Leben braucht, das Einzige, was ihnen verwehrt bleibt, sind eigene Kinder. Sie adoptieren eins und kriegen einen kleinen Satansbraten. Ich finde die beiden nett und frag mich, womit sie das verdient haben.«
    »Meine Mutter hat immer gesagt, jeder bekommt das, was er verdient«, entgegnete Henning lapidar, wobei Santos nie genau wusste, ob er es scherzhaft oder ironisch meinte .
    » Haben sie es verdient? «, hakte sie nach .
    » Blödsinn. Meine Mutter hat ihr Leben lang immer solche Sprüche von sich gegeben. Ich weiß auch nicht, warum. Genauso könnte ich fragen, womit ich es verdient habe, dass ich einen Unschuldigen in den Knast gebracht habe. Oder andersrum, womit hat er es verdient, wo er doch nachweislich ein unbescholtener Bürger war? Warum musste er sterben, und warum habe ich nicht auf meine innere Stimme gehört, die mir gesagt hat, er war es nicht? Auch darauf werde ich nie eine Antwort bekommen. «
    Santos hatte aufmerksam zugehört, nippte an ihrem Wein, behielt das Glas in den Händen und sagte: » Das hör ich zum ersten Mal, das mit deiner inneren Stimme. War es wirklich so? «
    Henning seufzte auf und erwiderte: » Ob du ’ s glaubst oder nicht, es war so. Ich hab nur gedacht, ich müsste mich unbedingt auf meinen Verstand verlassen. Ich habe vorher nie falsch damit gelegen, und doch war da dieses Gefühl, das mir sagte, er war ’ s nicht. Aber ich habe mein Leben lang immer verstandesmäßig gehandelt, warum sollte ich es also in diesem Fall nicht tun? Was bringt man uns denn auf der Polizeischule bei? Fakten sammeln, sie zu einem Bild zusammenfügen und die Schlinge um den Verdächtigen immer enger ziehen. Wir hatten Fakten ohne Ende, wir hatten ein Bild und waren … «
    » Du hattest ein Bild, ich meine Zweifel, und das weißt du auch. «
    » Gut, ich hatte ein Bild, und ich war überzeugt, dass Nissen allein durch seine Vorstrafe als Einziger für den Mord in Frage kommt. Dazu die ganzen andern Teilchen, wie zum Beispiel die psychologischen Gutachten, dass er seiner Frau nie etwas von seiner Vorstrafe erzählt hatte, sein Sperma, das Geld, das er angeblich Sabine gegeben hat, was wir aber nicht gefunde n h aben, dazu noch die Rückendeckung durch Harms … Tja, damit war das Bild für mich komplett. Er war für mich ein kaltblütiger Mörder, der im Verhör perfekt geschauspielert hat, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, die ich immer fester um seinen Hals gezogen habe. Aber etwas in mir drin hat trotzdem die ganze Zeit gesagt, lass ihn gehen. Und das Letzte, woran ich geglaubt habe, waren diese unerklärlichen Zufälle. Das waren mir einfach zu viele. Aber jetzt weiß ich, dass es diese Zufälle gibt, nur leider zu spät. «
    » Und wenn es so kommen musste? Ich meine, wenn genau das

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