Unsortiertes
werden.“
Panik überfiel mich! Ich zuckte zusammen, mir blieb der Bissen im Hals
stecken. Ein Schauer nach dem anderen lief mir den Rücken herunter. Unsere
Beziehung würde also spätestens mit dem Stapellauf dieses Kahns enden. Ich war
verzweifelt: Mit Jacob hatte ich endlich jemanden gefunden, mit dem ich mich
verstand, bei dem ich mich geborgen fühlte, mit dem ich einschlafen und wieder
aufwachen wollte, aber … das Ende war also absehbar. Mist! Warum hatte ich nie
Glück?
"Dein Schiff?“ Ich schaute ihn fragend an. „Du bist also der
Kapitän?"
Er schüttelte den Kopf. "Nein, ich werde der Club-Direktor, … man
könnte auch Hotelchef sagen."
"Wenn ich mit dir zusammen bleiben möchte, müsste ich anheuern und
für die Passagiere kochen?"
Er blickte mich mit großen Augen an. "Du möchtest mit mir zusammen
bleiben?"
"Ja, das möchte ich!“ Ich machte mich ganz klein. „Denn ich … ich
habe … verdammt! Ich liebe dich!“
„Darf ich das noch einmal hören?“ Ein breites Grinsen lag auf seinem
Gesicht.
Ich war auf 180. „Ich habe mich in dich verliebt! Ich will nicht mehr
ohne dich sein und wenn du auf dieses Schiff gehen wirst, dann muss ich ja wohl
oder übel mitgehen und in der Kombüse arbeiten, nur um mit dir zusammen sein zu
können. Hast du das jetzt verstanden?“
Er lachte. „Habe ich! Aber du wirst nicht in irgendeiner Kombüse
arbeiten, mein lieber Jannis!“
Was war das denn? Mochte er mich nicht? War mein Liebesgeständnis für
die Katz? „Warum?“
„Du wirst eher Assistent des Küchenleiters, denn… “ Er lachte mich an.
„… denn der hat, wie ich, eher geregelte Arbeitszeiten! Ich will meinen Schatz
nicht mit den Gästen teilen müssen und das müsste ich, wenn du als einfacher
Koch …“
Moment? Was hatte er gerade gesagt? „Äh? Du willst mich?“
„Was denn sonst? Das Gefühl, lieber Jannis, dass du hast, beruht
nämlich auf Gegenseitigkeit, auch ich bin in dich verschossen.“ Er griff meine
Hand. „Ich liebe dich, du behaarter Grieche! Und jetzt frage ich dich zum
ersten und zum letzten Mal: Willst du mit mir auf mein Schiff?“
Seit September steht als Berufsbezeichnung auf meiner Visitenkarte
‚Assistent Food & Beverage Manager‘, ich bin verantwortlich für Einkauf und
Personalplanung der Küchen auf dem Clubschiff. Planung und Gestaltung unserer
Kabine übernahm ich, denn Jacob ist alles, aber kein Innenarchitekt, der ein
gemütliches Heim, sei es auch eins auf hoher See, schaffen konnte.
An & An
Die Tagesschau hatte gerade begonnen, als das Telefon klingelte. Wo –
verdammt noch mal – lag das schnurlose Teil schon wieder? Mein Gehörsinn
funktionierte und ich orientierte mich bei der Suche an der Lautstärke der
Melodie, dem Bolero von Ravel. Die Lärmquelle fand ich schlussendlich unter der
Tageszeitung auf dem Wohnzimmertisch. Ich drückte die grüne Taste. „Van Drees.“
„Hier auch!“ Meine Mutter war am Apparat. „Das hat aber lange
gedauert!“
Ich verdrehte die Augen. „Mutterherz? Ich musste das Telefon erst
suchen. Was gibt es denn?“
„Ich wollte nur hören, wie es meinem kleinen Jungen geht!“ Sie giggelte
in den Hörer.
Mit 39 bin ich immer noch ihr kleiner Junge, ich konnte nur stöhnen.
„Deinem Jüngsten geht es gut, danke der Nachfrage. Was gibt es bei euch Neues?“
„Wir waren heute in Passau, dein Vater ist sogar mit in ein Orgelkonzert
gekommen.“
Mein Alter Herr in einem Konzert? Sollte ein Wunder geschehen sein? „Du
nimmst mich doch jetzt auf den Arm, oder? Lass mich raten: Es hat geregnet und
ihr hattet keinen Schirm dabei?“
Man konnte ihr Grummeln richtig hören. „Andreas! Man könnte meinen, du
wärst dabei gewesen!“
„Ich kenne noch meinen Vater.“ Diesmal lachte ich.
„Morgen fahren wir noch einmal in die Tschechei, wir bringen dir auch
Zigaretten mit.“ Sie lachte. „Ich wollte eigentlich nur wissen, ob Post
angekommen ist?“
„Die Kirchenzeitung war im Briefkasten und die Einladung zur
Mitgliederversammlung der Volksbank. Alles andere war für die Firma.“ Ich
überlegte kurz. „Ach ja, der alte Kappenberg ist gestorben. Maria hat ihn heute
Morgen tot in seinem Bett gefunden, die Beerdigung dürfte Montag sein.“
Geschockt wirkte meine Mutter nicht, schließlich war der Nachbar meiner
Eltern im gesegneten Alter von 91 Jahren sanft entschlafen. „Bis dahin sind wir
ja
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