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Unsterbliche Bande

Unsterbliche Bande

Titel: Unsterbliche Bande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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gewirkt. Ein Jahr lang hatte Rule immer wieder Albträume davon gehabt.
    Wenn die Verfehlung so schwerwiegend war, dass eine Woche des Gemiedenwerdens sie nicht sühnen konnte, dann lautete die Strafe Tod oder Ausschluss aus dem Clan. Von diesen beiden Bestrafungen war der Tod in den Augen eines Lupus gnädiger, aber beides kam äußerst selten vor. Zu Rules Lebzeiten hatte sein Vater den Tod von zwei Nokolai-Lupi wegen schwerer Vergehen angeordnet, doch verbannt worden war noch kein Lupus.
    Aber fünf weibliche Clanmitglieder.
    Eine war eine Diebin gewesen. Sie hatte den Clan bestohlen. Zwei waren einfach Unruhestifterinnen und Lügnerinnen gewesen, die alle um sich herum immer wieder aufgehetzt hatten. Eine andere hätte beinahe aus einer Mischung aus Ungehorsam, Arroganz und Dummheit den Tod zweier Kinder verschuldet. Alle vier waren an einen Ort ihrer Wahl gebracht worden, mit mehreren Tausend Dollar ausgestattet, und durften dann nie wieder mit den Nokolai in Verbindung treten.
    Die Fünfte hatte den qualvollen Tod eines Nokolai-Lupus aus kleinlicher Rachsucht verursacht.
    Vor zweiundzwanzig Jahren galt in Nevada, Texas, Georgia und Mississippi noch ein gesetzlicher Abschussbefehl für Lupi in Wolfsgestalt, auch wenn bereits gerichtlich dagegen vorgegangen wurde.
    In den meisten anderen Staaten war es gesetzlich vorgeschrieben, Lupi in beiden Gestalten einzubuchten, aber nur so lange, bis sie den Feds übergeben werden konnten. Die Bundesregierung verfolgte mit Begeisterung eine »humanere« Politik, wenn es um Rules Volk ging: Man fing sie ein, verpasste ihnen ein Brandzeichen, gab ihnen Gado und gestattete ihnen dann, in ihr »normales« Leben zurückzukehren.
    Gado schwächte Lupi, es raubte ihnen die Kraft und blockierte die Selbstheilung. Außerdem bewirkte es, dass sie das Lied des Mondes nicht mehr hören konnten, und verhinderte so den Wandel. Wenn Lupi sich über einen zu langen Zeitraum nicht wandeln konnten, wurden sie wahnsinnig. Jeder Lupus reagierte anders auf die Droge, bei einigen wenigen wirkte eine einzige Dosis einen ganzen Monat lang.
    Sheila war sauer auf Carlos, ihren Clanmann und früheren Geliebten, gewesen und hatte ihn an die Feds verraten. Er wurde gefasst, gebrandmarkt und bekam die Droge verabreicht. Die Nokolai fanden Carlos, nachdem die Feds ihn freigelassen hatten, und versteckten ihn. Damals war das gar nicht so einfach gewesen, denn das Brandzeichen auf der Stirn heilte erst, wenn das Gado abgebaut war, und das MCD behielt die gezeichneten Lupi genau im Auge, in der Hoffnung, dadurch noch weitere zu fassen.
    Es hatte nicht geholfen. Vier Monate später konnte Carlos immer noch nicht wieder das Lied des Mondes hören. Er beging Suizid.
    Da war Sheila schon nicht mehr da.
    Isen konnte nicht zulassen, dass sie ein solches Verbrechen noch einmal beging. Sie hätte sich möglicherweise noch an vielen anderen gerächt, indem sie sie an die Behörden verriet, bis hin zu Isen selbst. Sie hatte bereits bewiesen, dass sie dazu imstande war. Also hatte er sie heimlich nach Kuba bringen lassen, wo man ihr fünfhundert Dollar in der dortigen Währung in die Hand gedrückt und sie ihrem Schicksal überlassen hatte.
    An Sheila dachte Rule nun, als er neben Isen stand und zusah, wie sich der Clan gehorsam vor seinem Rho versammelte. Hätte ein Lupus das getan, was Sheila getan hatte, wäre er sofort hingerichtet worden. Aber sein Volk vergriff sich nicht an Frauen. Niemals.
    Mit einer Ausnahme.
    Die Dame verstand ihr Volk. Sie hatte ihnen nie aufgetragen, Frauen zu beschützen, genauso wenig wie sie sie angewiesen hatte, ihre Kinder zu lieben, ihre Feinde zu bekämpfen oder das Glück, auf vier Pfoten durch die Wälder zu jagen, zu genießen. Diese Dinge taten sie, weil sie so waren, wie sie sie erschaffen hatte. Weil sie das wusste, lautete eines der wenigen Gesetze, die sie ihnen mitgegeben hatte, dass jedes Clanmitglied, das willentlich und wissentlich der Erzfeindin in die Hände arbeitete, hingerichtet werden musste. Jedes Clanmitglied, egal ob männlich oder weiblich.
    Die Gesetze der Dame mussten befolgt werden. Isen hatte keine Wahl. Und Rule auch nicht.
    Was heute Nacht geschehen würde, hing von vielem ab. Es war möglich, dass ein männliches Clanmitglied Einzelheiten über Cullens Werkstatt verraten hatte, aber sehr viel wahrscheinlicher war es, dass es eine Frau gewesen war. Aber wem gegenüber? Was waren ihre Motive? Unbedachte Plapperei nützte vielleicht dem Feind, aber Dummheit

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