Unsterbliche Bande
der Laban ist gerade im Hotel angekommen und hat uns gesucht. Er hat einen seiner Räte mitgebracht, der als Zeuge fungieren soll.«
»Zeuge wofür?«
»Isen hat ihm gesagt, dass ich im Namen der Nokolai seine Unterwerfung annehme.«
»Geht das denn?«
»Oh ja. In der Vergangenheit wurde das schon so gehandhabt, wenn die Umstände die übliche Zeremonie unter Zeugen nicht zuließen.« Er warf einen Blick auf Scotts Hinterkopf.
Lily verstand, dass sie nicht fragen sollte, was in aller Welt Isen vorhatte, nicht in Scotts Hörweite. Das tat sie auch nicht, trotz ihrer Verwunderung.
Schließlich kamen sie in eine Straße in einer Gegend, die so ganz anders war als diejenigen, in denen sie mit Cody gewesen war. Dies war eine ältere Gegend, wobei alt gleich teuer bedeutete, die Sorte, wo die Leute auf Parkraum zugunsten von Charme und historischen Details verzichteten. Die Autos standen Stoßstange an Stoßstange am Straßenrand. Scott hatte Glück und fand eine Lücke zweieinhalb Blocks von ihrem Ziel entfernt.
Es war fast zwölf Grad kälter als in San Diego. Lily war froh um ihre Jacke und den strammen Spaziergang, der ihr Blut in Bewegung brachte. Rule merkte es vermutlich gar nicht. Er war nachdenklich, so könnte man sagen. Oder auch: Er war still. Besorgt, würde wohl auch passen, dachte sie, auch wenn er es selbst vielleicht nicht wusste.
An der nächsten Ecke vor dem Haus, in dem Machek wohnte, blieben sie stehen. Hohe, schmale viktorianische Häuser drängten sich dicht an dicht entlang des Gehwegs auf der gegenüberliegenden Seite der Straße. Auf ihrer Seite hatten die Häuser einen anderen Stil, und abgesehen von Anstrich und Gartengestaltung, die die Besitzer für die handtuchgroßen Grünflächen vor dem Haus gewählt hatten, sahen sie alle gleich aus. Jedes besaß eine Einzelgarage auf Straßenhöhe, flankiert von einer langen Treppe, die hoch zum Eingang im ersten Geschoss führte und jemanden, der unter Klaustrophobie litt, nervös machen musste, dachte sie mit einem Blick auf Rule, denn sie war zu beiden Seiten von Wänden umschlossen. Über den Garagen befanden sich breite, vorspringende Bogenfenster. »Es ist das Blaue, in der Mitte der Straße, ja?«
»Ja.« Rule warf Scott einen Blick zu. »Sind alle auf ihren Posten?«
»Chris ist auf dem Dach«, sagte Scott. »Alan und Todd auf den angrenzenden Dächern. Der Rest patrouilliert.«
Das konnte Lily selbst sehen. Auf der Straßenseite gegenüber von Macheks Haus plauderten Barnaby und Steve miteinander. Sie hatten Joe dabei, der einen Laternenpfahl untersuchte. Joe trug ein Halsband und eine Leine und grüßte mit wedelndem Schwanz einen Deutschen Spitz, der kläffend an seiner Leine zog, aber Joe sah nicht wie ein Hund aus. Er sah aus wie ein Wolf, der versuchte, einen Hund zu spielen. »Glaubst du wirklich, dass niemand darauf kommt, was er ist?«
»Wir sind schon überall mit Joe Gassi gegangen«, sagte Scott. »Niemand hat je Verdacht geschöpft. Die Leute sehen, was sie zu sehen erwarten. Es hilft, dass Joes Wolf kleiner als die meisten ist.«
Klein für einen Lupus, ja. Oder für eine Deutsche Dogge. Aber immer noch größer als beinahe jeder andere Hund. Doch Scott schien recht zu behalten. Die Frau am anderen Ende der Leine des Spitzes schien mehr interessiert an Barnaby und Steve zu sein als an ihrem großen, aber wohlerzogenen Hund.
Okay, Zeit noch jemanden zu ihrem kleinen Trupp hinzuzuziehen. Lily holte tief Luft und gab sich einen Ruck. »Drummond.«
»Was zum Teufel – ist er hier?« Rule machte ein böses Gesicht.
»Jetzt ja.« Die nebulöse Gestalt vor ihr verdichtete sich langsam zu einem hoch aufgeschossenen Mann mit Geheimratsecken und frechem Grinsen.
»Was hast du gehört? Was weißt du?«
»Nicht viel.« Drummonds Mund bewegte sich, als würde er Worte formen. Sie versuchte einen Unterschied zwischen seiner Art zu sprechen und der Lebender festzustellen, doch ohne Erfolg. »Ich habe gehört, was ihr am Flughafen gesagt habt und im Flieger. Ihr wollt einen Deal mit jemandem namens Machek machen, aber es könnte sich um eine Falle handeln.«
Sie nickte. »Das reicht fürs Erste. Willst du mir immer noch helfen?«
»Lily«, sagte Rule, »das ist keine gute Idee.«
Sie sah ihn an. »Wenn Drummond noch für das gegnerische Team spielt und dies ein Hinterhalt ist, wird er uns entweder in die Falle tappen lassen, oder er versucht, sich unser Vertrauen zu erkaufen, indem er den anderen in den Rücken fällt. Im
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