Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
die in Ketten gelegten Hände und deutet auf mich.
„Alles ist ihre Schuld, sie hat mich mit ihrem Blut vergiftet und mich zu dem gemacht was ich bin.“ Justins Stimme wird lauter. „Sie hätte mich sterben lassen sollen, wie es im Plan des Lebens vorgesehen war. Stattdessen hat sie mich zu ihresgleichen gemacht, zu ihrem Gefährten. Gegen meinen Willen“, seine Stimme nimmt ein hohes Kreischen an – er blickt zu Alarich
„Ich war halbtot, ich wollte gehen, aber sie hat mich nicht gelassen. Dafür hat sie mich vergiftet – mich mit ihrem bösen Blut vergiftet – mich in ein verdammtes Monster verwa…“
Justins Blut spritzt im hohen Bogen durch die Luft, als das Schwert ihn trifft und ihm den Kopf abschlägt.
Das Publikum ist in heller Aufregung, fast jeder schnappt hörbar nach Luft. Tumult entsteht, alle reden durcheinander. Alarich schießt förmlich aus seinem Sessel hoch, sein Gesicht ist entsetzt. Solch eine Freveltat, in seinem Gericht, scheint es zu sagen.
Ansgar reißt die Augen weit auf und stößt ein „Nein“, aus.
Ich aber, reiße meine Arme in die Luft, werfe den Kopf in den Nacken und lasse das Schwert fallen – das Schwert auf dem Justins Blut klebt.
Ich habe ihn getötet – jetzt bin ich frei – nun bin ich erlöst. Alles, was ab jetzt mit mir geschieht, hat keinerlei Bedeutung mehr für mich, es kann nur besser sein.
Ich habe mich für eine Seite entschieden, ich habe auf mein Herz gehört – auf mein Herz, das in mir drin tatsächlich wieder pocht und schlägt. Ich habe es vollbracht.
Ich habe das Monster getötet.
Ich bin in einem kleinen Gefangenentrakt untergebracht, Einzelzelle, keine Fenster, nur die rauen Wände aus Steinen und eine Gittertür.
Sie hatten mich schnell überwältigt, ich leistete keine Gegenwehr. Das wäre auch nicht meine Absicht gewesen.
Ich füge mich dem Schicksal, egal, was es für mich bereithält.
Bis hierhin kann ich den Tumult im Gerichtssaal hören, alle reden durcheinander. Alarich muss mehrmals um Ruhe bitten, bevor sich die aufgebrachte Menge wieder beruhigt. Selbst dann sind immer noch vereinzelte Zwischenrufe zu hören. Plötzlich ist mir so, als vernehme ich Ansgars leise und feste Stimme, wie er zu Alarich spricht.
Armer Ansgar, denke ich bei mir, du hast so etwas nicht verdient, du hast mich nicht verdient. Es tut mir so leid, so unendlich leid. Aber ich musste mich für eine Seite entscheiden – in deinen Augen vielleicht die schlechte, in meinen die gute.
Die Türe zu dem Trakt geht auf und Ansgar steht vor dem Gitter, er sieht mich nicht an. Ein Wächter, schließt die Gittertür auf und tritt beiseite. „Zehn Minuten“, sagt er knapp zu Ansgar, der nickt nur.
Er wendet halb den Kopf und wartet, bis der Wächter uns verlassen hat – der hat die Türe offen gelassen – dann dreht er sich langsam in meine Richtung. Mir ist, als koste es ihn eine enorme Anstrengung.
Ich sitze auf der steinernen Pritsche und erwarte seinen feurigen, und wahrscheinlich durchbohrenden Blick.
Er sieht mich nicht an, er kneift einfach die Augen zu.
„Natascha, kannst du mir mal kurz erklären, was das eben sollte?“ Ansgar spricht langsam und gepresst.
Ich seufze und stehe auf. Ich habe keine Lust zu reden – mit ihm zu reden.
Ganz nah stelle ich mich an ihn heran, dann flüstere ich: „Beiß mich, dann weißt du es.“
Er reißt die Augen auf und ich stolpere erschrocken zwei Schritte zurück. Schwarz, denke ich, alles Schwarz.
Seine Augen sind nur noch schwarz, wie in Pech getaucht, ohne jeglichen Glanz, ohne pulsierenden Ring, nur diese Schwärze. Ich bin entsetzt, mehr als das, zutiefst berührt.
Ich hebe meine Hand, berühre ihn unter den Augen, an den Brauen und streichle seine Schläfe.
„Was ist passiert, was ist mit deinen Augen geschehen?“, flüstere ich, er sieht zur Seite. Ich suche seinen Blick, will ihn festnageln, möchte eine Antwort.
„Ansgar, was ist passiert, was hast du gemacht? Warum sehen deine Augen so aus?“, ich bin zu tiefst entsetzt.
„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet“, kommt es grimmig aus seinem Mund.
„Hattest du das geplant? War das der Grund, warum ich seit einer Woche nicht mehr deine Gedanken lesen durfte?“
Ich sehe mich kurz bei Josh im Badezimmer stehen und mein Schwert in die Rückenhalterung stecken. Nicht umsonst habe ich mir meinen langen Mantel angezogen, irgendwo musste ich es ja verbergen – Waffen sind im Gerichtssaal verboten.
„Nein, das war nicht der
Weitere Kostenlose Bücher