Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
Ansgar zwinkert kurz und antwortet ihm mit leiser Stimme:
„Es gibt kein verseuchtes Blut in ihr, sie ist nicht die Trägerin des bösen Blutes.“ Selbst ich kann sehen und spüren, dass er lügt.
„Aha.“ Alarich lehnt sich in seinem Sessel zurück, er sieht zufrieden aus.
Ich überlege, glaubt der hohe Rat ihm einfach unbesehen? Vertraut Alarich ihm so sehr?
Ansgar hat gelogen, den hohen Rat angelogen. Warum sagt er nicht die Wahrheit, warum lügt er – für mich.
Ich bin die Trägerin des bösen Blutes – gerade jetzt spüre ich es nur zu gewaltig.
„Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen, Natascha?“ Alarichs Stimme klingt schon fast gelangweilt.
„Nichts, es ist alles gesagt worden.“
Das Publikum, hinter mir, wird lauter, es flüstert jetzt sogar.
„Ruhe!“ Alarichs Befehl durchschneidet den Raum.
„Natascha, wir haben die Anklageschrift und den Bericht des Abgesandten gehört“, sagt Eleonore plötzlich eindringlich, „beide unterscheiden sich voneinander. Du musst dich verteidigen, du musst dich für eine Seite entscheiden.“ Ihre Stimme ist wie flüssiges Gold als sie zu mir spricht.
Für eine Seite entscheiden, denke ich flüchtig – das habe ich wohl schon.
„Es entspricht alles der Wahrheit. Ich habe die Clanmitglieder getötet, in einem fairen Kampf. Ich habe Frank, den Oberen des Clans kaltblütig ermordet. Er hätte sonst mich getötet. Und ich habe ein fremdes Halbblut verwandelt, obwohl ich die Konsequenzen dafür kenne – aus … Liebe. Er wäre gestorben – ich habe geglaubt das Richtige zu tun.“
Es herrscht Stille in dem großen Saal, niemand scheint auch nur zu atmen. Ansgars Augen sind größer geworden, das Feuer lodert in ihnen.
„Und … der Teil mit der Trägerin des bösen Blutes? Wie steht es da mit deiner Verteidigung?“ Alarich sieht mich durchdringend an.
Ich beiße mir auf die Unterlippe – für eine Seite entscheiden, für eine Seite entscheiden, klingt es immer wieder in mir drin.
„Dazu möchte ich mich nicht äußern, Herr.“
Wieder dieses Gemurmel hinter mir. Alarich schnappt nach Luft. Es dauert eine Sekunde, bis er sich wieder im Griff hat.
„Nun gut, so sei es. Wenden wir uns nun den Vernichtern zu. Eleonore, die Anklageschrift bitte.“
Eleonore erhebt sich erneut und verliest die Schandtaten der Mitglieder der Vernichter.
Ich höre nicht zu, ich blicke nach vorne und sehe wieder in Ansgars Augen. Warum blickt er mich so an, denke ich gereizt, er hat alles gewusst, wenn es einer wissen muss, dann er.
Er liebt dich, ich bin kurz erschrocken, war das Ansgars Stimme in meinem Kopf? Aber sogleich beruhige ich mich wieder. Nein, es war eine weibliche – sie klang nach mir selbst und auch wieder nicht .
Er liebt dich von ganzem Herzen – so sehr, das er alles für dich aufs Spiel setzen würde. Seinen Glauben, seine Ehre, seinen Kodex – Alles. Er würde auch für dich sterben.
Ich bin die Trägerin des bösen Blutes, er kann mich nicht lieben, in mir ist nur Schlechtes, antworte ich der Stimme, darum bin ich auch hier. Darum stehe ich hier und erwarte mein Ende.
Du wartest nicht auf dein Ende, du wartest auf die Erlösung. Es gibt aber keine Erlösung – nicht so. Du musst dich für eine Seite entscheiden. Du musst auf dein Herz hören.
Die Stimme – meine Stimme wird leiser . Horch, wie es schlägt, wie es pulsiert. Höre genau zu … dann …wirst du die … Antwort bald wissen …du wirst es wissen. Hör auf dein Herz ….
Die Stimme ist weg.
Auf mein Herz hören, denke ich genervt, wie es pulsiert und schlägt, so ein Quatsch, mein Herz schlägt schon lange nicht mehr – es ist tot – alles in mir ist tot.
Höre genau zu …dann wirst du es wissen. So leise wie ein Windhauch hat die Stimme erneut zu mir gesprochen. Ich beschließe sie zu ignorieren und mich auf den weiteren Verlauf der Verhandlung zu konzentrieren.
Alarich verhört gerade Dennis, der aber zu den Vorwürfen nichts wirklich Wichtiges zu sagen hat. Ich wage nicht, meinen Kopf zu wenden um die Beiden anzublicken, ich starre vor mich auf das Pult.
„Justin“, sagt gerade Alarich, „was ist deine Verteidigung?“
Ich presse die Lippen aufeinander – gleich werde ich sie wieder hören – seine Stimme – gleich.
Ich hole tief Luft und mache mich bereit.
„Ich habe zu meiner Verteidigung nur zu sagen“, ertönt Justins Stimme hell und klar durch den Saal, „dass es nicht meine Schuld war. Ich bin unschuldig. Sie war es“, damit hebt er
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