Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
einmal über mich gebracht, als er noch ein Mensch war, und jetzt … erst recht nicht.
Plötzlich muss ich an Dennis denken,
„Justin lass mich wenigstens Dennis aufhalten, er bringt Unschuldige um, er bringt seine Familie um. Lass mich gehen, danach kannst du mich ja immer noch töten, wenn dir danach ist.“
„Du wirst ihn nicht aufhalten können. Er ist weiter gezogen. Seine Schwester und seinen Vater hat er schon vor ein paar Stunden getötet. Es war alles nur eine Finte. Nur gespielt mein Schatz, für dich inszeniert.“
Er grinst mich frech an. Ich schlage meine Hände vor meinen Mund und schließe die Augen. Entsetzen packt mich, blankes Entsetzen.
„Nein, nein, das darf nicht sein.“
Ich falle auf die Knie, meine Beine können mich nicht mehr halten. Meine Arme fallen kraftlos an mir herunter. In meinem Kopf summt und brummt es, als hätte man dort einen Bienenschwarm ausgesetzt. Mit einem Mal fügen sich die Teilchen ineinander. Die Erkenntnis überwältigt mich fast, raubt mir den Atem. Sehr leicht hat es sich mein Sohn gemacht.
„Dann hat er dich da gelassen, um mich aus dem Weg zu räumen. Das hätte er auch selber machen können, der Feigling.“ Verachtung liegt in meiner Stimme.
Justin legt seine Hände an meine Wangen und lehnt sich zu mir herunter. Kein Feuer, keine Leidenschaft, nichts, nur die Kälte seiner Haut.
Ganz dicht beieinander sind unsere Gesichter. Ich atme seinen Geruch ein, er riecht immer noch fast wie früher, herrlich, köstlich.
„Nein, mein Schatz, er wollte es selber machen, aber ich habe ihn darum gebeten.“ Er blickt kurz an mir vorbei.
„Ach was, angefleht habe ich ihn, dass ich das machen darf. Das ich dich töten darf.“ Seine Augen haben ganz plötzlich wieder dieses bedrohliche raubtiergelb angenommen.
„Du liebst mich nicht mehr …“, ich muss kurz schlucken, „darum gibt es auch nichts mehr zwischen uns und ich kann wieder in deinem Blick versinken.“
In mir drinnen gibt es ein kurzes Geräusch, als wenn eine Sicherung durchbrennt, knisternd, knackend und zischend.
Ich blinzele einmal kurz.
Justin zieht die Augenbrauen zusammen und einen kurzen Augenblick sehe ich wieder diesen gequälten Ausdruck in seinem Gesicht.
Dann reißt er mir blitzschnell meinen Kopf herum. Ein anderes Geräusch ist zu hören, ein scharfes Splittern, ein Knacken und Krachen.
Es hallt laut in meinen Ohren wieder – lauter als ich es je für möglich gehalten hätte – als Justin mir mit einer schnellen Bewegung das Genick bricht.
Er lässt meinen Kopf los und ich falle einfach um, pralle auf die staubige Straße, unfähig mich zu bewegen.
Ich kann ihn noch sehen, wie er sich die Hände an der Hose abwischt, als hätte er etwas Ekeliges angefasst. Er stößt seine Schuhspitze in die lockere Erde, kurz vor meinem Gesicht – Staub und Dreck fliegen nur so um mich herum. Er landet auch in meinen Augen, Ohren und in meinem halb geöffneten Mund. Ich kann nichts dagegen unternehmen, ich bin vollkommen bewegungsunfähig, ich kann noch nicht einmal blinzeln.
„Ich hasse dich!“ Es kommt aus dem letzten Winkel seines Körpers, aus der hintersten Ecke, und er spricht mit solch einer Überzeugung, das ich ihm einfach glauben muss – ihm auch glauben will.
Dann dreht er sich um und geht.
Er lässt mich im Staub liegen, mit gebrochenem Hals.
So lange es geht, starre ich auf seinen Rücken, wie er langsam die Straße entlang geht – wie er mich verlässt.
Ein Bild, das sich für immer in mein Gedächtnis einbrennen wird.
Als er verschwunden ist, starre ich noch die leere Straße hinunter, auf den Punkt, wo ich ihn das letzte Mal gesehen habe.
Endlich kann ich meine Augen schließen und horche in mich hinein. Meine Selbstheilungskräfte sind bei der Arbeit – Gut so. Es wird noch eine Weile dauern, so ein Wirbelbruch ist nicht so schnell zu reparieren. Ich werde hier noch ein bisschen liegen müssen.
Ich frage mich, warum er mich nicht wirklich vernichtet hat. Selbst er wird wissen, dass ein simpler Genickbruch uns nur kurzfristig lähmt, aber nicht töten kann. Hat er es schließlich doch nicht über sich gebracht ? Ist doch noch ein Funke Gutes in ihm? Ich weiß es nicht und will auch nicht weiter darüber nachdenken. Ich will mich nur endlich wieder bewegen können um nach dem kümmerlichen Rest meiner Familie zu sehen. Vielleicht hat Justin ja gelogen, vielleicht wollte er mir nur weh tun, mich verletzen.
Ich flüchte mich in meine Gedanken und
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