Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unsterbliche Gefährten - das böse Blut

Unsterbliche Gefährten - das böse Blut

Titel: Unsterbliche Gefährten - das böse Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chrissi Schröder
Vom Netzwerk:
möchte weinen, damit die Tränen meine Gefühle weg spülen können. Diese unerträglichen Gefühle, die meinen Körper von innen her zu zerreißen drohen.
    Die wie Tischtennisbälle in meinem Inneren unkontrolliert hin und her springen. Bis an die Grenzen meines Seins, meines Daseins.
    Ich möchte weinen können
    Damit ich sie nicht in mir drin behalten muss.
    Irgendetwas in mir zerreißt. Zerspringt mit einem scharfen, klirrenden Geräusch.
    Ich schließe meinen Mund und drehe mich abrupt um. Ich muss hier weg.
    Ich laufe die Treppen hinunter und stehe wieder vor dem Haus. Aus den Augenwinkeln sehe ich die Nachbarn neugierig aus ihren Häusern kommen. Schnell renne ich die Straße entlang, es ist mir egal, ob mich einer der Blutsäcke sieht. Ich laufe durch den Wald, den gleichen Weg, den ich vor ein paar Stunden schon mal gerannt bin – nur in die andere Richtung. Da hatte ich allerdings Justin vor mir, ich versuchte ihn zu erreichen, ihn zu stoppen. Da hatte ich Panik in mir, und Hass. Hass auf meinen Sohn Dennis.
    Genau das gleiche Gefühl habe ich jetzt auch wieder.
    Blanker, purer, bösartiger und tiefster Hass.
    Aber es ist wenigstens ein Gefühl. Ein Gefühl, das ich kenne, dem ich vertrauen kann und für immer in mir behalten will.
    Ich renne weiter und weiter aber eine vertraute, rote Wolke ist schneller, sie hüllt mich ein, saugt mich auf, nimmt mich mit in ihre dunklen, tiefen und fast schon tröstlichen Abgründe. Zieht mich in ihren Strudel hinein. Lässt mich darin versinken und – ertrinken.
    Ich wünsche mir …
    Ich wünsche mir sehnlichst …
    Ich wünsche mir sehnlichst, daraus nie wieder aufzutauchen.

 
       Der Abgesandte
    Es ist kalt, sehr kalt. Der Mond steht voll und groß am Himmel, umgeben von Tausenden glühenden Punkten.
    Ich stehe auf den äußersten Zinnen der Stadtmauer. Meine Füße stehen eng nebeneinander auf dem bröckeligen Gestein der alten Mauern. Ich stehe ganz still. Der Wind weht kräftig um mich herum und versucht mich von den Zinnen zu reißen. Meine Augen sind geschlossen, der Kopf in den Nacken gelegt. Meine Arme ausgebreitet, so stehe ich dort oben und warte auf den Geruch.
    Ich erwarte keinen bestimmten Duft, ich werde mich spontan entscheiden. Entscheiden wer von den Menschen es wert ist zu sterben – durch mich zu sterben.
    Es ist März, das letzte Jahr ist nur noch ein blutiger, wilder Sturm in meiner Erinnerung. Ein Sturm voller Qualen, Gier und Mordlust, und – voller Blut.
    Sehr selten gestatte ich es mir in dem roten Strudel der Erinnerung zu versinken. Zu schmerzlich sind die Gedanken an den letzten Sommer.
    Ich habe gekämpft und ich wurde besiegt, ich habe verloren – alles verloren.
    Mein Dasein wird nie wieder so sein wie früher, ich bin nicht mehr die gleiche. Meine äußeren Wunden sind verheilt, aber innerlich ist etwas zerrissen, das nicht heilen wird.
    Niemals, es ist zerstört. – Unwiderruflich.
    Ich bewege mich nicht mehr unter den Menschen, halte mich abseits. Trete nur noch mit ihnen in Kontakt, wenn ich einen von ihnen töten will. Dann bin ich schnell, brutal und grausam. Dann bin ich ein Raubtier.
    Das Raubtier, das dem Monster Nahrung geben muss – weil es danach verlangt, und erst wieder Ruhe einkehrt, wenn das Monster gesättigt ist.
    Nach den Vorfällen im August bin ich zu Josh geflüchtet und habe mich meinem Schmerz und meiner Wut hingegeben. Ich war tagelang nicht ansprechbar, habe in Joshs Keller gewütet und geschrien, habe versucht, mein inneres Monster zu bekämpfen, es einfach verhungern zu lassen.
    Ich wollte nichts anderes als sterben.
    Ich wollte wieder bei Justin sein, in seinen Augen – in diesen tiefen Brunnen versinken, seine kalte Haut fühlen.
    Mein ganzer Körper brannte vor Verlangen nach ihm.
    Es half alles nichts, nach ein paar Tagen hat Josh mich aus meinem selbst gewählten Gefängnis geholt, und mich vor die Wahl gestellt. Entweder werde ich wieder vernünftig, oder er liefert mich persönlich an die Obrigkeit aus.
    Seit Franks gewaltsamen und gar nicht tragischen Tod bin ich Freiwild. Dennis hat seine Drohung tatsächlich wahr gemacht und mich an den hohen Rat verraten.
    Sie haben die Jagd auf mich eröffnet, es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie mich erwischen, wann auch ich in Flammen aufgehen werde.
    Aber bis es soweit ist, habe ich beschlossen, mein Monster nicht mehr zu bekämpfen, sondern mich nur noch von ihm leiten zu lassen, mich dem Blutdurst und der Gier hinzugeben.
    Kein Vertrauen,

Weitere Kostenlose Bücher