Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
immer noch ganz verwundert über diese Tatsache.
Jetzt höre ich ihn atmen, das hat er eben nicht gemacht – da bin ich mir ganz sicher. Außer, als er mit mir gesprochen hat.
Auch kann ich ihn in der Dunkelheit jetzt besser erkennen.
Er ist groß, wirklich riesig kommt er mir vor. Er ist ein kleines Stück von mir abgerückt und ich kann ihm ins Gesicht sehen – nett sieht er aus – braune Haar, sehr kurz geschnitten, ein hübsches Gesicht, edel, wie ein Adeliger wirkt er. Dann der schwarze Anzug, kein Teil von der Stange, eine Maßanfertigung, möchte ich wetten.
Aber die Augen, die sind das Beste, wie funkelnde Sterne. In den Pupillen brennt ein Feuer – kurz fühle ich mich an meine Träume erinnert – die Iris ist von brauner Farbe, aber einer sich bewegenden Farbe. Außen um die Iris ist ein feiner, roter Ring, er wirkt wie eine Begrenzung, damit die sich bewegende Augenfarbe nicht wie Lava über den Rand fließt. Ich bin fasziniert, von diesen Augen, so etwas habe ich noch nie gesehen.
Ich kann nicht anders, ich hebe meine Hand und kneife ihn kräftig in den Oberarm. Sofort schieben sich seine Augenbrauen düster zusammen, der Ring in den Augen wird kurz breiter, das Feuer der Pupillen lodert auf.
Wow, denke ich, das ist aber ein Schauspiel.
„Was sollte das?“, fragt er mich und sieht wirklich wütend aus.
„Ich wollte nur sehen, ob du auch echt bist. Oder nur einer meiner Träume.“
„Du bist ein Vampir, du kannst nicht träumen, oder hast du das noch nicht mitbekommen?“, er hört sich ein bisschen amüsiert an.
„Doch natürlich“, wofür hält er mich, „ich meine ja auch nicht solche Träume … ich … ach vergiss es. Wer bist du eigentlich, und was hast du in meiner Wohnung zu suchen?“
„Alles zu seiner Zeit, komm mit“, er geht durch den Flur ins Wohnzimmer, hier dreht er das Licht an. Ich folge ihm.
Er setzt sich auf mein Sofa, vor ihm steht ein Glas mit einer meiner Blutkonserven – wie lange ist er eigentlich schon hier?
„Ist hier neuerdings ein Selbstbedienungsladen?“, ich bin ein wenig empört.
„Entschuldige, ich verspürte ein wenig Durst, auch wusste ich nicht, wann du gedenkst wieder nach Hause zu kommen. So habe ich mich selber bedient.“ Er hebt sein Glas an. „Kann ich dir auch schnell etwas zubereiten?“
Ich winke ab. „Nein, danke“, und setze mich in den Sessel, ihm gegenüber. Er grinst nur selbstgefällig und nippt an seinem Drink.
„Ist jetzt die richtige Zeit?“, frage ich gereizt, „wer zum Teufel bist du, und was willst du hier?“
„Ich bin Ansgar. Ich bin ein Abgesandter des hohen Rates. Und ich will … dich.“ Seine Augen werden etwas größer, das Feuer lodert kurz auf, dann ist alles wieder wie vorher.
Die Gedanken in meinem Kopf überschlagen sich – töten will er mich aber bestimmt nicht, das hätte er eben schon machen können – also um was geht es hier genau? Laut frage ich:
„Kannst du mir das mal näher erklären? … Eh, wie war dein Name? Ansgar? Den hab ich ja noch nie gehört, was bedeutet der denn?“
Er verdreht die Augen zur Decke. „Er bedeutet ‚Speer Gottes’, und du weißt genau, wozu ich hier bin.“ Er presst die Lippen zusammen und sieht jetzt wirklich wütend aus.
Speer Gottes? Ich versuche meine eingerosteten Lateinkenntnisse hervor zukramen. Heißt ger nicht Speer? Was bedeutet denn dann die Silbe gar ? Er unterbricht meine Gedanken.
„Vor einiger Zeit sind ein paar Dinge geschehen, die auch den frühzeitigen Tod eines Vampirs nach sich zogen. Für die Vernichtung von Frank bist du wohl verantwortlich. Aber es ist ja nicht nur das, du hast ein fremdes Halbblut einfach so verwandelt und dein leiblicher Sohn ist zu einem Monster mutiert, der unaufhaltsam durch die Stadt zieht und wahllos Morde begeht.“ Er sieht mich streng an. „Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?“
Ich schlucke kurz, dann erzähle ich ihm die ganzen Vorkommnisse des letzten Sommers, lasse kaum etwas aus. Nur das zarte Band zwischen Justin und mir lasse ich weg. Das ist eine persönliche Sache, die niemand kennt und das soll auch so bleiben. Diese spezielle Erinnerung gehört nur mir alleine.
Als ich meinen Bericht abschließe starrt er vor sich hin. Er hat die Finger aneinander gelegt und sieht aus, als überlege er. Dann blickt er mich an, das Feuer lodert kurz auf.
„Du weißt, dass ich das nachprüfen muss, ich kann dir das nicht so unbesehen glauben. Vor allem wird der hohe Rat wissen wollen, ob das
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