Unsterbliche Gefährten - das böse Blut
jede noch in mir befindliche Atemluft aus den Lungen. Um mich herum ist eine irre Hitze – alles scheint zu brennen – selbst die Luft. Ein hohles Knarren und Krachen ist zu hören, dann ein Geräusch, wie ein Peitschenschlag und ein schnelles Surren – ich spüre, wie es abwärts geht. Die Lichter im Aufzug sind scheinbar ausgegangen, ich kann nichts erkennen, bis mir auffällt, dass ich die Augen zukneife. Ich reiße sie auf und sehe, dass die Aufzugtüre weg ist, es ist nur noch ein gähnendes Loch an ihrer Stelle, an der, in rasender Geschwindigkeit, die Stockwerke vorbeizischen. Ein hohes metallisches Geräusch erklingt.
Als mir schlagartig klar wird, das der Aufzug abgestürzt, schließe ich schnell wieder meine Augen und erwarte den Aufschlag. Keine Lidschlaglänge später, prallt der Aufzug ungebremst in der Tiefgarage auf. Es kracht fürchterlich, alles bebt und wackelt um mich herum, Staub fliegt durch die Luft, hüllt mich ein. Beton und Metallteile fliegen um mich herum und landen genau vor meine Nase. Das schwere, harte Ding liegt immer noch auf mir drauf, es umhüllt mich nicht komplett, meine Beine liegen noch frei. Ich spüre den Schmerz, als etwas meinen Unterschenkel durchschlägt. Ich schreie kurz auf und das harte Ding um mich herum, zieht sich noch fester zusammen, erdrückt mich fast. Der Schmerz in meinem Bein schießt durch meinen Körper, strahlt bis in meinem Kopf und lässt vor meinen geschlossenen Augen kleine bunte Kreise explodieren. Plötzlich ist es um mich herum still, nur noch ein leises, metallisches Kratzen ist zu hören.
Ich beiße die Zähne aufeinander, der Schmerz in meinem Bein ist mörderisch.
Es wird alles wieder gut, ich verspreche es dir.
Ich reiße meine Augen wieder auf, Ansgar, denke ich in die Stille hinein, mein Schmerz ist augenblicklich nur noch zu einem entfernten Pochen geworden. Ansgar, wo bist du? Ich versuche die Umgebung zu erkennen, aber vor lauter Staub und Rauch ist kaum etwas zu sehen.
Ich bin direkt vor dir, du Dummerchen . Ein leises Lachen ertönt. Ich blicke geradeaus und tatsächlich sehe ich sein Gesicht, kaum fünf Zentimeter von meinem entfernt.
Er war das feste, harte Ding, das mich umklammert hat. Er hat auch die Teile des Aufzugswracks von mir abgehalten. Der ganze zertrümmerte Fahrstuhlschacht dürfte jetzt wohl auf seinem Rücken lasten. Mit seinem Körper hat er einen schützenden Wall um mich herum und über mir gebaut, damit mir nicht so viel geschieht.
„Danke schön“, flüstere ich leise, schließe meine Augen und denke: Du hast mir mein Leben gerettet, Ansgar. Danke.
Verzeih mir, Natascha, ich hätte das alles voraus sehen müssen, ich hätte sie zumindest riechen müssen, seine Stimme in meinem Kopf klingt traurig und ein bisschen verzweifelt. Es tut mir entsetzlich leid, ich war …abgelenkt, mit meinen Gedanken und Instinkten woanders, das wird nie wieder vorkommen. Ich verspreche es dir, nie wieder.
Ich blicke ihn an, sehe in seine braunen Augen, wo die Lava träge und langsam im Kreis fließt, dort, wo das Feuer in seinen Pupillen lodert.
„Schade“, murmele ich. Langsam überzieht ein Lächeln sein gesamtes Gesicht. Das Feuer ist kurz verschwunden, dann lodert es wieder auf.
„Wir müssen jetzt erst mal hier raus. Ich mache dir Platz und du versuchst unter dem Schutt hervorzukriechen, der Ausgang ist hinter uns, die Türen sind weg, also kommst du wohl irgendwie raus.“ Er stemmt sich hoch und Schutt prasselt um mich herum zu Boden. Metallisches Knirschen und Quietschen ist zu hören, dann ist mein Körper wieder frei. Ich versuche mein verletztes Bein unter Ansgar hervorzuziehen, es schmerzt. Ich drehe mich um, krieche und krabbele über den Schutthaufen in Richtung Ausgang. Durch eine schmale Lücke fällt das Neonlicht aus der Tiefgarage, ich zwänge mich durch und hüpfe auf einem Bein ein paar Schritte, bevor ich wieder zu Boden gerissen werde. Mit einem Rums , fällt der Aufzugsschacht erneut in sich zusammen. Staub und Dreck wirbelt auf und hüllt alles ein. Ansgar hat den Schuttberg angehoben und schneller als dieser wieder in sich zusammenfallen kann, ist Ansgar durch die Lücke nach draußen gerannt und hat mich mit umgerissen.
Ich spüre, wie ich vom Boden abhebe und erneut durch die Luft fliege. Als ich die Augen öffne, sehe ich, dass Ansgar mich trägt – er trägt mich zu seinem Auto. Wie ein Bündel wirft er mich auf den Beifahrersitz, ist fast im selben Augenblick neben mir und startet schon
Weitere Kostenlose Bücher