Unsterbliche Küsse
zusehen, wie sie verheilen.« Sie war verblüfft. Die Schürfwunden und Kratzer verblassten und verheilten vor ihren Augen. »Vampire regenerieren sich schnell. Knochenbrüche heilen über Nacht. Schnittwunden innerhalb von Minuten. Kratzer in Sekunden. Erinnerst du dich an jenen Abend, an dem James mich angefahren hat? Ich hatte ein gebrochenes Bein. Es tat zwar weh beim Gehen, aber zu Hause habe ich es geschient, und am nächsten Morgen war es schon zusammengewachsen.«
»Warum hat dich dann dieses Steinmesser beinahe umgebracht?«
Die Wunde schmerzte sogar jetzt. »Das war wieder was anderes. Die Klinge war verhext. Bei den Druiden genossen sie geradezu kultische Verehrung – man glaubte sogar, sie seien außerirdischen Ursprungs. Ich wurde davon aller Kräfte beraubt, aber nicht getötet. Dass man mich in diesem geschwächten Zustand der Sonne aussetzte, war infam. Das passiert mir nicht noch einmal.«
»Was ist, wenn es ganze Arsenale dieser Wunderwaffen gibt?«
Mit derlei Fragen wollte er im Moment nichts zu tun haben. Über Caughleigh würden sie sich später unterhalten, und eines schwor er: Er war nicht bereit, sein Bett und Dixie auf nur irgendeine Art und Weise mit Caughleigh zu teilen. »Komm, ich zeig dir was.« Er nahm sie auf die Arme und trug sie splitterfasernackt ans Fenster und öffnete beide Flügel. »Sieh dich um. Die Nacht. Die Dunkelheit, die uns neue Kräfte schenkt. Du musst sie lieben lernen, die Nacht.«
»Es ist Vollmond.« Sie drehte sich in seinen Armen, und das Mondlicht warf silberne Schatten auf die Konturen ihres Gesichts und die Rundungen ihres Körpers.
»Ideal.«
»Wofür?« Die Antwort konnte sie unmittelbar in seinen Augen lesen. »Jetzt schon wieder?«, flüsterte sie und konnte dabei die Erregung in ihrer Stimme nicht verbergen.
Er trug sie an den offenen Kamin und legte sie auf einen Lammfellteppich. »Jetzt versuchen wir es mal auf dem Boden«, brummte er. Als er ihre Beine bis zu seinen Schultern anhob, stöhnte sie erwartungsvoll.
Stunden später trug er sie ins Bett zurück.
»Lass mich runter«, sagte sie, als er sie hochhob.
»Du weißt, was ohne diese Spezialschuhe passiert, Liebes.« Sie runzelte die Stirn. Er küsste sie zwischen die Augenbrauen. »Hab noch etwas Geduld. Morgen früh nach dem Aufwachen sind die Schuhe fertig.«
Er roch den nahenden Sonnenaufgang und bemerkte die Schläfrigkeit in ihren Augen. Schnell schob er die mit Erde gefüllte Unterlage unter die Matratze und deckte sie bis zur Taille zu.
Sie lächelte noch etwas benommen vor Leidenschaft. »Schlaf jetzt, Liebes«, flüsterte er, indem er die Bettdecke bis zu ihren Schultern hochzog. Dann schloss er die Fenster und zog das Verdunkelungsrollo herunter, damit sich nur ja kein Sonnenstrahl in das Zimmer verirrte.
Sie lag da in der Dunkelheit wie im Koma. Eigentlich sollte er nun gehen, brachte es aber nicht übers Herz. Also zog er einen Sessel an das Bett und schwelgte im Anblick seiner Liebsten. Er hatte sie erschaffen und sie war sein, gehörte nur ihm. Die Liebe seines Lebens. Seine Liebe für die Ewigkeit.
Wenn er sie nur behalten könnte.
16
Dixie wachte beim Sonnenuntergang erholt und ausgeruht auf – von einem Moment auf den anderen – und erblickte sofort Christopher, der sie von einem Stuhl am Fenster aus beobachtete. »Warst du etwa den ganzen Tag lang da?« Wenn er so lächelte, wusste sie, dass sie fliegen konnte.
»Noch nicht. Lern erst mal zu gehen, ehe du ans Fliegen denkst.«
Ihr schien, es war höchste Zeit, ihre Gedanken auszublenden – besser noch, alles zu verriegeln und zu verrammeln. »Warst du den ganzen Tag da?«
»Fast. Ansonsten habe ich deine Sachen aus dem Auto geholt, die Nachrichten im Fernsehen geguckt und mit Tom geplaudert, der deine Schuhe gebracht hat.« Die Schachtel lag auf der Häkeldecke bereit. Sie enthielt zwei Paar Schuhe: schwarze Leder-Sportschuhe und Sandaletten mit Keilabsatz. Beide hatten mehrere Zentimeter hohe Plateausohlen.
»Mit denen ist es sicher schwer zu laufen.« Oder auch nicht, wenn sie genauer darüber nachdachte. Vampire würden doch wohl keine Blasen bekommen.
»Probier’s aus. Vielleicht bei einer Mondscheinwanderung über die Heide?«
»Soll ich mich nicht zuerst anziehen?«
Er schmunzelte frech. »Das musst du wissen. Sehen kann uns ohnehin keiner. Dazu werden wir zu schnell sein.«
Sie entschied sich für Textilien. Immerhin war sie ein anständiges Südstaaten-Mädchen.
Die Nachtluft duftete nach
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