Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unsterbliche Küsse

Unsterbliche Küsse

Titel: Unsterbliche Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemary Laurey
Vom Netzwerk:
das nicht geholfen?« Sie hatte längst aufgegeben, ihre Tränen zu unterdrücken.
    »Er war schon geschwächt, als sie ihn gekapert haben.«
    »Wovon?« Sie versuchte mit zitternden Fingern, ihre Wangen zu trocknen, aber die Tränen flossen so stark, als würde ihr Herz ausfließen. Vielleicht war es ja so. Er drückte ihr ein frisches Taschentuch in die Hand. Bei einer anderen Gelegenheit, hätte sie den Luxus genossen, sich mit reiner Seide die Tränen abzuwischen. »Wovon war er denn so geschwächt?«, wiederholte sie.
    »Eine Kombination von Gründen. Der Hauptgrund war der: Seine Neugeburt fällt in diese Zeit, also der Jahrestag seiner Transformation in einen Vampir. Wir sind dann immer am schwächsten. Und das wussten sie. Sie wussten auch, dass sie ihm durch eine Verletzung noch mehr Kraft entziehen. Dazu kam …«
    »Dazu kam was?«
    Die dunkle Gestalt zuckte mit den Achseln. »Er hatte sich im Lauf der letzten Woche mehrmals verwandelt. Das hat ihn ausgelaugt. Und er ernährt sich nicht vernünftig wie andere Wiedergänger. Seine dummen Skrupel.«
    »Wie meinen Sie das?« Christopher hatte nicht gezögert, jenen Krug zu leeren, und es hatte ihm ja auch geholfen. Seine Farbe war zurückgekehrt, vorübergehend. »Hätte ich ihm mehr geben sollen? Ich wusste ja nicht, welche Mengen adäquat sind.«
    Tom klopfte ihr sanft auf die Schulter, und sie empfand die verkrüppelten Finger als eigenartig tröstlich. Als er dann auf das Bett schaute, sagte er mit gemilderter Stimme: »Sie trifft keine Schuld. Seine Sturheit ist es. Er will partout kein Menschenblut trinken, hat sich jahrelang von Tieren ernährt.«
    »Und das ist ein Ersatz?«
    »Zwischendurch ja. Ich ernähre mich auch von Tieren, aber niemals über längere Zeit hinweg. Wenn nun zu dieser Grundschwäche die Qualen dazukommen, die er durchmachen musste … Beides zusammen überlebt kein Wiedergänger.«
    Kit schien vor ihren Augen zu schrumpfen. Dixie wurde angst und bange. Sie beugte sich zu ihm hinunter, um ihn zu küssen. Er fühlte sich so kalt an wie Gran in ihrem Sarg. Sie hatte ihn gerade erst kennengelernt, und sollte ihn schon wieder verlieren. Musste denn jedes geliebte und ihr nahestehende Wesen sterben? Über ihre Wangen strömten wahre Tränenfluten, und sie machte sich nicht mehr die Mühe, sie abzuwischen.
    Hinter ihr senkte sich die Matratze. Tom war an ihre Seite gekommen und legte ihr seinen Arm um die Schulter. »Er war auch mein Freund«, flüsterte er. Dabei spürte sie seine Tränen feucht und warm in ihrem Nacken. »Wir haben unsere Jugend gemeinsam durchlebt.«
    Die Nacht verging, und man hörte nur das endlose Summen des Verkehrs hinter den Fenstervorhängen und das Ticken der Marmoruhr auf dem Kamin.
    »Es ist mittlerweile drei Uhr, und es dämmert bald. Er hält länger durch, als ich gedacht habe.« Toms Stimme dröhnte in der Stille. Oder lag es an ihren Nerven? Er hatte doch nur geflüstert.
    »Nein.« Sie war nicht bereit, nur herumzusitzen und zuzusehen, wie Christopher starb. Sie wollte … Verdammt, sie wusste genau, was sie tun wollte. »Hör zu! Du hast gesagt, er war geschwächt, weil er kein Menschenblut trinken wollte.« Tom nickte; seine Augen waren vom Weinen rot und verquollen. »Könnte Menschenblut ihn retten?«

8
    Toms Augen weiteten sich verständnisvoll. »In diesem Stadium?« Er schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.«
    »Aber einen Versuch wäre es wert, oder? Was haben wir schon zu verlieren?« Dagegen konnte er wohl nichts einwenden.
    »Vergiss nicht, seine Aversion …«
    »Nein! Denk doch mal nach! Mein Blut könnte ihn retten. Warum bin ich da bloß nicht früher draufgekommen. Außerdem glaube ich, dass es sowieso schon passiert ist. Einmal, vor längerer Zeit, hat er mir nachts einen überdimensionalen Knutschfleck verpasst, dachte ich zumindest damals, aber wenn ich genauer darüber nachdenke …«
    »Dixie, wenn er tatsächlich gesaugt hätte, würdest du nicht bloß ›glauben‹, er hätte es getan. Damals hat er in der Hitze der Leidenschaft von deinem Blut probiert und mich achtundvierzig Stunden lang an seinen Schuldgefühlen teilhaben lassen.«
    »Er hat dir also alles brühwarm erzählt!« Ihre Augen funkelten erbost.
    »Gelitten hat er wie ein Hund, weil er geglaubt hat, er hätte dich missbraucht.«
    Deshalb also hatte er sich in diesen Tagen nicht bei ihr blicken lassen, und als er wiederauftauchte, hatte sie ihn verdächtigt, ihr Notizbuch geklaut zu haben.

Weitere Kostenlose Bücher