Unsterbliche Küsse
ja.«
Jones nickte. »Notieren Sie sich Namen und Telefonnummer der Zeugin, Wyatt.« Wyatt kritzelte etwas auf seinen Notizblock. »Wir kommen in dieser Sache demnächst auf Sie zurück, Miss LePage.«
Sie wandten sich wieder der Brandruine zu. War sie der Schauplatz eines Verbrechens? Zweifellos. Etwas war faul in Bringham, mehr als faul, und sie war fest entschlossen, herauszufinden, was das war.
Dixie ging zurück in ihr leeres Haus und machte sich eine Tasse Tee, nur um danach zuzusehen, wie die Milch auf der Oberfläche langsam eine Haut bildete. Sie war müde, und dennoch war sie zum Bersten angespannt. In ihrem Kopf kreisten eine Million Fragen.
Sie musste etwas tun, egal was, nur um sich abzulenken. Gartenarbeit wäre eine Möglichkeit; dort gäbe es genügend Beschäftigung bis zum ersten Frost. Aber nein, schon ein Blick auf das Gärtnerhaus oder die Schubkarre würde sie heulend zusammenbrechen lassen.
Da beschloss sie, sämtlichen Hausrat aus Messing oder Silber frisch aufzupolieren. Mit den Kamingittern und Kaminböcken im Wohnzimmer war sie gerade zur Hälfte durch, als das Telefon läutete. Es war Sally, die darauf bestand, sie sollte sich zusammen mit ihr und Emma für den nächsten Tag zum Einkaufen und zum Lunch verabreden. Warum nicht? Vielleicht würde es ihr guttun, mal aus Bringham herauszukommen.
Sie schaute auf die Uhr. Warum nicht alles liegen und stehen lassen und ins Barley Mow hinübergehen?
Ein frisches Guinness in der Hand, entfernte sich Dixie aus dem Getümmel am Tresen und steuerte einen Ecktisch an. Sie hatte nicht die geringste Lust auf Gesellschaft.
»Hey! Haltet mal die Klappe!«, rief ein schwergewichtiger Mann seinen Kumpels zu. »Seht doch mal! Wer hätte das gedacht?«
Dixie, die ihr Essen, Blumenkohl mit Käse überbacken, noch nicht einmal angerührt hatte, sah auf.
»Meine Güte, ich fass es nicht!«, erwiderte sein Nachbar, die Augen unablässig auf den Fernseher über der Bar gerichtet.
Dixie starrte ebenfalls hin. Es herrschte Stille im Pub, abgesehen von den paar Leuten am Dartbrett, die sich aber auch überrascht umdrehten.
Auf dem Bildschirm erschien ein Phantombild von Christopher. »Gesucht wird Mr Christopher Marlowe. Wer kann Angaben zu seinem Aufenthaltsort machen? Sachdienliche Hinweise bitte an die Polizeiinspektion Surrey …«
Gut, dass sie noch nichts gegessen hatte. Sie hätte Mühe, es unten zu behalten. Wenn die Polizei jetzt Christopher suchte, dann konnte nur ihr großes Mundwerk schuld daran sein, denn bis zu ihrem Gespräch mit Inspektor Jones hatten sie ihn für tot gehalten.
Im Pub entfachte sich ein wildes Durcheinander von Spekulationen.
»Was hat er getan?«
»Egal, ich bin davon ausgegangen, dass er tot ist.«
»Kann nicht sein, wenn sie ihn suchen.«
»Es muss was mit dem Feuer zu tun haben.«
»Vielleicht hat er es selbst gelegt, um die Versicherung abzukassieren.«
»Dann wäre er aber nicht abgehauen, oder?«
»Vielleicht sind sie ihm auf die Schliche gekommen.«
Alf stöhnte, als er die leeren Gläser einsammelte. »Sie waren heute Nachmittag hier und haben nach Vernon gefragt. Früher ging’s angeblich nicht, obwohl ihn seine Mutter schon am Montag vermisst gemeldet hat. Nun wollen sie plötzlich wissen, ob Vernon und Marlowe befreundet waren.« Er wischte mit einem Lappen über den polierten Tresen. »Ich hab nur gesagt, sie sollen ihn schnellstmöglich finden. Denn wie zum Teufel soll ich hier abends alleine zurechtkommen! Da haben sie mir geraten, die Stelle auszuschreiben. Was das zu bedeuten hat, will ich mir gar nicht vorstellen.«
Dixie hatte auch ein ungutes Gefühl, und die Frage, ob Vernon Prothesenträger war, stellte sie lieber nicht. Sie erübrigte sich sowieso, wenn sie an seinen schlurfenden Gang dachte oder an die umständliche Art, sich zu bücken, um das von ihr verursachte Desaster zu beseitigen, als sie James ihr Essen ins Gesicht gekippt hatte.
Vernon war der Tote von Dial Cottage, und in den Augen der Polizei war Christopher der mutmaßliche Täter.
»Sobald es dunkel ist, Kit, musst du dich auf den Weg machen. Dort bist du wenigstens in Sicherheit.«
Christopher hatte Tom nichts entgegenzusetzen. Aber er bezweifelte, ob er überhaupt in Sicherheit sein wollte. Jedenfalls nicht ohne Dixie. Er verdankte seine Existenz einer Sterblichen. Er hatte sein Herz an eine Frau verloren, eine Menschenfrau mit kastanienfarbenem Haar, leuchtend grünen Augen und Lippen, die seinen Körper zur Raserei
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