Unsterbliche Küsse
seiner Brust, ihr weiches Haar an seinem Kinn. Der Gedanke an den Abschied versetzte ihm einen Stich – schwerer als der Dolchstoß von Deptford. Zum ersten Mal in vierhundert Jahren verfluchte er sein Dasein als Vampir, denn Dixie war die Frau, mit der man alt werden konnte, was ihm aber von vornherein versagt blieb. Aber wenn Justin ihm nicht in das Haus von Eleanor Bull gefolgt wäre, wäre er jetzt ein Haufen morscher Knochen, und Dixie LePage und ihre Liebe hätte er niemals kennengelernt. Da war dann dieser Krümel immer noch mehr wert, als gänzlich vergessen im kalten Grab zu liegen. Ihm blieb immerhin ein Schimmer ihres Lichts, den er in die Ewigkeit vorantragen könnte, und damit besaß er mehr als die meisten Unsterblichen.
Er hatte die Spielregeln nicht ganz eingehalten. Nicht ganz? Er hatte sie bis aufs Äußerste strapaziert. Aber besagte Regeln waren ja eingeführt worden, lange bevor Dixie LePage in ihr Leben geplatzt war. Sogar Justin hatte sie betört, und Tom würde nie darüber hinwegkommen, dass sie schlicht anderer Meinung war, als er sie aus dem Haus werfen wollte.
Er roch den anbrechenden Morgen und küsste Dixie schweren Herzens – imaginär, aber immerhin – wach. »Dixie, es wird bald hell, und ich kann mich doch bei Tageslicht nicht verwandeln.«
Dixie erwachte sofort, registrierte unverzüglich das Schwergewicht neben ihr auf der Matratze, den starken Arm auf ihren Schultern und das Lächeln. Ein Lächeln, das ihr die neue Lage schonungslos vor Augen führte. Christopher übertraf sämtliche Männer, von denen sie je geträumt hatte, konnte aber leider nicht bei ihr bleiben.
»Du musst weg. Sie dürfen dich auf keinen Fall finden.«
»Keine Angst, mein Versteck ist sicher.«
»Christopher …«, flüsterte sie. »Oh, Christopher …« Sie schlang die Arme um seine Taille und zog ihn an sich. Er musste weg, sicher, aber sie musste ihn noch einmal berühren. Sie legte die Wange an seine muskulöse Brust und atmete den seltsamen Geruch seiner Haut ein, wie von Wachs, aber mittlerweile vertraut. Ihr Verlangen war noch immer nicht gestillt, aber sie hatten keine Zeit mehr.
Sie setzte sich auf und schüttelte ruckartig den Kopf, um die letzten Reste von Schlaf loszuwerden, und ließ dann den Blick über den dreiteiligen Spiegel auf der Ankleidekommode wandern. Ihr eigenes Bild fand sie dreimal widergespiegelt – aber sie war allein. Dort, wo Christopher neben ihr lag, war nur ein verschwommener Schatten zu sehen. Er war nicht sterblich, konnte nie zu ihr gehören. Nicht einmal ein Erinnerungsfoto würde sie je besitzen.
»Du wirst mir fehlen.« Das klang sehr reserviert und schon beinahe britisch, aber trotzdem trieben ihr die Worte bittere, scharfe Tränen in die Augen, und in ihrem Hals ballte sich ein Kloß zusammen, der sich anfühlte wie ein rauer Klumpen Kohle. »Du hättest gestern Abend gleich gehen sollen. Es war falsch, dich hier zu halten.«
Er schüttelte den Kopf, und über seine Lippen huschte ein Lächeln; dabei verblasste sein Auge und leuchtete in der Dunkelheit wie ein Opal. »Ich musste bleiben. Du hast mich doch gebraucht. Dafür haben wir die Erinnerung an eine Liebesnacht, die uns unvergesslich bleiben wird – dir für den Rest deines Lebens und mir, nun ja, ich werde ewig an dich denken.«
»Sehe ich dich jemals wieder?«
Er schüttelte den Kopf, und der Schmerz verbrannte ihm schier das Auge.
»Nein, Dixie«, sagte er, als er sich wieder gefangen hatte. »Wir sind von zweierlei Art. Sterbliche und Unsterbliche passen nicht zusammen. Sitte und Gesetz, aber auch der gesunde Menschenverstand sind dagegen.«
»Bis jetzt waren wir beide kein schlechtes Gespann.«
»Nein? Du hättest immerhin verbluten können, und es besteht nach wie vor die Gefahr, dass man dich mit mir in Verbindung bringt. Nur heute Nacht bin ich halt einfach schwach geworden.«
»Mir kommt es so vor, als seien wir beide gleich schwach – oder stark.« Sie hatte gute Lust, ihn anzuschreien, ihm zu sagen, seine Unsterblichkeit sei ihr egal, seine Skrupel seien Unsinn. Aber sie tat es nicht. Ihr war klar, dass jede Minute, die er länger hierblieb, die Gefahr für ihn vergrößerte. »Du solltest jetzt lieber gehen, andernfalls könnte ich dich aufs Bett werfen und von vorne anfangen.« Sie stand auf und griff nach ihrem Morgenmantel.
Bis sie ihn über die Schultern gestreift und zugeknotet hatte, war er komplett angezogen. »Wie hast du das gemacht?«
Er grinste nur. Sie zerfiel
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