Unsterbliche Küsse
langsam in ihre Einzelteile, und er grinste. »Wir Vampire können sehr schnell sein, wenn wir müssen.«
Er strich mit dem Handrücken über ihre Wange und die Kinnlinie entlang, eine Geste, deren Zärtlichkeit sie aus der Fassung brachte. Sie konnte nicht länger an sich halten, und stand im Nu tränenüberströmt vor ihm.
»Dixie …« Seine Stimme klang heiser und rau. Er legte ihr einen Arm beruhigend um die Schulter und streichelte mit der anderen Hand ihr Haar. »Ich habe ganz vergessen, wie sehr Menschen leiden können. Ich war selbstsüchtig und habe nur an meine Bedürfnisse gedacht. Verzeih mir bitte.«
Sie hob den Kopf ruckartig und zog die Augenbrauen zusammen, als sie in sein noch immer bleiches Auge schaute. »Genau so war es. Erinnerst du dich, wie du betteln musstest, um bleiben zu dürfen, und wie du mir fast den Arm ausgerenkt hast, um in mein Bett zu kommen?«
»Du bist die beste und tollste Frau, die ich je gekannt habe, Dixie.«
»Und du bist der beste Liebhaber, den ich bisher hatte.«
»Ich bin kein Mann, Dixie.«
Genau das war der springende Punkt. »Kannst du da nichts dagegen tun?«
Sein Auge verfinsterte und verhärtete sich. »Ich bin ein Vampir, Dixie. Du kannst keinen Zaubertrunk erfinden und mich zurückverwandeln, und selbst wenn du es könntest, wäre ich danach tot. Das hier ist kein Schnulzenroman, verstehst du?«
Sie verstand es sehr wohl, hatte nur Schwierigkeiten, ihren Liebhaber mit jener mysteriösen Figur in Einklang zu bringen, die sie im Grundkurs Englische Literatur so fasziniert hatte.
Aber so schnell gab sie nicht auf. »Und was ist mit mir? Du hast mein Blut getrunken. Wieso kann ich mich nicht in einen Vampir verwandeln?«
»Dein Blut gibt mir Kraft, und wenn ich an dir sauge, wird dir davon nur schwindlig im Kopf. Wir müssten unser Blut vermischen, du müsstest meines trinken, um eine von uns zu werden.«
»Dann komm doch heute Abend zurück oder bleib so lange in meinem Keller und mach mich dann zum Vampir. Damit hätten wir doch alle Probleme beseitigt.« Sie hielt den Atem an, konnte sie doch selbst kaum glauben, was sie da gesagt hatte.
Aber er schüttelte nur den Kopf. »Bis auf eines. Um das zu tun, müsste ich dich umbringen.«
Nun drehte sich wirklich alles in ihrem Kopf. Irgendwie hatte sie während der letzten Sätze den Faden verloren. »Kommt es nicht genau darauf an? Ich dachte …«
»Du hast zu viele Romane gelesen«, unterbrach er. »Wir unterliegen Regeln. Eine davon lautet, niemals einen Sterblichen zu töten. Genau aus dem Grund hat Tom auch darauf bestanden, dass Justin dir Blut verabreicht. Wenn du meinetwegen ums Leben gekommen wärst, wäre ich dran gewesen.«
»Und wie seid ihr beide – du und Tom?«
»Ich bin durch einen Messerstich gestorben, Tom wurde die Folterbank zum Verhängnis, und Justin wurde von einem Pfeil durchbohrt. Wir sind alle drei gestorben, und erst dann wurden wir zu Vampiren.« Er glitt mit seinen Fingerspitzen über ihre feuchten Wangen. »Komm jetzt bloß nicht auf dumme Gedanken.«
Sie mochte vielleicht an gebrochenem Herzen leiden bis ans Ende ihrer irdischen Tage, aber sie war nun wirklich nicht bereit, sich wegen ihm etwas anzutun. »Du musst jetzt wirklich gehen. Nach alledem musst du mir versprechen, für immer und ewig zu leben.«
»Ich werde ewig leben, aber ebenso werde ich dich ewig lieben. Vergiss mich nicht, Dixie.«
Ehe sie antworten oder auch nur daran denken konnte, zu antworten, saß er auch schon auf dem Fensterbrett. Ein dunkler Schatten schoss durch das offene Fenster, und verschlissene Chintzvorhänge bauschten sich in der Nachtluft.
Dixie setzte den Wasserkessel auf. Sie bezweifelte zwar, ob Koffein auch bei Liebeskummer helfen würde, aber so war sie wenigstens beschäftigt. Solange sie zu tun hatte, könnte sie sich vielleicht über die Schmerzen hinwegtäuschen.
Sie war gerade bei ihrer zweiten Tasse, als die Post eintrudelte. Unter den Angeboten für Kreditkarten und Ferienhäuser sowie einem Blumenkatalog für ihre Tanten befand sich eine Postkarte von Stanley Collins, auf der er sie daran erinnerte, dass er an jenem Wochenende das Auto bräuchte. Könnte sie es gleich am Freitagmorgen bei ihm vorbeibringen? Genau das würde sie tun und dann den Tag vielleicht in Guildford verbringen. Sie musste sich um einen Flug kümmern, denn das hatte sie Christopher versprochen. Wollte sie wirklich weg von hier? Aber warum hierbleiben?
In ihren leichten Pantoffeln hatte sie kalte
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