Unsterbliche Liebe
machbar für mich. Im Fernsehen sieht es jedenfalls kinderleicht aus.«
Der Himmel sei ihr gnädig! Dieser Mann hatte noch nie Müsli probiert! Noch nie Pizza gegessen, und er hatte keine Ahnung, was ein Corn Dog war. Ohne Letzteres konnte man leben, aber …
»Du siehst besorgt aus. Was ist los?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nichts. Geh jetzt duschen, aber beeil dich. Ich will angezogen sein, bevor Sam aufwacht.« Wie würde Sam auf Justin am Frühstückstisch reagieren?
Allem Anschein nach ganz gut. Vielleicht spielte ja die ungewöhnliche Tatsache, dass er bei Kerzenlicht und obendrein im Mantel frühstückte, eine nicht unbeträchtliche Rolle.
»Warst du die ganze Nacht über hier?«, fragte Sam, noch mit seinem Müsli beschäftigt.
»Ja, war ich«, erwiderte Justin. »Es war alles stockfinster, und da bin ich einfach geblieben.«
Sam nahm den nächsten Löffel Cheerios. »Meinst du, die Schule hat vielleicht zu?«
»Gute Idee«, sagte Stella, »aber sie ist geöffnet. Ich habe extra angerufen, um sicher zu sein. Dort funktioniert die Versorgung, und es ist sicher sehr viel gemütlicher als hier.«
»Ja, anzunehmen.« Er klang nicht zu überzeugt. »Und was wollt ihr machen? Die Bude ist eiskalt.«
Dabei machte ihr Kälte nicht das Geringste aus – aber das konnte sie ihm nicht sagen. »Ich nehme an, in ein paar Stunden funktioniert wieder alles, und wenn nicht, geh ich einfach früher in den Laden.«
Damit schien Sam beruhigt. Er aß sein Müsli auf, dann machte er sich über sein Marmeladebrot her. »Wer ist denn heute Abend da? Du oder Dixie?«
»Ich bin kurz da, werde aber später ausgehen.«
»Mit … ähm, Dr. Corvus?«
»Richtig.«
Sam kaute bedächtig, seine Augen wanderten zwischen Stella und Justin hin und her. »Läuft zwischen euch beiden etwas?«
Wo schnappte er nur solche Sachen auf? Und was darauf antworten? Nein wäre eine Lüge gewesen, und einfach Ja sagen konnte sie auch nicht.
»Stört es dich, dass ich ab und zu mit deiner Mutter zusammen bin?«, fragte Justin.
Sam überlegte eine Minute. »Nein! Ich hab nichts dagegen. Sie lächelt viel öfter, seit du hier bist. Bleib nur nicht zu lang weg mit ihr.« Er kaute den letzten Happen Brot und trug sein Geschirr zur Spüle.
»Hol jetzt bitte deinen Schulranzen«, sagte Stella zu ihm, »damit wir sehen können, ob du auch alle Hausaufgaben wirklich gemacht hast.«
Minuten später kam er wieder, in einer Hand sein Schulranzen, in der anderen ihren BH. »Mom«, sagte er, den BH in der ausgestreckten Hand haltend, »das da hab ich neben meiner Schultasche gefunden.«
Du lieber Gott im Himmel! Sie war sicher puterrot angelaufen. Sie packte den BH und stopfte ihn in ihre Jeanstasche. »Ich muss ihn in der Dunkelheit wohl fallen gelassen haben. Jetzt lass uns diese Wörter kontrollieren, die du immer falsch schreibst.«
Ein Kind im Haus zu haben, stellte alles auf den Kopf. Justin sah Stella dabei zu, wie sie mit Sam zusammen das letzte Diktat durchging. Verdammt! Er hätte einen Blick in die Diele werfen sollen, anstatt die Beweismittel überall herumliegen zu lassen. Beim nächsten Mal – es würde kein nächstes Mal geben. Noch diesen Abend würde er Stella sagen müssen, dass er vorhatte, sie zu verlassen. Für immer. Der Samstag bedeutete das Ende seiner Zeit in dieser Kolonie. Just zu dem Zeitpunkt, an dem er seine Lebensgefährtin gefunden hatte.
»Du siehst verärgert aus.« Sam wollte gerade »Pilger« buchstabieren, als er mitten im Wort unterbrach. »Was ist los?«
»Ich habe nur über etwas nachgedacht, das mich traurig stimmt.«
»Mach dir keine Sorgen, es tritt vielleicht niemals ein. Pflegt jedenfalls meine Mom zu sagen.« Wenn er nur Stellas Optimismus teilen könnte.
»Komm schon, Sam. Die letzten zwei noch.« Stella lenkte Sams Aufmerksamkeit wieder auf die Wörter. »Und jetzt pack alles zusammen, und ich bring dich zum Bus.«
»Wie wär’s, wenn du das Justin überlässt?«, fragte Sam.
»Von mir aus gerne. Hättest du was dagegen?«, fragte Justin Stella.
»Überhaupt nicht.«
»Da läuft doch was, oder?«, fragte Sam, noch ehe sie halb am Gartentor waren. »Zwischen dir und meiner Mom.« Er sah Justin ernst an. »Du hast ihr in der Diele den Büstenhalter ausgezogen. Das musst du gewesen sein, denn sie lässt ihre Sachen niemals auf dem Boden liegen. Ich darf es nämlich auch nicht.«
Ihm blieben zwanzig Meter, um eine ehrliche und plausible Antwort zu finden. Lügen kam nicht in Frage, aber die
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