Unsterbliche Liebe
schließlich doch zu einer schwarzen Hose und einem dazu passenden Top in wunderbar weicher Strickqualität überreden.
Sie befanden sich auf dem Rückweg durch die Mall, als ihnen jemand im Rollstuhl entgegenkam. Stella musste sich mit aller Kraft beherrschen, um den Fahrer nicht offen anzustarren. Es war Warty Watson, den sie trotz aller Verbände und Gipsschienen dennoch erkannte. Er schien noch weitaus mehr überrascht. Ihm wären beinahe die Augen herausgefallen und sein Mund stand offen, als er gurgelnd hervorbrachte: »Ms Schwartz!«
Die anderen waren im Gap auf einen Kaffee verschwunden, sodass sie nun völlig allein, von Angesicht zu Angesicht, dem jungen Mann gegenüberstand, der sie hatte sterben sehen. »Ach, hallo, Walter«, erwiderte Stella, wobei sie gerade noch rechtzeitig daran dachte, ihn nicht bei dem altehrwürdigen Spitznamen zu nennen, den die Kids immer verwendeten.
»Sie ist tot! Sie ist tot! Ich habe gesehen, wie sie gestorben ist!« Es klang wie ein erschrockenes Quäken, und dazu schüttelte Warty, mit Tränen in den Augen, ständig den Kopf.
»Beruhige dich, Walt!«, sagte seine Mutter und klopfte ihm auf die Schulter. »Du siehst doch, dass sie nicht tot ist. Schau sie doch an. Würde sie denn hier vor dir stehen, wenn Johnny sie erschossen hätte?«
Beides stimmte, aber das mussten Warty und seine Familie nicht wissen. Im Moment war Schadensbegrenzung angesagt.
Stella lächelte Warty zu und ging in die Hocke auf Blickkontakt. »Sieh mich an, Walter. Sehe ich aus wie tot?«
Er schüttelte den Kopf. »Aber ich war dabei! Johnny hat dich abgeknallt. Im Park! Bei diesem Brunnen.«
»Walter, ich steh hier vor dir und unterhalte mich mit dir. Du hattest einen fiesen Unfall und bist durcheinander.«
»Das sag ich auch immer«, sagte Walters Mutter und klopfte ihm wieder auf die Schulter. »Ich bin froh, dass wir Ihnen begegnet sind. Er ist einfach felsenfest davon überzeugt, Sie müssen tot sein. Das behauptet er sogar der Polizei gegenüber.«
»Ich hab geglaubt …«, begann Walter, der immer fassungsloser wurde, je länger er Stella anstarrte.
»Hör auf, dir über mich Gedanken zu machen, mir geht es gut.«
»Ihre Hände sind ganz kalt.«
Verdammt, das hatte sie vergessen. Stella zog ihre Hände von Warty zurück und steckte sie in die Hosentaschen. »Die sind immer so im Winter. Ich bin froh, dass du wieder auf freiem Fuß bist.«
»Er wurde gestern entlassen. Die Verletzungen waren nicht so schlimm wie zuerst vermutet.«
»Freut mich, zu hören.«
»Ich glaube Johnny nie wieder auch nur ein Wort!«, verkündete Warty Gott und der Welt.
»Wird auch höchste Zeit!«, erwiderte seine Mutter mit einem verbitterten Lächeln. »Er ist ein einziges Ärgernis, und das weißt du auch.«
»Aber den Teufel hab ich trotzdem gesehen. Das schwör ich. Er hatte feuerrote Augen und Fangzähne.«
»Vielleicht war es der Herr selbst, der dir eine Warnung geben wollte. Der Pfarrer meint das auch.«
Warty nickte. »Ja.« Dann sah er nach längerem Schweigen zu Stella auf. »Ms Schwartz, tut mir echt leid, das mit der Garage. Ich mach’s nie wieder.«
»Kein Problem, Warty – ’tschuldigung, Walter.«
Stella ließ ihre Kleider zu Boden fallen, schlüpfte in die Gummipantoffeln mit der Erdeinlage und stellte sich unter die Dusche. Es gab wieder Energie und damit auch heißes Wasser. Sam war mit Hausaufgaben beschäftigt, und sie hatte endlich eine Minute Zeit für sich. Was für ein Nachmittag! Überhaupt, was für ein Tag! Ebenso gut könnte sie sagen: Was für ein Leben! Sie musste so schnell wie möglich in die Alltagsroutine zurückfinden. Wenn sich Stella als Babysitter bewährte, und das Probetreffen mit Sam war gut gelaufen, dann würde sie problemlos regelmäßig für Dixie arbeiten können. Sie brauchte ein geregeltes Leben, bloß keine Twilight Zone! Aber was hieß schon »geregelt« im Falle einer Vampirfrau, die einen Ghul als Babysitter anheuerte?
Stella drehte das warme Wasser voll auf und seifte sich ein. Ihre Haut war nach den Liebesspielen der letzten Nacht noch hoch empfindsam. Bei allem anfänglichen Misstrauen hatte sie in Justin nun doch einen guten und anständigen Mann gefunden, und einen Liebhaber, dessen Künste ihren wildesten Fantasien bei weitem übertrafen. Einen tollen Burschen mit mehr als fünfzehnhundert Jahren auf dem Buckel. Was Erfahrung doch alles bewirkte!
Stella griff gewohnheitsmäßig nach ihrem Ladyshaver, ehe sie sich erinnerte, dass es
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