Unsterbliche Liebe
ich aber hier und unterhalte mich mit euch. Wenn ich nicht träume oder sonst wie halluziniere … was bedeutet das in letzter Konsequenz für mich?«
»Du hast dir schon deinen Reim darauf gemacht, oder?«, sagte Justin leise.
Stella schaute abwechselnd zwischen ihm und Dixie hin und her, mit verzweifeltem Blick und in der Hoffnung, alles entpuppte sich letzten Endes als Lüge oder perfider Spaß. Aber die Besorgnis, die sie aus den Gesichtern der beiden herauslas, war eindeutig. In ihrem Kopf überschlug sich alles, als ihr das Unfassliche dämmerte. »Ich bin ein Vampir.« Sie hatte das Gefühl, die Zeit sei stehen geblieben, während sie den Schock verdaute und keiner der beiden ihr widersprach. »Was ist passiert?«
»Du wurdest erschossen, und ich habe dich verwandelt. Deine Schwäche rührte daher, weil wir glaubten, du befändest dich auf heimatlicher Erde. Für derlei Fragen unterhalten wir ein Netzwerk.«
»Ein Notruf für Vampire sozusagen?«, fragte sie.
»Es gibt immer wieder Situationen, in denen wir …«
Die Haustür ging auf. »Mom!«, rief Sam. Eben erst hatte sie erfahren, dass sie ein Vampir sei, und nun sollte sie Sam zu Bett bringen. Das war zu viel verlangt. Wie sollte sie ihm das alles nur erklären?
»Sam braucht dich jetzt, als Mutter«, sagte Justin. »Alles Weitere erfährst du später. Du hast Zeit genug.« Sie hatte alles Wort für Wort gehört. Dabei hatte Justin überhaupt nichts gesagt. »Er hat sich Sorgen gemacht und er braucht dich jetzt.«
»Sam!« Stella umarmte ihn fest. Er war warm und lebendig, sein Gesicht von draußen noch kalt. Sein weiches Haar strich ihr über die Wangen. Sie hörte sein Herz schlagen und spürte das Pulsieren in seinen Venen, den Pulsschlag des Lebens. Sein süßes Blut roch verführerisch …
Nein. Bis hierher und nicht weiter. So etwas durfte sie nicht denken. Niemals!
»Du hast sicher eine Menge Spaß gehabt?«, fragte sie und glättete sein strubbeliges Haar.
»Wir waren in einem Pizzalokal. Kit mag keine Pizza, und ich durfte alles essen … und, Mom, ich darf Kit zu ihm sagen. Und ich hab ein neues Buch gekommen. Liest du mir daraus vor? Bitte! Ich bin so froh, dass es dir wieder gut geht.«
»Mit mir ist alles in Ordnung, Schatz.« Sie umarmte ihn noch einmal, um Abbitte zu leisten für diese Lüge. »Nun pack deine Sachen zusammen und bedank dich bei Kit und Dixie. Wir müssen nun wirklich nach Hause.«
Er machte ein langes Gesicht, als hätte sie soeben verkündet, Weihnachten würde in diesem Jahr ausfallen. »Mom! Kit hat gesagt, wir übernachten hier.«
Hat er das? Soso. Sie sah ihn lange an. Nicht zufrieden damit, sie zu einer der ihren gemacht zu haben, mischten sie sich nun auch noch in ihr Leben ein. In das Leben, das ihr nach ihrem Tod beschieden war. Und das bedeutete … ja, was eigentlich? Sie schüttelte den Kopf in dem Versuch, sich Klarheit zu verschaffen und etwas Ordnung in das Chaos ihres gegenwärtigen Lebens – oder Todes – zu bringen.
»Was hältst du davon?«, fragte Dixie. Sie war auf Stella zugegangen und stand nun direkt neben ihr. »Wenn Sam erst einmal im Bett ist und schläft, können wir uns unterhalten.«
Wenn Sam im Bett war und schlief – am liebsten hätte sie laut geschrien.
»Schrei ruhig, wenn dir danach ist, oder verprügle mich, aber ich muss dir trotzdem einiges erklären. Wie willst du denn überleben, wenn du nicht weißt wie?« Justin sprach, ohne wirklich zu sprechen. Sie konnte ihn hören, obschon er kein Wort gesagt hatte. Hörte sie Stimmen? Stella sah ihn finster an. Sie waren im Begriff, ihr Leben, ihren Tod neu zu organisieren, und nun kaperten sie auch noch ihr Bewusstsein.
Dixie legte eine Hand auf ihren Arm. Sie schwieg, blickte zu Justin und rollte die Augen. »Lass dich von niemandem zwingen«, sagte sie. »Du bist wirklich mehr als willkommen hier. Und versteh mich bitte nicht falsch, dir geht es jetzt gut. Sollte es dir zwischenzeitlich wieder schlechter gehen, kann einer von uns sich um Sam kümmern.«
»Einverstanden, aber nur diese eine Nacht. Morgen müssen wir zu Hause sein, schon weil Sam am Montag zur Schule muss.«
Sie verbrachten den Abend damit, Mau-Mau und Mogeln zu spielen. Seltsame Kombination, dachte Stella, Blutsauger, die mit Kindern Karten spielen. Aber nun gehörte sie ja auch zur Zunft der Blutsauger – eine Vorstellung, an die sie sich noch gewöhnen musste. Wenn sie bis dahin nicht verrückt wurde. Aber davon war jetzt nicht die Rede. Für
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