Unsterbliche Liebe
kommen?«
»Nein.« Sie ergriff seine Hand, und er trat näher.
»Hier. Für dich.« Er zauberte einen Strauß rosafarbener Rosen hinter seinem Rücken hervor. Stella starrte wie gebannt, zuerst auf die Blumen, dann auf Justin. Seine Mundwinkel kräuselten sich. »Gefallen sie dir?«
Sie gewann die Fassung so weit wieder, dass sie den Strauß entgegennehmen konnte. »Danke. Ich stell sie gleich ins Wasser.«
Er folgte ihr in die Küche, wo sie die Schränke nach einer passenden Vase durchsuchte und sich schließlich für einen Limonadenkrug entschied. »Sie sind wunderschön«, sagte sie, als sie die langstieligen Blumen arrangierte. »Danke noch mal.«
»Gerne doch«, erwiderte Justin.
»Ich liebe Rosen. Was könnte es im Sommer Schöneres geben?«
»Meine Großmutter hatte Rosen im Garten«, sagte Justin. »Einer der Haussklaven musste die Blütenblätter immer aufsammeln und den Tisch für den Abendessentisch damit verzieren. Meine Mutter ist früh verstorben, und ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen.«
»Wie lange ist das her, Justin?«
»Ich wurde im Jahre 110 nach Christus geboren, als Sohn eines römischen Zenturios und der Tochter eines britischen Kaufmanns. Meine Mutter verstarb noch bei meiner Geburt. Mein Vater, ein Ehrenmann, erkannte mich als seinen Sohn an und ließ mich nach Hause zu seinen Eltern bringen. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass ich später auch selbst in Großbritannien stationiert werden und dort auch sterben sollte.«
Dixie hatte also mit ihrer Bemerkung »viel älter« nicht gelogen. »Dann hast du ja fast zweitausend Jahre auf dem Buckel.«
Er nickte. »Ja, aber ich werde niemals älter sein als fünfundzwanzig.«
Seine Haare waren die eines jungen Mannes, ohne auch nur eine Spur von grau, und auch seine wie Oliven schimmernde Haut war makellos, nur beiderseits der dunklen Augen zeigten sich kleine Fältchen, und die Stirn erschien leicht gefurcht. »Trotzdem siehst du älter aus als fünfundzwanzig.«
»Weil die Zeiten viel härter waren. Damals war man mit vierzig schon ein Greis – wenn man zuvor nicht längst gestorben war.«
»Es gibt Tage, da fühle ich mich mit meinen zweiunddreißig schon alt.«
»Diese Zeiten sind nun endgültig vorbei.«
Das klang immerhin beruhigend. »Mag sein, aber so richtig gewöhnt habe ich mich an den Gedanken noch nicht.«
Er zog langsam die Mundwinkel hoch. »Mir geht es ähnlich.«
»Es wird nicht leichter mit der Zeit?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich fürchte nein. Aber man hat ja Freunde.«
Und Justin würde es ihr ein gutes Stück leichter machen. Wollte sie das? Bald würde er abreisen. Sie musste also lernen, alleine damit fertig zu werden. Andere hatten auch seit Jahrhunderten überlebt, warum sie nicht auch?
Sie stellte die Rosen in die Mitte des Küchentischs. »Wollten wir nicht ausgehen?« Warum die Sache nicht einfach hinter sich bringen! Er bestand darauf, ihren Mantel aus dem Dielenschrank zu holen und ihr hineinzuhelfen. »Brauch ich den überhaupt? Mir ist gar nicht kalt.«
»Das ist mir schon klar, aber wer im November ohne Mantel außer Haus geht, erregt schnell Aufmerksamkeit. Es ist immer besser, sich den Gemeinsterblichen anzupassen.«
Als ob er sich anpassen würde! Trotzdem hatte er recht. Sie knöpfte ihren Mantel zu, um nach einem letzten Blick auf den schlafenden Sam in die Nacht hinauszutreten, an ihrer Seite Justin Corvus, ehemals Regimentsmedikus der Legio Nona Hispana.
Er ging mit ihr ins Cup o’ Joe, wo sie auf einem Sofa mit Blick auf die Third Street Platz nahmen.
»Sieht aus wie ein Kennenlerndate«, sagte Stella, als er ihren Mantel nahm und über einen freien Stuhl legte.
»Kleine Plauderei vor dem Dinner, würde ich sagen.«
Sie musste lächeln. »Ach, was!«
»Und dabei trinken wir Kaffee und gehen als ganz normale Sterbliche durch.«
In ihrer Situation war ihr alles recht. Hauptsache der Moment, in dem sie einer wildfremden Person in den Hals beißen würde, ließe sich noch etwas hinauszögern. Sie musste es tun, schließlich hatte sie keine andere Wahl, aber wer hätte je gesagt, dass sie Gefallen daran finden sollte. Sie musste an den Hackbraten der Schulspeisung denken. Das Zeug hatte scheußlich geschmeckt, und sie hätte sich am liebsten übergeben dabei, aber gestorben war sie daran nicht.
Justin trat vom Buffet zurück, in jeder Hand eine große weiße Tasse. Er lächelte ihr zu und kam dann an den Tisch.
Stella betrachtete seine Schultern, als er auf sie
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