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Unsterbliche Liebe

Unsterbliche Liebe

Titel: Unsterbliche Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemary Laurey
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hielt die Herz-Zehn in der Hand, und Justin sagte: »Ich sehe nichts. Du hast es geschafft.« Endlich. »Probieren wir weiter. Noch fünf Karten.«
    Nachdem sie den Dreh erst einmal heraushatte, ging es ganz einfach. »Danke, dass du mir das gezeigt hast.«
    »Ist auch ganz praktisch, die Sache. Je älter du wirst, desto mehr kriegst du von den Gedanken der Sterblichen mit. Manchmal erdrückt es einen fast.«
    »Soll das heißen, ich kann die Gedanken anderer Leute lesen?«
    Er lachte. »Ja. Du kannst sie sogar ein Stück weit beeinflussen. Das musst du auch, sonst könntest du nicht trinken. Wildfremde Menschen halten ungern still, wenn du sie in den Hals beißt.«
    Natürlich nicht.
    Justin stand auf und streckte ihr die Hand entgegen. »Lass uns zum Abendessen schreiten.«

9
    Justin brachte sie in ein jenseits von German Village gelegenes heruntergekommenes Viertel an der East Side. Vom Dach eines mit Brettern vernagelten Hauses aus sahen sie auf ein Abrissgrundstück herunter. In einem Verschlag aus Abfallholz und Altpappe kauerten zwei dunkle Gestalten.
    »Lass sie zur Ruhe kommen«, sagte Justin, »dann schleichen wir uns vorsichtig an. Ich lulle sie etwas ein, und um genau mitzubekommen, wie ich das mache, öffnest du dein Bewusstsein für mich.« Stella nickte. Die Vorstellung dieser gedanklichen Nähe zu Justin bereitete ihr noch Unbehagen. »Du hältst dein Bewusstsein weiter offen. Wenn ich Stopp sage, hörst du sofort auf zu trinken. Schließlich soll deine Einführung in die Kolonie nicht zur Anweisung zum Töten missraten.«
    »Ist die Gefahr groß, jemanden dabei umzubringen?« Allein bei dem Gedanken wurde ihr angst und bange.
    »Nicht wenn du weißt, was du tust.«
    Bis jetzt wusste sie das nicht. »Wie lange dauert es denn bis dahin?«
    Er blickte in die Nacht hinaus, dann auf die menschlichen Gestalten zu seinen Füßen. »Keine vier oder fünf Minuten. Und merk dir eins: Nach dem Trinken musst du sämtliche Erinnerungsspuren im Bewusstsein deines Opfers löschen. Nur so bleiben wir unbemerkt.«
    »Wie gehe ich dabei vor?«
    »Halte dein Bewusstsein weiter für meines offen. Dann erfährst du es automatisch.«
    Wenn sie die Geschehnisse der letzten Tage bedachte, hatte sie nicht den geringsten Zweifel daran.
    Sie saßen, gespannt und abwartend, auf dem baufälligen Dach, während sich die beiden Landstreicher zum Schutz vor dem Novemberwind mit mehreren Lagen Zeitungspapier zudeckten. Justin drückte ihre Hand. »Öffne dein Bewusstsein«, sagte er. »Gut. Es dauerte nicht mehr lange. Mach genau, was ich dir sage.«
    Den letzten Satz brauchte er nicht auszuprechen. Es war nicht das erste Mal, dass er in ihr Bewusstsein eindrang, aber dieses Mal öffnete sie sich ihm komplett, als gäbe sie sich ihm voll und ganz hin. Der Gedanke ängstigte und erregte sie, bis er sie beruhigte. Sie war nun präsent und bereit für seine Anweisungen.
    Sie kletterten an der rückwärtigen Wand des Hauses herunter; Stella wartete im Schatten der Dunkelheit auf ein Zeichen Justins, um ihm dann zu folgen. Er ging neben einem der schlafenden Bündel in die Hocke; sie hockte sich zu dem anderen. Justin hatte tatsächlich nicht übertrieben. Sein ganzes Wissen und die im Lauf von Jahrhunderten gesammelte Erfahrung gingen auf sie über. Sie konnte ihr Opfer mit einem Zauber zu belegen, sodass es in einen tiefen Schlaf versank.
    Sie wusste, wo genau sie den Biss ansetzen musste, strich das lange Haar zur Seite, um die Haut bloßzulegen. Dann schob sie, genau wie Justin es ihr vormachte, einen Arm unter die Schulter des Mannes und hob ihn an, bis sein Kopf nach hinten fiel und der Hals vor ihren gierigen Zähnen freilag.
    Sie biss zu, beherzt und ohne zu zögern, als hätte sie schon immer fremde Hälse angeknabbert. Anfangs trank sie nur langsam, nicht gewöhnt an den warmen Blutstrom auf ihrer Zunge, bis der süße Geschmack menschlichen Lebenssafts sie überwältigte wie ein Glas Wein auf leeren Magen. Nun trank sie in vollen Zügen. Dies war ein Fest für Götter, ein Bankett für Unsterbliche. Nur leider musste sie aufhören, um ihr Opfer nicht zu sehr zu schwächen. Nur ungern ließ sie von ihm ab und leckte, auf Justins Wink hin, mit der Zunge über die Wunde, um sie zu versiegeln.
    Ihm die Erinnerung zu nehmen, dauerte nur noch wenige Sekunden. Dann deckte sie den Mann wieder mit seinen alten Zeitungen und der zerrissenen Steppdecke zu. Justin reichte ihr noch ein Bündel Geldscheine, die sie dem Mann in die Tasche

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