Unsterbliche Sehnsucht
Kriegswerkzeug, oder? Ihn ließ die Erinnerung daran, wie Nessa mit den Fingern in seine Flügel gefasst hatte, nicht los. Das Gefühl war mehr als nur ein sinnliches Andenken. Es war die Art von Empfindung – wohlig und innig –, bei der ein Mann vergaß, dass er kurz davorstand, in eine Schlacht zu ziehen.
Aber er musste sich jetzt zusammenreißen und auf den bevorstehenden Kampf konzentrieren. Danach erst durfte er sich mit der unglaublichen Aussicht auf ewiges Glück befassen. Nun galt es, sich zunächst einmal um Cuthah zu kümmern. Nach einem raschen Blick durch das kleine Büro wurde ihm klar, dass die Flügel auf so engem Raum eher eine Bürde als ein Vorteil sein würden. Er müsste den Kampf also anderswo austragen. Kein Problem!
»Er wird gleich da sein.« Er zog eine Klinge aus seinem Gürtel. Sie war schön leicht, hatte aber eine tödlich scharfe Schneide. »Der Plan ist klar, oder? Du bleibst schön hier. Aber nimm die, nur für den Fall der Fälle.«
Ohne zu zögern, streckte sie eine Hand aus und schloss sorgfältig die Finger um den Griff der Schneide.
»Hast du so was schon mal benutzt?«
Als sie den Kopf schüttelte, erklärte er ihr schnell das Wichtigste. »Halte die Klinge dicht am Körper. Beide Hände bleiben am Griff, die Spitze zeigt nach oben. Du musst abwarten, bis der Angreifer dir ganz nah ist. Das sollte aber nur als allerletztes Mittel dienen, klar? Es ist deine Absicherung, Baby. Ich lass Cuthah aber nicht an mir vorbei.«
Sie ließ sich von ihm zeigen, wie man die Klinge richtig hielt, bis er zufrieden war. »Du wirst ihn aufhalten.«
»Ja«, sagte er. »Das werde ich.« Er musste es. Auf keinen Fall würde er sie diesen Kampf für sich austragen lassen. Trotzdem fühlte er sich besser damit, zu wissen, dass sie nun eine Klinge besaß.
Er steckte seine Waffen in das Halfter und ging zur Tür, um sie aufzuschließen. Cuthah würde auf ihn schießen – daran bestand kein Zweifel. Und da das Mitglied der Herrschaften zuvor schon ein kleines Zusammentreffen in Nessas Labor veranstaltet hatte, nahm Zer an, dass er jeden Moment zurückkommen würde. Je schneller sich Zer also in Stellung brachte und herausfand, wie er sich im Labor einen Vorteil verschaffen konnte, desto schneller käme er auch in Sachen ewiges Glück voran.
Und tatsächlich, noch ehe Zer die Tür ganz aufgemacht hatte, kam Cuthah mit einem lauten Wumms durch einen der Eingänge, sodass eine Stoßwelle durch den Labortrakt fegte. »Bist du bereit?«
Er spürte ihr Nicken mehr, als dass er es sah.
»Los geht’s, Baby!« Das ganze Gebäude erbebte. Durch die Wucht von Cuthahs Ankunft drohte das Mauerwerk um sie herum einzustürzen. Möbel flogen durch den Korridor und die Spanplatten der Rückwände wurden durch den Druck aus ihren Verankerungen gerissen.
»Sei vorsichtig.« Mit den Fingerspitzen streichelte sie ihm kurz über die Flügel. »Hörst du, Zer? Pass da draußen auf dich auf. Ich möchte, dass du zu mir zurückkommst.«
Er hielt inne, nahm ihr Gesicht in beide Hände und drückte ihr fest seine Lippen auf den Mund. »Ich verspreche es dir, Baby. Ich werde wieder nach Hause kommen.« Ihr besorgter Gesichtsausdruck verriet ihm, dass seine Wissenschaftlerin trotz seines Versprechens klammheimlich die Wahrscheinlichkeiten berechnete, und die Ergebnisse gefielen ihr ganz und gar nicht.
Na, dann waren sie ja schon zu zweit.
»Cuthah ist hier, um sich ums Geschäft zu kümmern. Wir können seine Tarnung auffliegen lassen. Und zwar so richtig. Jetzt, da du eine Seelenverwandte bist, wird er dich erst recht umbringen wollen.«
Außerdem wusste sie, wie man noch weitere Seelenverwandte der Gefallenen finden konnte. Ja, dieses kleine Geheimnis hing unausgesprochen zwischen ihnen in der Luft. Sie war quasi eine sprechende, wandelnde Wünschelrute.
Es gab also Hunderte von Gründen, aus denen er Cuthahs Gewalttaten hier und jetzt ein Ende bereiten musste. Die Erinnerung an Esrenes Leiche war für ihn der blanke Hohn und ließ ihn nicht vergessen, dass er Brends’ Zwilling im Stich gelassen hatte. Es war seine Aufgabe gewesen, sie zu beschützen, doch er hatte es nicht getan. Schlimmer noch, es war zur Vertreibung der Herrschaften gekommen, nachdem Cuthah Esrenes Ermordung dazu benutzt hatte, ihn zu manipulieren.
Ja, es war an der Zeit, es ihm heimzuzahlen. Und dazu brauchte er nichts weiter zu tun, als abzuwarten. Cuthah war wild entschlossen, ihn und seine Frau zu erwischen.
Er musste Zer ein für
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