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Unsterbliche Sehnsucht

Unsterbliche Sehnsucht

Titel: Unsterbliche Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Marsh
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dem Parfum einer anderen stinken.
    »Lass mich gehen!«, rief sie ihm nach.
    »Keine Chance. Du bleibst hier, wo ich dich im Auge behalten kann.«
    »Vertraust du deinen Gefängniswärtern etwa nicht?« Ihre höhnische Bemerkung kam der Wahrheit näher, als ihm lieb war.
    So, wie die Dinge lagen, hätte er seinen Brüdern sein Leben anvertraut, doch er würde nicht den Fehler machen, sie zu unterschätzen. Und er ahnte, dass sie ihn um den kleinen Finger wickeln könnte, wenn sie es darauf anlegte. Dazu brauchte sie ihm nur jene Leidenschaft zu schenken, die sie tief in sich trug. Wenn sie erst für ihn brannte, wäre er verloren.
    »Bleib da«, brummte er, nur um zu sehen, wie sie verärgert die Augen aufriss.
    »Ich bin doch kein Hund«, setzte sie an, doch er zog bereits seine Lederklamotten aus und ließ die schwere Kluft zu Boden fallen.
    »Ich gehe jetzt duschen«, sagte er ruhig, »und dann werd ich mich schlafen legen. Neben dir.«
    Er ließ die Badezimmertür offen stehen, damit er das Apartment sowie seine momentane Bewohnerin im Auge behalten konnte, und drehte die Dusche auf. Der heiße Wasserstrahl verbrannte ihm fast die Haut und holte ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Er sah zu ihr hinüber, während er nach der Seife griff. Er war nicht dumm. Ihm war klar, dass sie loslaufen würde, sobald er ihr den Rücken zudrehte, also durfte er ihr keine Chance dazu geben.
    Da Zer die Tür offen stehen ließ, schloss Nessa, dass ihm seine Privatsphäre wohl nicht sonderlich wichtig war. Selbst als der heiße Dampf den Raum erfüllte, konnte sie noch seinen Körper betrachten. Vollkommen unbekümmert hatte er sich direkt vor ihr ausgezogen und die schweren Ledersachen auf den Boden geworfen. Ihr entging nicht, dass er seine Klingen in Reichweite behielt. Als er sie auf den Tresen gelegt hatte, waren ihr die dunklen, tintenschwarzen Wirbel aufgefallen, die um seine Handgelenke verliefen.
    Das Bad sah aus wie ein Vorzeigeobjekt für luxuriöse Wohnausstattung, doch die großen Stumpenkerzen und die terrakottafarbenen Fliesen wirkten neben dem Mann geradezu mickrig.
    Zer besaß unglaublich breite Schultern, kräftige Beine. Muskeln traten hervor, als er sein Gesicht unter den heißen Duschstrahl hielt und seine nassen Haare zurückstrich. Wassertropfen liefen an seiner goldenen Haut hinunter und sein markantes Gesicht kam noch mehr zur Geltung. In dem Dampf waren Zers Konturen immer undeutlicher zu erkennen, doch der Gefallene verlor dadurch nichts von seiner Gefährlichkeit. Stattdessen verstärkte der Nebel diesen Eindruck bloß.
    Er war ein tödliches Raubtier, das nur zum Teil hinter der Dampfwolke verschwand.
    »Warum tust du das?«, rief sie ihm zu.
    Zer murmelte etwas vor sich hin und wiederholte seine Antwort dann noch einmal mit lauter Stimme.
    »Weil es sonst respektlos wäre«, sagte er. »Ich werde heute Nacht neben dir liegen, Baby, aber nicht so dreckig.«
    Sie hatte eigentlich die Entführung gemeint, doch seine Worte brachten sie sofort zum Schweigen.
    Er seifte sich mit schnellen, gezielten Bewegungen ein. Nessa gewann nicht den Eindruck, dass er sie damit anmachen wollte, war jedoch trotzdem nicht dazu in der Lage, den Blick von ihm zu lösen. Als er schließlich das Wasser abstellte und sich umdrehte, runzelte sie die Stirn. Weiße Furchen zogen sich über seinen sonst so glatten Rücken – es handelte sich um dickes, knotiges Narbengewebe.
    Welche Schmerzen mussten mit diesen Wunden einhergegangen sein? Er besaß auch Narben im Gesicht und auf den Unterarmen, doch diese waren kein Vergleich zu den gewundenen weißen Linien, die aussahen, als hätte ihm dort jemand die Haut vom Rücken geschält – oder zumindest ein großes Stück davon abgezogen.
    Zer bemerkte, dass sie ihn wie ein erschrockenes Reh anstarrte und fluchte.
    »Was ist mit deinem Rücken passiert?«
    »Nichts.« Offenbar nichts, worüber er reden wollte, und sie verstand das auf gewisse Weise sogar. Bei welchem schrecklichen Erlebnis er auch immer solche Schmerzen erlitten hatte, es war wohl am besten, die Erinnerung daran zu verdrängen. Und dennoch konnte sie nicht anders und musste ihre Frage einfach wiederholen.
    »Was hat dir das angetan?« Es erschien ihr unvorstellbar, dass jemand ihn überwältigt hatte.
    »Es ist vor langer Zeit passiert«, brummte er. Fluchend schlang er sich ein dickes Baumwollhandtuch um die Hüften und kam zurück ins Zimmer. »Vor Jahrtausenden.«
    Damit ließ sie ihn nicht davonkommen.

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