Unsterblichen 02 -Unsterblich wie ein Kuss-neu-ok-27.01.12
aber Patrick musste wissen, dass sie
sich nicht wie ein Invalide behandeln ließ.
»Es
geht hier nicht um deine Bedürfnisse, mein Schatz, sondern um meine.«
Violets
Herz klopfte wie wild. Er hatte sie Schatz genannt. Er nahm sich viel zu viel heraus! Nur die Nähe der anderen Gäste hielt
sie davon ab, ihm ihren Arm zu entreißen. Widerwillig ließ sie sich von ihm aus
dem Speisezimmer führen. Hinter ihr unterhielt sich Angelica mit Daniel, der
seinerseits die Prinzessin zum Musiksalon eskortierte.
»Sie
reden Unsinn«, sagte sie gepresst.
»Das
stimmt, aber ich scheine das verhängnisvolle Bedürfnis entwickelt zu haben,
dich ständig berühren zu müssen.«
Violet
überlief ein Schauder bei diesen verführerischen Worten. Sie strich
unwillkürlich über die Stelle, an der sie ihren Dolch verborgen hatte - das gab
ihr ein Gefühl der Sicherheit. Sie wusste, was er im Schilde führte, sie war
kein ahnungsloses Gänschen: Er versuchte sie zu verführen.
Nun,
es war zu erwarten gewesen. Sie selbst hatte ihn ja mit ihrem unbedachten Kuss
ermutigt.
»Ich
hoffe, Sie werden dieses Instrument zufriedenstellend finden, Lady Violine«,
unterbrach Lady Summers ihre Überlegungen. Violet stieg der Geruch von
poliertem Holz in die Nase, und sie streckte lächelnd den Arm aus.
»Danke,
Lady Summers, sie ist wunderschön.« Violet nahm die Geige entgegen und wich vor
Patrick zurück. »Wo soll ich mich hinstellen?«
»Hier
entlang, bitte!«, forderte Lady Summers sie auf. Violet folgte der Dame und
ließ Patrick ohne ein Wort zurück.
Nachdem
jeder der Anwesenden einen Platz gefunden hatte, wandte Violet sich an ihre
Gastgeberin.
»Haben
Sie einen bestimmten Wunsch?«
»Nein,
spielen Sie nur. Was immer es ist, ich bin sicher, es ist hervorragend.«
Violet
bedankte sich mit einem Lächeln, setzte die Geige an und hob den Bogen.
Eine
weiche, perlende Melodie erfüllte den Saal, und Violets Gedanken begannen zu
schweifen.
Patrick
begehrte sie, und wenn sie ehrlich war, sie begehrte ihn auch. Sie wusste, dass
die Gesellschaft Frauen verurteilte, die sich einem anderen Mann hingaben als
ihrem Ehemann. Aber Violet war unter Zigeunern aufgewachsen und hatte eine ganz
andere Auffassung.
Die
Zigeuner machten kein Hehl aus ihrer Leidenschaft, weder die Frauen, noch die
Männer. Es war keine Schande, einen Mann zu begehren und ihm dies offen zu
sagen. Violet hatte es nur deshalb noch nicht getan, weil sie wegen ihrer
Behinderung zu verunsichert gewesen war.
Doch
jetzt hatte sie gelernt mit ihrer Nase zu sehen, wie andere mit ihren Augen.
Sie stolperte nicht länger, konnte sich in der Welt frei bewegen, wie andere
auch.
Es
stand ihr frei, ihre Leidenschaft für diesen Mann, der nur wenige Meter von ihr
entfernt auf einem Sofa saß und ihrer Musik lauschte, näher zu erforschen.
Sein
Duft stieg ihr in die Nase, und sie merkte, wie ihr heiß wurde.
Ja,
sie würde Patricks unausgesprochenes Angebot annehmen. Aber unter ihren
Bedingungen. Die neue Umgebung hatte sie zunächst tief verunsichert, doch jetzt
hatte sie das Gefühl, wieder alles unter Kontrolle zu haben. Nein, sie würde
sich nicht passiv von einem Mann verführen lassen. Sie wollte ihn, obwohl er
ein Bluttrinker war.
Sie
musste an Ismail denken, und ihr Spiel wurde dunkler, unheilvoller. Sie würde
ihn finden. Und dann würde er sterben.
Dann
war ihr Spiel zu Ende und wurde mit begeistertem Applaus quittiert. Violet verbeugte
sich. Sie hoffte, dass sich die Leute mit dem einen Stück zufriedengeben
würden. Jetzt, wo ihr Entschluss in Bezug auf Patrick gefasst war, machte sich
in ihrem gesamten Körper eine gespannte Erwartung breit.
»Wundervoll!
Einfach wundervoll!«, schwärmte Lady Summers und kam zu ihr. Der Tonfall der
Dame verriet Violet, dass sie sich ihr Kleid offenbar mehr als verdient hatte.
»Danke,
Mylady.« Und bevor die Ältere mehr sagen konnte, fügte sie hinzu: »Obwohl ich
hoffe, dass man sich mit dem einen Stück zufriedengeben wird. Ich möchte nicht
zu viel spielen... die Leute könnten sonst auf den Gedanken kommen, sich einen
Besuch im Zirkus sparen zu können.«
»Kluges
Mädchen«, lobte Lady Summers lachend. Sie nahm Violet Geige und Bogen ab. »Ich
wusste sofort, dass ich Sie mögen würde. Schon als ich Sie zum ersten Mal sah.«
Violet
errötete und bekam Gewissensbisse, weil sie nicht ganz ehrlich mit der Lady
war. »Sie könnten ja vielleicht Prinzessin Kourakin bitten, etwas auf dem
Klavier vorzutragen. Das würde Ihren
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