Unsterbliches Verlangen
jetzt sicher schon zum dritten oder vierten Mal. Wie kam er dazu? »Hast du denn Angst, Sam?«, fragte Stella, als sie auf den Hotelparkplatz einbog.
»Eigentlich nicht«, erwiderte er. »Ich weiß, dass alles in Ordnung ist, aber Dad weiß es nicht, und er macht sich Sorgen. Immerhin wurde hier jemand ermordet, auch wenn es schon länger her ist. Ich weiß, du glaubst, es waren diese alten Damen und vielleicht dieser furchtbare Sebastian, und vermutlich hast du recht, aber wir sind hier mittendrin. Dad nicht, und er hat Angst um uns.«
Wie, um Himmels willen, hatte er das bloß alles aufgeschnappt? Und wieso war er plötzlich so altklug? »Wie kommst du dazu, ich würde glauben, es wären die alten Underwood-Damen gewesen?« Mal sehen, was er sonst noch so alles aufgeschnappt hatte.
»Liegt irgendwie auf der Hand, Mum. Ist schließlich ihr altes Haus und ihr Garten, und sie haben hier einiges verbrochen. Wenn sie es nicht gewesen sind – was sein könnte, weil sie so alt waren –, dann wette ich jedenfalls, dass sie alles gewusst haben.«
»Klingt logisch, mein Sohn.« Vollkommen logisch sogar, in ihren Augen. Dieser Südengland-Trip wurde immer mehr zum Debakel!
»Dann ruf ihn an, Mum, und sag ihm, wann wir wieder zu Hause sind.«
»Willst du wirklich abreisen? Du hattest doch so eine tolle Zeit mit Peter.«
»Das stimmt. Ich mag ihn auch sehr, und er wird mir fehlen, aber ich finde trotzdem, Mum, es ist Zeit nach Hause zu fahren. Höchste Zeit.«
Warum nicht? Diese Reise war nicht so verlaufen, wie sie es sich vorgestellt hatte. Sie hatte Antonia ihre Hilfe angeboten und ihr Versprechen gehalten. Sam hatte recht; es war Zeit, nach Yorkshire zurückzufahren.
Und Justin wäre sicher hocherfreut.
Justin klappte sein Telefon ein. In Anbetracht der jüngsten Entwicklung erfreute und erleichterte ihn die Aussicht auf ihre Rückkehr. Sicher ließ sich alles bald aufklären, das Mordopfer würde identifiziert und sie könnten wieder zur Normalität zurückfinden – was auch immer das für einen Ort wie Bringham bedeutete. Ihm wäre es ja am liebsten gewesen, wenn sie noch am selben Tag abgereist wären. Die ganze Sache war ihm von Anfang an suspekt gewesen. Gegen ein paar Tage Urlaub war nichts einzuwenden, aber warum ausgerechnet in Bringham? Weil die starrköpfige Antonia ausgerechnet dort ihr neues Geschäft aufbauen musste.
Er schüttelte den Kopf. Das alles war mittlerweile Schnee von gestern, und warum sollte man sich noch darüber aufregen. Bis zum Wochenbeginn würden sie wieder sicher zu Hause sein, was auch für ihn hieß, schleunigst nach Havering zurückzukehren. Stella brauchte es nie zu erfahren.
Sam würde das Geheimnis nie verraten. Erstaunlich, dieser Junge. Sein Sohn.
Justin ging in die Küche und nahm sich einen Blutbeutel aus dem Kühlschrank, riss ihn mit Hilfe eines seiner Fangzähne auf und leerte ihn in einem Zug. Es dauerte nicht lange, und …
… sein Handy klingelte abermals.
Verdammt! Gwyltha! »Salve, die Dame!«
»Salve, alter Kurpfuscher. Was hört man denn da für Geschichten aus diesem durchgeknallten Dorf?«
»Du meinst Bringham?« – »In der Tat. Ist zwar sicher der reine Zufall, aber seit deine Frau, unser Ghul und Antonia dort sind, wurde über Bringham landesweit dreimal berichtet: Leichenfunde, der Hund des Pfarrers mit dem Maul voller gestohlener Juwelen und der Beitrag auf der letzten Seite, es seien Außerirdische dort gelandet.«
Nicht besonders fair, Stella für irgendetwas davon verantwortlich zu machen! Vor allem die Geschichte mit den Außerirdischen. »Gwyltha, schreckliche Dinge passieren nun mal, und das Verbrechen lauert heutzutage überall. Der Leichenfund – es war übrigens nur eine Leiche – war reiner Zufall. Damit muss man rechnen, wenn man renoviert.«
Ihr Lachen klang noch immer sehr sexy, reichte aber an Stellas nicht heran. »Justin, ich habe schon fast hundert alte Häuser renoviert, und das letzte Mal, als ich eine Leiche in einem gefunden habe, war irgendwann im achtzehnten Jahrhundert.«
Mochte schon sein, aber … »Es wird sich alles klären, Gwyltha. Die Polizei löst heutzutage so gut wie jedes Rätsel. Und Stella und Sam wollen nach dem Wochenende sowieso wieder zu Hause sein.«
»Verstehe.« Er hoffte, nicht. »Du machst dir auch Sorgen und willst sie wieder zu Hause haben? Wird auch langsam Zeit, finde ich. Stella hat ja so nebenbei auch noch ihren Jaguar zu Schrott gefahren. Gibt’s sonst noch was, das ich wissen muss,
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