Unsterbliches Verlangen
sollst halt aufpassen. Das will ich damit sagen.«
Sie schob ihm seine Tasse zu. »Willst du Gebäck dazu? Ist ein neues Rezept von Emily.«
»Bist du dir sicher, da ist kein Schierling oder Eisenhut drin?«
Sie verzog das Gesicht, butterte aber trotzdem ein Milchbrötchen für ihn und schnitt es in der Mitte durch. Er biss hinein. Gar nicht so übel. Ihm ging es gut hier mit seiner Mildred. Wenn er nur sicher sein könnte, dass dieser verdammte Balg aus dem Auto die Klappe halten würde.
Er saß vor seinem Teller, hielt die Tasse in der Hand und beobachtete Mildred, wie sie den Fernseher anstellte. Es war ihm ein Rätsel, warum sie so großen Wert auf dieses abendliche Ritual legte, aber solange sie ihn gut bekochte, nahm er gerne daran teil.
»Oh, sieh mal!«, rief sie. »Da ist Orchard House.« Es war eine Gruppe von Leuten zu sehen, und in einem Begleitkommentar hieß es, in der Nähe des Leichenfundorts von letzter Woche sei neues, möglicherweise entscheidendes Beweismaterial ausgegraben worden. »Nein, so was!«, fuhr Mildred fort. »Da ist diese Elizabeth Connor, von der ich dir schon erzählt habe. Gab sich als Hexe aus und wollte in unseren Zirkel. Stell dir vor, die ist jetzt im Fernsehen.«
Was scherte es ihn, wenn der Zirkel wieder aktiv werden könnte? Und wenn Mildred sich mit diesen alten Schachteln getroffen hatte? Ihn beschäftigten jetzt ganz andere Dinge.
Neben dieser amerikanischen Hexe stand das Kind aus dem Auto. Der Bursche hielt sich hier auf, in Bringham, und so lange die kleine Kröte hier frei herumlief, könnte er, John Rowan, es nicht wagen, sein Haus zu verlassen.
Da musste was geschehen. Die kleine Kröte konnte alles kaputt machen.
20
Warrington blickte auf das vor ihm am Schreibtisch sitzende Paar.
»Sie glauben also«, sagte er zu dem schmächtigen, unbeholfen wirkenden Mann, »bei dem Mordopfer von Bringham handelt es sich eventuell um Ihre Mutter?«
Er holte tief Luft und sah die Frau an, die ihm ermutigend zulächelte. »Ich halte zumindest die Wahrscheinlichkeit für recht hoch«, erwiderte er. Zögerlicher Bursche, aber wer wäre das nicht bei der Vermutung, seine eigene Mutter wurde ermordet und unverzüglich verscharrt?
»Verstehe.« Warrington überflog das Protokoll, das Jeffers angefertigt hatte. Sie hatte die ganze Zeit über still in der Ecke gesessen und unaufhörlich geschrieben. Er war schon jetzt gespannt, was sie zu der Geschichte sagen würde. »Ihre Mutter ist vor zwanzig Jahren verschwunden – davongelaufen, wie Ihnen gesagt wurde. Der Zeitraum würde passen, und sie wurde als vermisst gemeldet.«
»Später wurde mir gesagt, sie sei verstorben.«
»Aber Sie haben nie eine Sterbeurkunde gefunden? Das überprüfen wir schneller als Sie, verlassen Sie sich drauf.« Warrington hielt inne. »Sie erinnern sich, dass Ihre Mutter öfter in Orchard House war, zu Ausbildungszwecken bei den alten Damen. Was waren das denn für Damen?«
»Die beiden Misses Underwood. Faith und Hope hießen sie.«
Die Namen ließen Jeffers aufhorchen. Offenbar kamen sie ihr bekannt vor. Interessant. »Welche Erinnerungen haben Sie an die zwei?«
Die junge Frau, Judy Abbott, lachte schrill auf. »Entschuldigung. Aber ich konnte nicht anders. Jeder in Bringham kann Ihnen eine Geschichte über sie erzählen, aber mach du weiter, James.«
»Das mag durchaus sein, aber mich würde interessieren, was Sie dazu zu sagen haben, Sir.«
James hielt inne, die Stirn gerunzelt, wie um sich zu konzentrieren. »Wann ich sie zum ersten Mal gesehen habe, kann ich nicht sagen. Sie waren einfach schon immer da. Als Kind fürchtete man sich vor ihnen, mit ihren keifenden Stimmen und den vielen Stoppeln auf der Oberlippe. Faith hatte lange, gelbliche Fingernägel, und ich hatte immer Angst, sie könnte mir wehtun, wenn sie die Hand nach mir ausstreckte, und Hope spuckte beim Reden.« Er schüttelte den Kopf. »Komisch, daran habe ich die ganzen Jahre über nie gedacht. Dabei waren sie noch gar nicht so alt damals. Vielleicht sechzig. Sie waren im ganzen Dorf als Hexen bekannt …« Wieder eine Pause. »Sie haben Magie betrieben, zumindest erzählte man sich das.«
Interessant. »Und Sie haben das geglaubt, Mr Chadwick?«
Eine lange Pause. Für Warrington nichts Neues: verdächtige Personen überlegten sich genau, was sie sagten. Nur war das kein Verdächtiger, sondern ein rechtschaffener Bürger mit wertvollen Hinweisen.
»Nicht so richtig, aber auf Drängen meines Onkels bin ich dem Zirkel
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