Unsterbliches Verlangen
oder eigentlich der Kopf war unbedeckt. Sie hatte lange Haare, sehr schmutzig, aber lang, und sah aus wie ein Mädchen. Krass – echt, anders kann man nicht sagen. Steve – der Gehilfe von Mark – hat gesagt: ›Oh, mein Gott‹ und hat mitten in die Brombeeren gekotzt.«
Kleine Jungs waren eindeutig weniger empfindlich als Erwachsene. »Sam, genug jetzt.«
»Aber Mum, Antonia hat doch gefragt.«
»Trotzdem, es reicht.« Puh! Das Landleben in England hatte durchaus seine Schärfen. Aber wenigstens gab es in Surrey keine Schurkenvampire. Dafür nur Autoentführer und ab und an einen kleinen Leichenfund.
Die Tür ging auf. Alle Augen richteten sich auf den stattlichen Mann, der hereinkam. »Schönen Nachmittag, meine Damen«, sagte er. »Sir«, fügte er mit einem Nicken in Richtung Sam hinzu. »Ich bin Detective Inspector Warrington. Tut mir leid, dass ich Sie warten lassen musste, aber die Männer von der Spurensicherung hatten noch zu tun, und ich wollte zuerst mit ihnen reden, ehe sie abzogen.«
»Sie sind schon weg?«, fragte Antonia und stand auf.
»Ja, Madam, und mit wem habe ich bitte die Ehre?«
»Antonia Stonewright. Mir gehört das Haus.«
»Miss Stonewright.« Er streckte die Hand aus. »Tut mir leid wegen der Unterbrechung, meine Damen, aber für ein paar Tage werden die Arbeiten wohl ruhen müssen. Es sind weitere Untersuchungen des Schauplatzes erforderlich, womöglich müssen wir auch noch tiefer graben. Man weiß nie, was noch alles zum Vorschein kommt.«
»Was ist mit der Leiche?«, fragte Stella.
»Wir sind mitten drin, sie zu bergen.«
»Es war ein Mädchen, stimmt’s?«, fragte Sam.
»Den bisherigen Erkenntnissen zufolge, ja,«, sagte der Inspector. »Bist du der Bursche, der vor Ort war, als sie gefunden wurde?«
»Sehr richtig!«, sagte Sam forsch. Stella wollte aufstöhnen, so übereifrig war er.
»Könntest du mir vielleicht berichten, wie es ablief?« Er sah in die Runde. »Ist jemand die Mutter dieses jungen Mannes?«
»Ja, ich«, sagte Stella und stellte sich dicht neben Sam.
Er nickte Stella zu. »In Ordnung, wenn ich ein paar Takte mit ihm rede? Nur um zu hören, was er zu sagen hat.«
»Von mir aus gerne.« Sam war so voller Eifer dabei, und ein Nein wäre wohl ohnehin kaum möglich gewesen.
Der Inspector ging in die Knie, um mit Sam auf gleicher Augenhöhe zu sein. »Wie heißt du denn, mein Kleiner?«
»Sam. Sam Corvus.«
»Nun, Sam. Könntest du mir sagen, was genau wann passiert ist?«
»Ich hab zugeschaut, wie sie diesen alten Schutzbunker abgerissen haben und …« Sam fuhr fort, wobei er im Großen und Ganzen wiederholte, was er zuvor schon erzählt hatte, einschließlich aller Details dessen, wie der arme Steve sich übergeben musste. So ein Detective Inspector hatte eindeutig einen stärkeren Magen als eine Mutter. Er hörte gebannt zu, als hätte ihn nie etwas mehr interessiert, und als Sam fertig war, stand er auf und reichte ihm die Hand.
»Bist ein guter Beobachter, Sam.« Er sah in Richtung Tür zu der jüngeren Polizistin, die alles zu Protokoll genommen hatte. »Haben Sie alles, Jeffers?«
Jeffers nickte. Heiliger Strohsack! Sie hatte das alles Wort für Wort festgehalten. Nun ja. Sam hatte alles mit eigenen Augen gesehen und …
»Ist Ihnen, meine Damen, vielleicht was aufgefallen?«, fragte Warrington.
»Wir saßen hier und haben gearbeitet, als Sam hereinkam und verkündete, dass eine Leiche gefunden wurde. Dann kam Mark Gould herein und hat Sie angerufen«, sagte Elizabeth.
»Ich bitte nochmals um Entschuldigung wegen der Unterbrechung. Aber in einer Woche müssten wir fertig sein, dann können die Arbeiten weitergehen. Und denken Sie dran, niemand übertritt das Absperrband. Sonst noch Fragen?«
»Ja.« Alle Augen richteten sich auf Sam. »Wie werden Sie herausfinden, wer sie ist?«
Als Detective Inspector hatte man anscheinend nicht oft mit zehnjährigen Jungs zu tun. Stellas Mundwinkel zuckte, als sie gespannt auf die Antwort wartete. »Sam, zuerst werden wir eine Obduktion durchführen, um herauszufinden, wie lange sie hier gelegen hat und wie alt sie war. Dafür hat man bestimmte Tests. Wenn wir ein Datum haben, gehen wir zurück und sehen uns alle in diesem Zeitraum verschwundenen Personen an, auf die diese Beschreibung und das Alter passen. Darauf folgen dann noch viele Untersuchungen und Nachforschungen.«
Sam machte ein angestrengtes Gesicht, als er sich das anhörte. »Wurde sie ermordet? Sicher doch, oder?«
»Genau wissen
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