Unsterbliches Verlangen
noch zu jung. Wenn’s nach mir ginge, würde ich dich ja gern zu einem Stück Sirupkuchen einladen, aber …« Alf nickte Sam zu. »Lauf und komm mit einer der Damen wieder.«
»Okay.«
Sam wandte sich gerade zum Gehen, als ein Mann an der Bar sagte: »Tschuldigung, aber ist da drüben vielleicht Antonia Stonewright?« Sein Leben in rauer Umgebung hatte ihn Vorsicht gelehrt. Er zögerte, aber der Mann sah nett aus und hatte nichts Bedrohliches an sich; und zwei Vampire und ein Ghul waren stärker als jeder Schurke an einem x-beliebigen Tag der Woche. »Ja, das ist sie«, erwiderte er.
»Ah!« Der Mann dachte nach. »Ich hab versucht, sie in Orchard House zu erreichen, aber sie war gerade gegangen, hieß es.«
»Sie sind dort gewesen?«
Er nickte. »Ich hatte gehört, ihr hättet jede Menge Ärger gehabt, und wollte mich vergewissern, dass Antonia nichts zugestoßen ist.«
»Wir haben eine Leiche gefunden.«
Er sah so geschockt aus, wie man es von einem Erwachsenen erwarten würde. »Jemand aus dem Dorf?«
»Ich weiß nicht genau, wie sie feststellen wollen, wer sie ist, aber der von der Polizei hat gesagt, es geht.«
Der Mann kräuselte nachdenklich die Augenbrauen. »Aber Antonia und den anderen geht es gut?«
»Uns geht’s gut. Wir haben gerade erst gegessen. Ich glaube, Mum und die anderen wollten mit mir ausgehen, weil sie dachten, ich könnte mich erschrecken.«
»Hast du?«
»Ein bisschen. Es ist ziemlich fies, jemanden jahrelang so zu verstecken, aber immerhin habe ich viel zu erzählen, wenn ich wieder in der Schule bin.«
»Da bin ich mir sicher. Wie heißt du denn, Bursche?«
Sam streckte die Hand aus. »Ich bin Sam Corvus.«
Der Mann hatte sympathische Augen und einen angenehmen Händedruck. »Michael Langton, Sam. Hi.«
»Oh, Sie sind Antonias Töpfer?«
Klang wie ein Lachen von hinter der Bar. Alf verzog keine Miene, sah aber aus, als hätte er soeben eine Biene verschluckt.
»Ja, Sam«, sagte Michael Langton. »Antonia will meine Arbeiten in ihrer neuen Galerie verkaufen.«
»Eigentlich nennt es sich Zentrum für Kunst und Handwerk«, verbesserte Sam. »Es gibt nicht nur Gemälde und so. Alles, was hier aus der Gegend kommt, gut ist und sich verkaufen lässt.« Jedenfalls hatten Antonia und Elizabeth genau das unzählige Male gesagt.
»Ich glaube, auf Antonia und so ein Zentrum hat das Dorf schon lange gewartet.« Michael Langton hielt inne. »Sag mal, Sam: Meinst du, deine Mutter hätte was dagegen, wenn ich diese Siruptorte bezahle? Dann müsste sie nicht extra rauskommen.«
Was würde sie sagen? Der Mann kannte Antonia, und auch Alf hielt ihn anscheinend für in Ordnung. »Dürfte kein Problem sein, aber drei neue Flaschen Wasser wollen sie auch noch, Malvern und mit Kohlensäure.«
»Ich übernehm’s.« Er gab Alf einen Geldschein.
»Wohnst du jetzt hier?«, fragte Michael Langton.
»Nein, wir wohnen in Yorkshire.« Er sah Michael Langton eindringlich an. »Mögen Sie Antonia? Ich meine, richtig mögen?«
»Ja, das kann man sagen.«
Sam hätte am liebsten einen Luftsprung gemacht und laut »Juhu!« gerufen, aber … »Ich bin so froh, weil ich glaube, dass sie Sie sehr, sehr gern hat.«
»Möchtest du Sahne zu dem Sirupkuchen?« fragte Alf.
Sam sah Michael fragend an. Immerhin war er es, der bezahlte.
»Willst du?«
»Bitte!«
»Warum glaubst du denn, dass sie mich sehr, sehr gern hat?«, fragte Michael.
Sam grinste. »Sie sieht so glücklich aus, wenn sie von Ihnen erzählt. Sie ist ja wirklich nett, aber sie war immer so erwachsen und todernst. Jetzt ist sie so wie Mum, als sie meinen Dad kennengelernt hat, meinen Stiefvater, meine ich. Völlig durch den Wind, aber glücklich.«
»Verstehe.«
»Ihr seid verliebt, stimmt’s?«
»Bitteschön!«, sagte Alf. »Dreimal Malvern mit, Siruptorte auch mit und … Willst du noch was trinken, Sam?«
»Nein, danke. Ich hab noch was.«
»Sehr wohl.«
Alf reichte Michael das Tablett.
Michael stemmte es in die Höhe. »Okay, Sam, geh du voraus. Ich folge dir.«
Als er Antonias Gesicht sah, konnte Michael sich ein Grinsen nicht verkneifen. Die anderen beiden Ladys – die Brünette, auf die Sam zuging und der sofort mit der Neuigkeit herausplatzte, dass er gerade »Antonias Freund« kennengelernt hatte, und die stattliche Blonde – nahm er nur flüchtig aus dem Augenwinkel wahr. Antonia jedoch hatte Augen und Mund weit aufgerissen, in ihrem erhitzten Gesicht stand pure Freude – dieser Ausdruck des Glücks war ihm in
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