Unsterbliches Verlangen
anderen, intimeren Situation schon aufgefallen –, und nur ihr galt seine ganze Aufmerksamkeit.
»Was machst du denn hier?«
»Freut mich, dich zu sehen«, erwiderte er und küsste sie behutsam auf die Wange. »Ich habe von dem Polizeiaufgebot gehört, das vor Orchard House zusammengezogen wurde, und wollte mich vergewissern, dass es dir gut geht.« Er zog einen Stuhl heran und setzte sich neben sie – fragen war ja nicht nötig. »Das scheint ja der Fall zu sein.«
»Mehr oder weniger«, erwiderte sie.
»Sam hat mir schon erzählt, was passiert ist.« Er wandte sich den anderen zwei Frauen zu und streckte die Hand aus. »Ich bin Michael Langton.«
Beide lächelten und tauschten bedeutungsvolle Blicke aus. Er konnte regelrecht hören, wie sie dachten: »Antonias Töpfer«. Es machte ihm allerdings absolut nichts aus, Antonia zu gehören, im Gegenteil.
»Ich bin Stella«, sagte die Dunklere, »Sams Mutter.«
»Elizabeth Connor.«
»Sie war früher meine Babysitterin«, verkündete Sam. »Mum, Michael hat die Nachspeise und alle Getränke bezahlt.«
»Für dich bitte Mr Langton«, sagte sie schnell. »Und wie kommen Sie bitteschön dazu …«
»Geht voll in Ordnung«, erwiderte Michael. »Und Sam hat überhaupt nicht gebettelt oder sonst was. Wir haben uns unterhalten, und dabei wurde mir klar, dass er zu Ihnen gehört. Ich habe Antonia gesucht, und von daher könnte man sagen, Sam hat mir einen Riesengefallen erwiesen.«
Einen wirklich großen Gefallen, und jetzt saß er auch noch direkt neben ihr. »Ich hab mir Sorgen gemacht, es könnte was Schlimmes passiert sein.«
Ihr Blick machte ihn völlig fertig, und allein neben ihr zu sitzen genügte, dass seine Hose spannte. Es hatte ihn schwer erwischt, aber sei’s drum. Sie hatte auch ihre Geheimnisse. Die beiden netten Frauen neben ihr würden sofort in Ohnmacht fallen, wenn sie davon erführen. Und die eine ließ ihren Sohn neben einer Vampirin sitzen … »Ich bin sehr erleichtert, dass alle wohlauf sind.«
»Sind wir«, antwortete Antonia, »nur ein armes, bis jetzt noch nicht identifiziertes Wesen ist es nicht, und Abel weiß, wie lange uns das aufhält, aber … man kann’s nicht ändern. Es gibt genug anderes zu tun, und wir werden es schon schaffen.«
»Hättest du nicht Lust, mit zu mir zu kommen? Ich wollte dir einige Muster zeigen.«
»Ach ja?« Ihr Grinsen deutete darauf hin, dass sie wusste, welche Muster er im Kopf hatte. »Nun …« Sie sah zu den beiden anderen. »Wie wär’s, wenn wir uns für den Rest des Tages freinehmen?«
»Gute Idee!«, erwiderte Stella. »Sam wollte den Irrgarten in Hampton Court sehen, und am Wochenende haben wir’s einfach nicht geschafft, da hinzukommen. Kommst du mit, Elizabeth?«
Die Blonde schüttelte den Kopf. »Vielen Dank, aber ich wollte zurück in den Garten. Wenn schon die Baumaßnahmen stagnieren, können wir vielleicht dort mit den Renovierungen beginnen.«
Es kostete nicht viel, Antonia zu überreden, als Erste aufzubrechen. Er wollte sie nicht nur in sein Bett holen; sie mussten miteinander reden. Was neulich geschehen war, hatte ihm keine Ruhe mehr gelassen, und als er gehört hatte, die Polizei stehe vor ihrem Haus, hatte er mit dem Schlimmsten gerechnet.
Detective Inspector Warrington warf sein Jackett auf den Beifahrersitz und fuhr zurück in die Wache. Die Leiche hatten sie abtransportiert, nun war die Spurensicherung an der Reihe. Er selbst konnte nichts mehr tun, bis nach und nach die ersten Ergebnisse eintrudelten.
Irgendetwas machte ihm zu schaffen. Es war nicht die Leiche, er hatte genug gesehen, obschon er, sobald er den Bericht gelesen hatte, die übliche Wut auf den Täter in sich aufsteigen fühlte. Aber, um ehrlich zu sein, abgesehen von dem Gefühl, etwas übersehen zu haben, verspürte er in erster Linie Hunger. Er hielt an, um sich ein Sandwich zu kaufen, und war schon versucht, es gemütlich am Fluss zu verspeisen, aber auf seinem Schreibtisch stapelte sich die Arbeit, und er wollte mit Helen Adams sprechen, der Sekretärin auf der Wache. Sie stammte aus der Gegend, hatte die Schule in Effingham besucht, und würde vielleicht wissen, was er übersehen hatte. Sie kam herein, als er sich gerade eine Tasse Tee machte.
»Sie wollten mich sprechen?«
»Sie haben von Orchard House in Bringham gehört? Was bringen Sie damit in Verbindung? Besondere Vorfälle, Klatsch, Skandale, alles, was auch immer.«
Sie überlegte einen Moment. »Ist das nicht da, wo vor einem Jahr oder so
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